Der VfB Stuttgart denkt über seine Nachwuchsarbeit nach und hat seine Ideen über künftige Ausleihmodelle dem 1. FC Heidenheim und der SG Sonnenhof Großaspach vorgestellt.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Daniel Rebmann ist ein gutes Beispiel. 23 Jahre ist der frühere Jugendnationalspieler alt. Er gilt als dynamisch und ehrgeizig, und der Torhüter hat sich über die Jahre auf seinen Zwischenstationen in der zweiten und dritten Liga stetig entwickelt. Äußerst positiv – und jetzt ist Rebmann Bundesligaspieler. Wobei man noch anmerken sollte, dass Rebmann Handballer bei Frisch Auf Göppingen ist und nicht Fußballer.

 

Doch genau dieser Umstand lässt Rebmann so passend erscheinen. Er hat schon für den TV Neuhausen/Erms und den TSB Horkheim Bälle gehalten. Manchmal, wenn Not am Mann war, während dieser Zeit auch für Frisch Auf. Dank seines Zweitspielrechts. Ein Modell, das nun Michael Reschke für den Fußball ins Spiel gebracht hat. Denn der Sportvorstand des VfB Stuttgart beschäftigt sich ja intensiv damit, das Nachwuchskonzept des Bundesligisten neu auszurichten. Und in diesem Zusammenhang wird diskutiert, die U-23-Mannschaft abzumelden.

Ein Politikum ist das rund um den Wasen, weil sich Traditionalisten und Erneuerer gegenüber stehen – und der Verein eine Grundsatzentscheidung zu treffen hat. „Was zählt, ist letztlich die Ausbildung der Toptalente“, sagt Reschke. Nur für sie sieht er Platz an der Spitze, und viele andere Nachwuchsspieler leben offenbar in einer eigenen Wirklichkeit – mit dem Wunsch, den Sprung nach oben zu schaffen, aber ohne Aussicht dazu.

Die U 23 als Komfortzone?

Als „Komfortzone“ bezeichnet Jonas Boldt, Sportmanager von Bayer Leverkusen, die zweiten Mannschaften. Weshalb der Werksclub seine bereits 2014 abgeschafft hat. Zumal das Ganze über einen betriebswirtschaftlichen Faktor verfügt. Eine U 23 kostet Geld, und Reschke ist überzeugt, dass sie auch Zukunft kostet. Denn für die Hochbegabten ist nach den Erfahrungen des Managers die Durchlässigkeit in den Profibereich maßgebend, ob sie sich einem Club anschließen oder nicht.

In die Regionalliga strebt keiner. Schließlich wissen Berater, Spieler und Eltern über die Qualität der Förderungen Bescheid, und zum anderen ist es so, dass sich Jugendnationalspieler aussuchen können, in welchem Trikot sie auflaufen wollen. Ein Kampf ist das, und Reschke setzt darauf, dass weniger bald mehr sein wird. Keine U 23 sehen seine Überlegungen vor, aber die Möglichkeit, Jugendliche mit Perspektive gezielt zu verleihen. Nicht im herkömmlichen Sinne, sondern mit besagtem Zweitspielrecht, das es erlauben würde, ein Talent nicht erst nach einer Saison zurückzuholen. Stattdessen in klar definierten Zeiträumen und zu klar definierten Regeln.

Diesen Vorschlag hat Reschke auch schon bei der Deutschen Fußball-Liga eingebracht, und der VfB-Manager geht davon aus, dass sein Papier noch in diesem Jahr diskutiert wird. Sollte es schließlich die Zustimmung der Erst- und Zweitligisten geben, würde Reschke sein Pilotprojekt weiter vorantreiben. Zur nächsten oder übernächsten Saison hält es der 60-Jährige für realistisch, dass sich im deutschen Fußball ähnlich wie in Österreich Binnenmarktregularien speziell zur Entwicklung von Nachwuchskräften einführen lassen.

Auch Thomas Hitzlsperger sitzt am Tisch

Zeit genug also, im Ländle nach neuen Wegen und möglichen Partnern zu suchen. Ein erster Gedankenaustausch mit dem 1. FC Heidenheim (zweite Liga) und der SG Sonnenhof Großaspach (dritte Liga) hat bereits vor wenigen Tagen stattgefunden. Michael Reschke, Präsidiumsmitglied Thomas Hitzlsperger und Joachim Cast, der Manager Sportorganisation, führten die Vorstellungen des VfB aus. „Daraus haben wir einige Ansätze und Ideen mitgenommen, die für uns in Zukunft interessant sein könnten“, sagt der FCH-Vorstandsvorsitzende Holger Sanwald. Von der SG Sonnenhof saßen Michael Ferber, Präsidiumsmitglied Sport, sowie Joannis Koukoutrigas am Tisch. „Wobei die VfB-Seite von Anfang an klar gestellt hat, dass noch keine Entscheidung über ihre U-23-Mannschaft getroffen sei und sie zunächst einmal nur ihre Ideen vorgetragen hat“, sagt der Sportdirektor.

Doch abgeneigt ist auch der Drittligist nicht, enger mit dem VfB zusammenzuarbeiten. Auch die Vorstellung, einem Stuttgarter Talent Spielpraxis zu geben und es nach erfolgreichen Wochen noch während der laufenden Runde wieder an den Stammverein abzugeben, schreckt Koukoutrigas nicht. „Vielleicht wäre es ja auch so, dass wir einen Spieler dieser Qualität ansonsten gar nicht im Kader haben könnten“, sagt der SG-Sportdirektor.

Eine Abwägungssache wird es im Fall der Fälle also werden. „Wir planen keinen Verschiebebahnhof beim VfB, sondern wir würden für jeden einzelnen Spieler eine passende Lösung suchen“, sagt Reschke. So wie es Bayer Leverkusen pflegt, wo Reschke lange tätig war und Sportmanager Boldt nun sagt: „Mit der Ausleihe allein ist es nicht getan. Man muss diese jungen Spieler dann auch weiter begleiten.“ So wie im Fall Daniel Rebmann, der nun ein Bundesligaspieler ohne Zweitspielrecht ist.

VfB Stuttgart - 1. Bundesliga

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