Nach der 2:3-Niederlage in Hamburg bemängelt der VfB-Trainer Alexander Zorniger die Qualität des Stuttgarter Kaders. Das sieht der Manager Robin Dutt etwas anders und will allenfalls noch einen Verteidiger holen.

Hamburg - Bruno Labbadia ist eigentlich schon vorbeigelaufen an den Reportern, niemand hat ihn angesprochen, trotzdem bleibt er stehen und dreht sich noch einmal um. Eines müsse er ganz klar sagen, erklärt der Trainer des Hamburger SV ungefragt, der VfB sei „eine richtig starke Truppe“, sein Kollege Alexander Zorniger mache „ richtig tolle Arbeit“, die Trainerhandschrift sei „ganz klar zu sehen“. Kurzum: „Mit dieser Mannschaft ist in dieser Saison zu rechnen. “ Dann geht Labbadia weiter – und hinterlässt im Raum die Frage, was bitterer ist: die Stuttgarter 2:3-Niederlage beim HSV – oder die Tatsache, dass ausgerechnet der Ex-Coach, der doch in Hamburg ganz andere Sorgen hat, herhalten muss, um dem VfB ein bisschen Zuspruch und Aufmunterung zu spenden.

 

Verflogen ist fürs Erste die Aufbruchsstimmung, geplatzt die Hoffnung auf einen erfolgreichen Saisonstart, der die Euphorie weiter befeuern sollte. Die Gelegenheit schien günstig: Ein Heimspiel gegen Köln, ein Auswärtsspiel in Hamburg, zwei Gegner von nicht beängstigender Qualität – so gut hat es der Spielplan selten mit dem VfB gemeint. Statt möglicher sechs Punkte steht nun jedoch die Null auf dem Konto, während die Sechs nur für die Zahl der Gegentreffer gilt. Nähme man allein diese Zahlen als Maßstab, dann käme man nicht umhin zu konstatieren: krachender hätten die Stuttgarter den Saisonstart nicht in den Sand setzen können.

Wieder gut gespielt, wieder verloren

Es macht die Sache für den Verein und seine Fans erträglicher, dass in beiden Spielen zwar nicht das Ergebnis, dafür aber über weite Strecken die Leistung stimmte. Gegen Köln erspielte sich der VfB eine Vielzahl bester Chancen und hätte den Sieg verdient gehabt. Und auch in Hamburg waren die Stuttgarter bis zum Platzverweis von Florian Klein (siehe unten) die eindeutig bessere Mannschaft. Es besteht also kein Grund, nach zwei Niederlagen den großen Alarm auszurufen, zumal niemand erwarten durfte, dass die neue Spielkonzeption vom ersten Tag an problemlos greift. „Wenn wir so weitermachen, werden wir über kurz oder lang unsere Spiele gewinnen“, sagt der Stürmer Daniel Ginczek, der in Hamburg beide VfB-Tor erzielte.

Allerdings: erste Zweifel kommen bereits auf, nicht nur bei manch kritischem Fan, nein, schlimmer: auch beim Trainer selbst. Unermüdlich hatte Zorniger im Laufe der Vorbereitung seine Spieler gelobt und von ihrer Bereitschaft geschwärmt, neue Dinge zu erlernen. Nun treibt ihn die Sorge um, dass dieses Lernvermögen bei manchem Profi Grenzen haben könnte. Nach der Niederlage in Hamburg stellt Zorniger erstmals die Qualität des ihm zur Verfügung stehenden Kaders in Frage und erklärt: „Im Moment würde ich nicht sagen, dass sie vollkommen ausreichend ist.“

Das Problem ist: das neue Spielsystem ist körperlich extrem intensiv, es erfordert große Einsatz- und Risikobereitschaft. Verletzungs- und Verschnaufpausen müssen daher ebenso eingeplant werden wie Gelbsperren. „Wir brauchen für unser Spiel einen großen und starken Kader, um durch die Saison zu kommen“, sagt Zorniger, „wir müssen uns auf jeden einzelnen verlassen können.“ In Hamburg musste er feststellen, dass derzeit auch Sorgenkinder in seinem Kader stehen, die in ihrer momentanen Verfassung keine Hilfe sind, sondern eine Belastung.

Schwache Einwechselspieler

Es war nicht Zornigers beste Idee, nach Carlos Gruezo auch noch Timo Werner zu bringen, unmittelbar nachdem dem HSV der Ausgleich gelungen war. Bemitleidenswert waren die Vorstellungen der beiden Einwechselspieler, die mit amateurhaften Aktionen dazu beitrugen, dass der VfB ins Verderben stürzte. „Darüber möchte ich nicht sprechen“, sagt Zorniger, der die Rückkehr des verletzten Serey Dié herbeisehnt – und sich ansonsten fragt: „Was ist, wenn mal zwei oder drei Stammspieler gleichzeitig ausfallen?“

Den Konkurrenzkampf innerhalb des VfB-Kaders zu erhöhen, das betrachtete der Manager Robin Dutt nach der vergangenen Saison als ganz wesentliche Aufgabe. Dass sich in diesem Bereich Grundlegendes geändert hat, kann man bislang nicht erkennen. Es wird nun interessant sein zu sehen, was bis zum Ende der Transferfrist am 31. August geschieht. Zumindest vorerst steht den Zweifeln Zornigers die Zuversicht Dutts gegenüber: „Ich sehe den Kader gut aufgestellt.“ Allenfalls einen Innenverteidiger will er noch verpflichten.

Noch bevor sich das Transferfenster schließt, steht am Samstag das nächste Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt auf dem Programm. Als weitere glückliche Fügung des Spielplans hat ursprünglich auch diese Partie gegolten – nun ist der Druck, der auf der Mannschaft lastet, bereits beträchtlich. Noch eine Niederlage, und die Krise wäre zurück. Als Drohung dürfte es der VfB empfinden, dass in Person von Armin Veh ein weiterer Ex-Trainer aufmunternde Worte verlieren könnte.