Nach harten Wochen feiert die der VfB Stuttgart beim 1:0 in Hamburg den zweiten Saisonsieg. Die Mannschaft zeigte eine ansprechende Leistung, einzig die Chancenverwertung hätte besser sein können. Eine Analyse der StZ-Sportredaktion.

Hamburg - So hat sich Bruno Labbadia diesen Sonntag vorgestellt. Er steht am Spielfeldrand und ballt die Faust. Neben ihm jubelt Fredi Bobic. Wie dem Trainer und dem Manager geht es auch den Spielern des VfB Stuttgart, die sich nach dem 1:0-Erfolg beim Hamburger SV auf dem Rasen beglückwünschen. Die Erleichterung hat viele Gesichter und genauso viele Auswirkungen. Bei einer Niederlage wäre die Herbstdepression auf dem Wasen richtig ausgebrochen. Aber durch den zweiten Saisonsieg und nach nunmehr sieben Punkten aus den vergangenen drei Partien hat sich die Mannschaft vom Tabellenende abgesetzt und sich Luft verschafft.

 

Dabei war der Druck vor der Partie in Hamburg gewaltig, da der VfB aus den ersten sieben Saisonspielen nur sechs Punkte geholt hatte. Für zusätzlichen Zündstoff sorgte dann noch die Wutrede, die Bruno Labbadia vor zwei Wochen nach dem 2:2 gegen Leverkusen gehalten hatte. Deshalb war klar, dass Erfolge her müssen, um die Wogen zu glätten. Deshalb war klar, dass Erfolge hermüssen, um die Wogen zu glätten. Das war die Reaktion, die der VfB gestern gezeigt hat. „Ich bin immer vorsichtig mit Superlativen, aber das war ein fantastischer Auftritt von uns“, sagt Labbadia.

Der VfB wirkt ziemlich selbstbewusst

Labbadia hatte auch reagiert und die gleiche Mannschaft wie gegen Leverkusen aufs Feld geschickt – mit einer Ausnahme. Der Kapitän Serdar Tasci war wieder fit und ersetzte Maza in der Innenverteidigung. Beim HSV meldete sich der angeschlagene Regisseur Rafael van der Vaart einsatzbereit. Allerdings war es nicht der Star aus den Niederlanden, der für die Hanseaten den ersten Akzent setzte, sondern Martin Harnik für die Schwaben. Der Österreicher tauchte vor René Adler auf, um an dem Torhüter zu scheitern (2.). Es war bereits der 36. Schuss, den Adler in dieser Saison parierte – Bundesligarekord.

Überhaupt wirkte der VfB trotz der schwierigen Ausgangslage ziemlich selbstbewusst, fast so wie im März, als die Elf in Hamburg mit 4:0 gewonnen hatte. Wie damals waren nicht die Gastgeber am Drücker, sondern die Gäste, die nach 15 Minuten zu ihrer nächsten Chance kamen. Nach einer gelungenen Kombination über Raphael Holzhauser und Christian Gentner hatte Vedad Ibisevic freie Bahn, aber sein Schuss flog am Gehäuse vorbei.

Der VfB ging aggressiv zu Werke und machte die Räume eng, sodass speziell der von William Kvist konsequent beschattete van der Vaart kaum Ballkontakte hatte – in den ersten 45 Minuten waren es gerade mal 25. Dadurch fehlten den Hamburgern die Ideen, die der VfB immer mal wieder hatte. Hinzu kam, dass die Defensive des HSV oft ungeordnet und unkonzentriert auftrat. Doch auch Ibrahima Traoré fand seinen Meister in Adler (27.), der in dieser Szene seinen 37. Schuss abwehren konnte.

Der VfB lag in allen Statistiken vorne

Aber der nächste Ball war dann drin. Der starke Gentner bediente Harnik. Dessen Flanke drückte Ibisevic zur längst überfälligen Führung über die Linie (30.). Der VfB stellte in dieser Phase die in jeder Beziehung bessere Mannschaft, die das Spiel scheinbar fast nach Belieben dominierte. Die Automatismen funktionierten, ein Rädchen griff ins andere, jeder war bereit, für seinen Nebenmann mitzulaufen und mitzukämpfen. Nur einmal benötigte der VfB vor der Pause auch etwas Glück, als Milan Badelj die Latte traf (45.). Da standen nur zehn Stuttgarter auf dem Platz, weil Arthur Boka wegen einer Wadenverletzung behandelt wurde und anschließend ausgewechselt werden musste. Ersetzt wurde er durch Cristian Molinaro.

Der VfB lag in allen Statistiken vorne – beim Ballbesitz, bei den gewonnenen Zweikämpfen und auch beim Ergebnis, das der bisweilen zu eigensinnige Traoré hätte ausbauen können. Aber er wurde noch von Dennis Diekmeier gestört (52.). Zeitweise agierte der VfB wie im Frühling, als er sich zum drittbesten Team der Rückrunde entwickelt hatte. Vor allem das zentrale Mittelfeld überzeugte durch Geschlossenheit und Harmonie – mit Kvist, Gentner und dem jungen Holzhauser, der auch bei seinem dritten Bundesligaeinsatz in der Startformation zeigte, dass er sehr talentiert ist und für die Zukunft eine ganze Menge verspricht.

Allerdings legte nun auch der HSV zu, da der VfB seinem hohen Tempo, das er angeschlagen hatte, etwas Tribut zollen musste. Dennoch erarbeitete er sich weiter Möglichkeiten wie jene von Holzhauser, der Michael Mancienne im Hamburger Strafraum düpierte und den Ball dann nur um wenige Zentimeter am Pfosten vorbeizog. Das war bezeichnend, denn das einzige Manko war die mangelhafte Chancenverwertung.

So blieb der HSV im Spiel. Van der Vaart versuchte es aus der Distanz, aber Sven Ulreich klärte ohne große Probleme (73.). Gegen Son benötigte der Stuttgarter Keeper dagegen schon einen Reflex, um den Ausgleich zu verhindern (81.). Der VfB ließ sich zurückdrängen. Er zitterte und wankte – aber er fiel nicht. So war es ein schöner Sonntag für Labbadia und den VfB – und ein gutes Omen? Das nächste Bundesligaspiel findet jedenfalls wieder sonntags statt – am 28. Oktober gegen Frankfurt.