Der VfB-Trainer Bruno Labbadia setzt immer auf dieselben Spieler. Das hat starke Auswirkungen auf das Innenleben der Mannschaft.

Stuttgart - Eigentlich kann es sich der Stadionsprecher des 1. FC Kaiserslautern vor dem Anpfiff am Freitag sparen, die Aufstellung des VfB Stuttgart zu verlesen. Denn die Fans wissen ohnehin, wer aufläuft, weil die Namen seit Wochen fast immer dieselben sind: Ulreich - Boulahrouz, Tasci, Maza, Molinaro - Kvist, Kuzmanovic - Harnik, Gentner, Okazaki - Cacau. Diese Formation steht felsenfest, höchstens, dass Gentner durch Hajnal ersetzt wird. So haben sich zwölf Mann vom Rest des Kaders weit abgesetzt. Der VfB präsentiert sich als Zweiklassengesellschaft.

 

Von den Spielern dahinter drängt sich nach Ansicht von Bruno Labbadia niemand auf. "Keiner ist stärker", sagt der Trainer. Konkurrenzkampf sieht anders aus - was Folgen hat. Einerseits wissen die Stammkräfte, dass sie gesetzt und auf der sicheren Seite sind - und zum anderen besteht die Gefahr, dass die Reservisten abschalten und noch frustrierter werden. Beide Positionen sind für die Motivation eines Spielers gleich schlecht. Zudem werden dadurch gruppendynamische Prozesse erschwert, wenn nicht verhindert. Unabhängig davon lautet die Frage, wie die Perspektive der Ersatzleute im Einzelnen ist.

Timo Gebhart (22/Vertrag bis 2013): Weil er es auch beim 1:2 am Freitag gegen den Hamburger SVnur zu einem Kurzeinsatz brachte, war er so wütend, dass er gleich nach der Partie aus der Arena verschwand - sogar ohne vorher geduscht zu haben. Seine Laune ist schon länger im Keller, weil er das Gefühl hat, mit seinen Qualitäten dem Team helfen zu können - wenn man ihn nur mal länger als ein paar Minuten ranlassen würde. Aber er sitzt weiter draußen, obwohl im Mittelfeld sowohl Gentner als auch Hajnal deutlich schwächeln. Die Flucht am Freitag belegt, dass Gebhart allmählich den Eindruck hat, dass er im Training machen kann, was er will - an seiner Rolle ändert sich nichts. Deshalb fühlt er sich in Stuttgart nicht mehr besonders wohl, was auch den Verantwortlichen beim VfB schon aufgefallen ist.

Pawel Pogrebnjak (27, Vertrag bis 2012): Bruno Labbadia brachte schon öfter zum Ausdruck, dass er den Stürmer sehr schätzt - aber nette Worte nützen Pogrebnjak nichts. An Cacau führt für ihn jedenfalls kein Weg vorbei, selbst wenn dieser wie im Augenblick mehrere Wochen nacheinander nicht trifft. Pogrebnjak weiß, dass er nur von Anfang an spielen darf, wenn Cacau verletzt oder gesperrt ist. Eine Lobby im Verein besitzt der Russe auch nicht. Und in der vergangenen Woche wurde er dann auch noch öffentlich von Bruno Labbadia kritisiert. "In meinen ersten drei Monaten hier war er so was von gut", sagte der Trainer, "aber momentan fehlen ihm der letzte Drive und der Zug zum Tor. Er muss aggressiver sein."

Noch hat Pogrebnjak nicht resigniert, auch wenn er weiß, dass es für ihn nach der Winterpause noch schwieriger wird. Dann ist Julian Schieber wieder fit - und Pogrebnjak wäre nur Stürmer Nummer drei. Er will sich trotzdem durchsetzen - aber was will der VfB? Im Januar könnte er noch eine Ablöse für Pogrebnjak kassieren.

Arthur Boka (28, Vertrag bis 2012): So wirkungsvoll ist die linke Seite nicht, als dass sich Boka keine Chance ausrechnen dürfte. Aber nur zwei Einwechslungen stehen in dieser Saison für ihn zu Buche. Das Signal ist eindeutig: der VfB hofft, dass Boka im Winter einen Abnehmer findet.

Stefano Celozzi (22, Vertrag bis 2012): Er durfte am 26. August in Berlin den gesperrten Khalid Boulahrouz vertreten und wurde von Labbadia gelobt - und seitdem nicht mehr berücksichtigt. Dafür sagt der Trainer jetzt, dass er den Vertrag des bald 30-jährigen Boulahrouz gerne verlängern würde.

Zum Kader gehören neben den Langzeitverletzten Matthieu Delpierre, Georg Niedermeier, Johan Audel, Ermin Bicakcic und Julian Schieber noch Ibrahima Traoré, Mamadou Bah sowie acht Talente, die aber noch weiter von der ersten Elf entfernt sind als Gebhart und Co. So hat der VfB in dieser Runde auch erst 17 Spieler eingesetzt - die wenigsten aller Bundesligisten. Es gibt also sogar eine Dreiklassengesellschaft.