Auch beim 2:3 gegen Dortmund hält VfB-Trainer Huub Stevens an seiner Defensivtaktik fest. Selbst Manager Robin Dutt sagt nun: „Man darf nicht nur prinzipientreu sein.“

Stuttgart - Die Sonne scheint am Tag danach, als Alexandru Maxim und Filip Kostic endlich zeigen dürfen, dass sie gute Fußballer sind. Technisch hochwertig verteilt Maxim im Mittelfeld die Bälle; dynamisch sucht Kostic, im Sommer für sechs Millionen Euro nach Stuttgart gekommen, den Weg zum Tor. Hin und her geht es im Trainingsspiel der VfB-Reservisten – ganz anders also als beim Auftritt der Stammkräfte am Vorabend, als Kostic nur zwölf Minuten mitspielen durfte und Maxim wieder einmal gar nicht zum Einsatz kam.

 

Mit 2:3 hat der VfB am Freitag gegen Borussia Dortmund verloren – ein Ergebnis, das sich aufregend anhört, die wirklichen Kräfteverhältnisse aber in keiner Weise widerspiegelt. Der keineswegs brillante Gegner aus Westfalen vergab die Gelegenheit, ein halbes Dutzend Tore zu schießen, während das Offensivspiel der Stuttgarter nicht stattfand. Die einzigen beiden Eckbälle führten zu zwei Zufallstreffern – aus dem Spiel heraus kam der VfB nicht ein einziges Mal gefährlich vor das Tor der Borussia.

Der VfB hat das Spiel nach vorne eingestellt

Nicht grundlegend anders war es in den anderen VfB-Spielen der vergangenen Wochen. Das letzte Tor, dem ein echter Spielzug vorausging, liegt mehr als zwei Monate zurück, als Alexandru Maxim beim 1:0 in Hamburg den Siegtreffer von Florian Klein vorbereitete. Seither hat der VfB das Spiel nach vorne quasi eingestellt. Gegen die Dortmunder, die als Tabellenfünfzehnter nach Stuttgart gekommen waren, schickte der Trainer Huub Stevens acht defensive Feldspieler auf den Platz – und musste trotzdem mitansehen, wie die Abwehr regelmäßig ins Schwimmen geriet.

Dem Stuttgarter Kader mag die Qualität und die richtige Mischung fehlen – die Balance zwischen Defensive und Offensive sucht der VfB schließlich nicht erst, seit Stevens auf der Trainerbank sitzt. Fest steht aber auch: wenn die Mannschaft so mutlos und uninspiriert weiterspielt wie in den vergangenen Wochen, dann führt der Weg unweigerlich in die zweite Liga. Folglich hat der VfB nun wieder das, was seit Jahren zur Gewohnheit geworden ist: eine ausgiebige Trainerdiskussion.

Offensivtrainer Veh, Defensivtrainer Stevens

„Völlig normal“ findet es der Sportvorstand Robin Dutt, dass im Umfeld eines Tabellenletzten über den Trainer debattiert wird. Eigentlich will er sich aber daran nicht beteiligen und sagt: „Die Taktik obliegt allein dem Trainer, er wählt die geeigneten Mittel.“ Der „Offensivtrainer Armin Veh“ habe das Handtuch geworfen, nun sei eben Huub Stevens im Amt, der „eine andere Ausrichtung“ hat. „Wir dürfen uns nicht anmaßen, seine Entscheidungen in Frage zu stellen“, sagt Dutt und erklärt: „So lange unser Trainer die Überzeugung hat, den Klassenverbleib zu schaffen, so lange sind auch wir als Verein überzeugt davon. Bisher gab es keinen Grund, daran zu zweifeln.“

Allerdings: bedingungslos ist das Vertrauen in den Retter der Vorsaison ganz offensichtlich nicht. Denn Dutt sagt auch: „Jeder muss bereit sein, den Reset-Knopf zu drücken und seine Überzeugungen zu ändern. Man darf nicht nur prinzipientreu sein, sondern muss auch einmal einen anderen Weg einschlagen.“ Ganz allgemein will er diese Forderung verstanden wissen und fügt an, dass Stevens „keine Scheuklappen“ habe und bereit sei, „in alle Richtungen zu denken“. Trotzdem: tatenlos wird der Sportvorstand wohl nicht zuschauen, sollte sich das VfB-Spiel nicht rasch verändern.

Stevens wirft Maxim mangelndes Engagement vor

Huub Stevens will sich nicht vorwerfen lassen, nur stur auf seine unansehnliche Defensivtaktik zu setzen. „Machen Sie sich keine Sorgen – wir versuchen im Trainerstab alles, um erfolgreich zu sein“, sagt er. Es gebe „keinen Trainer auf der Welt, der nicht die beste Mannschaft aufstellt“. Fragt sich nur: wie schlecht müssen die Reservisten sein, wenn sie keinen Platz haben? Alexandru Maxim etwa hat im Abstiegskampf der vergangenen Saison wichtige Tore geschossen und ist einer der wenigen, der so etwas wie Kreativität verkörpert. Doch beklagt Stevens mangelndes Engagement des Rumänen: „Er muss die Antwort auf dem Trainingsplatz geben.“

Nur einen Punkt hat der VfB in den ersten fünf Rückrundenspielen geholt, zwei waren es gegen diese Gegner in der Vorrunde. Partien gegen Gladbach, Bayern und Dortmund waren darunter – „jetzt spielen wir gegen Teams auf Augenhöhe“, sagt Stevens. Ohne Mut und Risiko dürfte es aber auch gegen Hannover und Hertha BSC eng werden, was für den Trainer unliebsame Folgen hätte. Er wisse, was zu tun sei, erklärt Stevens, „ich bin nicht ratlos“. Nur eines könne auch er nicht: über Wasser laufen: „Ich bin kein Messias“, sagt der Coach – und deutet zum Beweis auf sein Schuhwerk: „Ich habe Turnschuhe an und keine Sandalen.“