Der VfB Stuttgart will wieder mehr auf seine Talente bauen als zuletzt. Doch das gesetzte Ziel ist bei weitem nicht erreicht.      

Stuttgart - Kurz bevor Gerd Mäuser auf der Mitgliederversammlung am 17. Juli zum neuen VfB-Präsidenten gewählt wurde, gab er schon mal seine Regierungserklärung ab. Das Motto lautete: zurück zum "Stuttgarter Weg" - was heißen sollte, dass der eigene Nachwuchs wieder intensiver gefördert wird als in den vergangenen Jahren, "als wir unsere Strategie vielleicht nicht ganz so konsequent verfolgt haben", sagte Mäuser.

 

Aber nun sieht das erste Zwischenergebnis so aus, dass die Talente nach wie vor relativ weit entfernt von der Bundesliga sind - womöglich sogar so weit wie lange nicht mehr. Das hat sich Mäuser im Juli sicher anders vorgestellt.

Dabei ist der VfB seinen Stuttgarter Weg bereits im Frühsommer angegangen, indem er erstens Marc Kienle zum neuen sportlichen Leiter bestellte. Dessen Hauptaufgabe besteht darin, mehr Jugendspieler nach oben zu bringen.

Die Nachwuchsleute treten auf der Stelle

Zweitens wurden Bernd Leno (19), Raphael Holzhauser (18), Kevin Stöger (18), Steffen Lang (18), Pascal Breier (19), Patrick Bauer (18), Christoph Hemlein (20), Alexander Riemann (19) und Thomas Geyer (20) mit Profiverträgen ausgestattet. Den Durchbruch hat bis jetzt jedoch nur der Torwart Leno geschafft, allerdings bei Bayer Leverkusen, wohin er ausgeliehen worden ist. "Wir sind erst am Anfang unseres Weges und müssen die einzelnen Schritte einhalten", sagt Kienle.

Vor dem VfB liegt demnach eine ziemliche Strecke. Schneller vorwärts würde er wohl kommen, wenn Holzhauser und Co. wenigstens regelmäßig am Profitraining teilnehmen dürften. Momentan ist das nur der Fall, wenn die Stars mit ihren Nationalteams unterwegs sind.

Kehren sie zurück, war's das für die Nachwuchsleute, die dann wieder ihren Dienst bei der zweiten Mannschaft verrichten müssen. Sie treten auf der Stelle, die Entwicklung stockt.

Die VfB-Mannschaft gehört zu einer der ältesten der Liga

Das hängt vor allem damit zusammen, dass der Profikader sonst mit 30 oder noch mehr Leuten zu groß wäre, um auf dem Platz noch sinnvoll arbeiten zu können. Deshalb müssen die Jungen weichen, nachdem es vor der Saison nicht gelungen ist, das Aufgebot wie geplant zu reduzieren und personell abzuspecken.

Von den überzähligen Spielern ging nur Ciprian Marica. Aus diesem Grund musste der noch im Frühling im Verein für unbedingt notwendig erachtete Schnitt im Team um ein weiteres Jahr verschoben werden, weil erst 2012 viele Verträge enden.

Vielleicht kann Mäuser den Umbruch dann auf der nächsten Mitgliederversammlung verkünden. Im Augenblick sind die Jungen fast blockiert - und der VfB schickt eine Mannschaft aufs Feld, die kaum etwas mit dem Stuttgarter Weg zu tun haben dürfte und die sogar zu den ältesten in der Liga gehört. "Wir brauchen Geduld", sagt Kienle.

Das Ziel ist ein Team mit Eigengewächsen

Das ist die eine Seite, aber er räumt ein, dass es noch eine andere gibt: "Man muss jedoch auch den Mut aufbringen, den Talenten eine Chance zu geben." So haben das die Dortmunder mit Mario Götze und die Bayern mit Thomas Müller vorgemacht - und die Leverkusener mit Bernd Leno.

Auch die nächsten Mitgliederversammlungen werden spannend

Der Stuttgarter Weg besteht momentan dagegen eher aus einem: "Ja, aber". "Jeder will das - wir auch. Aber wir müssen behutsam mit unseren Talenten umgehen", sagt Kienle, der jedoch sagen könnte, was er will - wenn der Trainer Bruno Labbadia und der Manager Fredi Bobic nicht mitziehen, nützt alles nichts.

Vermeintlich war das zuletzt immer das VfB-Problem, weil die verschiedenen Trainer angeblich nicht auf den Nachwuchs bauten - von Armin Veh über Markus Babbel bis zu Christian Gross. Das dürfte Mäuser auch gemeint haben, als er in seiner Regierungserklärung von der nicht ganz so konsequent verfolgten Strategie gesprochen hat. Und jetzt? "Alle stehen hundertprozentig dahinter", sagt Kienle.

Dann müsste der Stuttgarter Weg eigentlich geebnet sein. "Es kommen immer nur die Besten durch - und wir müssen schauen, dass wir das wieder hinbringen", sagt Kienle, "in zwei oder drei Jahren wollen wir sagen können, dass in unserer Mannschaft vorwiegend Eigengewächse spielen. Daran müssen sich alle im Verein messen lassen - und da sind alle in der Verantwortung." Insofern steht zumindest eines fest - dass auch die nächsten Mitgliederversammlungen spannend werden.

Nachwuchsspieler und -trainer

Nachwuchsspieler

Der VfB Stuttgart hat viele Spieler ausgebildet, die nun bei anderen Vereinen sind. Die bekanntesten sind Mario Gomez (Bayern) und Sami Khedira (Real Madrid). Dazu kommen etwa Sebastian Rudy (Hoffenheim) oder Kevin Kuranyi (Dynamo Moskau). Zurzeit ausgeliehen sind Bernd Leno (Leverkusen), Daniel Didavi (Nürnberg) und Patrick Funk (St. Pauli).

Nachwuchstrainer Die U 16 des VfB betreut Michael Gentner, die U 17 Thomas Schneider und die U 19 Tayfun Korkut. Trainer der zweiten Mannschaft ist Jürgen Kramny.