Der VfB Stuttgart steckt immer noch mitten im Abstiegskampf. Noch sechs Spiele sind zu spielen: wenn der VfB so weitermacht wie gegen Dortmund, könnte es vielleicht zum Klassenverbleib reichen.

Stuttgart - In der Stunde der Not hat Bernd Wahler das getan, was ein Präsident tun muss: Ruhe bewahren und Zuversicht verbreiten. Nach dem Schlusspfiff eilte er erst in die Umkleidekabine und stand dann mit seinem VfB-Schal in der Interviewzone der Mercedes-Benz-Arena. Vor jeder Kamera und jedem Mikrofon blieb er stehen, um seine Botschaft loszuwerden. Sie lautet: „Ich bin guter Hoffnung, dass wir in der Bundesliga bleiben.“ Diese Hoffnung gründet auf mehreren Faktoren.

 

Der Auftritt gegen Dortmund

Erschüttert sind alle beim VfB gewesen, als die Mannschaft unter der Woche mit 0:2 in Nürnberg verlor und all das vermissen ließ, worauf es im Abstiegskampf ankommt: Leidenschaft, Kampf, bedingungsloser Einsatz. Beim 2:3 gegen Borussia Dortmund war es am Samstag ganz anders. Diesmal konnte man keinem Stuttgarter vorwerfen, nicht begriffen zu haben, was auf dem Spiel steht. Der VfB hat gegen den Champions-League-Viertelfinalisten ein Lebenszeichen gesendet, das tatsächlich etwas Mut für die verbleibenden Spiele macht.

Vor allem in der ersten Hälfte zeigte der VfB die stärkste Leistung seit Wochen. Das Team des Trainers Huub Stevens ging keinem Zweikampf aus dem Weg – und erinnerte phasenweise sogar daran, dass es auch über verschollen geglaubte spielerische Qualitäten verfügt. Zwei sehenswerte Tore waren die Folge – bei der anschließenden Gelegenheit von Vedad Ibisevic wäre sogar eine 3:0-Führung möglich gewesen. Doch dann kam alles anders. Trotzdem hatte Martin Harnik kurz vor Schluss noch die ganz große Chance, in Unterzahl zum 3:3 auszugleichen. „Meine Spieler haben bravourös gekämpft“, sagte der VfB-Trainer Huub Stevens: „Das ist die Art und Weise, um da unten rauszukommen.“

Die neuen Optionen

Auch Daniel Didavi legte hinterher sorgenvoll seine Stirn in Falten – trotzdem war nicht zu übersehen: da stand ein glücklicher Mensch. Mehr als ein Jahr hatte er wegen eines Knorpelschadens im Knie nicht Fußball spielen können; ein frühzeitiges Karriereende schien zwischenzeitlich wahrscheinlicher als eine Rückkehr auf den Platz. Gegen Dortmund stand Didavi in der Startformation, es war sein erstes Bundesligaspiel seit dem 9. Februar 2013. „Es war ein großartiges Gefühl“, sagte der Spielmacher, „ich habe versucht, alles rauszuhauen, was in mir steckt.“

Seite 2: Huub Stevens ist gereizt

Bevor der 24-Jährige nach einer Stunde erschöpft vom Feld ging, hatte er eine sehr ordentliche Leistung geboten. Sogar der BVB-Trainer Jürgen Klopp war „kurz davor zu applaudieren, weil Didavi ein toller Fußballer mit einer Drecksgeschichte“ sei. Huub Stevens erklärte: „Ich bin sehr froh, dass er wieder gespielt hat.“ Es steht außer Frage, dass Didavi noch lange brauchen wird, bis er seine alte Leistungsvermögen erreicht. Trotzdem gilt für ihn das Gleiche wie für den 18-jährigen Carlos Gruezo, der am Samstag sein Startelfdebüt gab und ebenfalls eine solide Leistung bot: Es könnte im Abstiegskampf hilfreich sein, Spieler zu haben, die die vielen Enttäuschungen der vergangenen Wochen nicht direkt miterlebt haben und die daher unbelasteter an die Sache gehen können.

Die Erfahrung des Trainers

Huub Stevens war nach dem Spiel nicht nur stark erkältet, sondern auch sehr gereizt. Er wollte nicht mehr den Charmebolzen spielen wie bei seiner Vorstellung – er will sich nur noch aufs Wesentliche konzentrieren. Gegen Dortmund bewies der Niederländer viel Mut bei der Aufstellung, zudem setzte er Moritz Leitner auf die Tribüne. Garantieren kann auch Stevens den Klassenverbleib nicht – doch dürfte seine Erfahrung und Autorität der verunsicherten Mannschaft in den entscheidenden nächsten Spielen zumindest etwas Halt und Sicherheit geben. Zuspruch gab es von Jürgen Klopp: „Ich bin mir sicher, dass der VfB in der Bundesliga bleibt. Die Qualität ist einfach da“, sagte der BVB-Trainer, der sich als Experte für die hiesige Seele versteht. „Ich bin Schwabe. Ich weiß, wie wir sind.“ Deshalb lautet Klopps Botschaft: Ruhe bewahren, auch wenn es aufgeregt zugeht. Bernd Wahler gibt sich alle Mühe.

Und hier gibt's die Stimmen zum Spiel.