Beim VfB ist die Euphorie über den Einzug in das DFB-Pokalfinale nach der 0:2-Heimpleite gegen den Tabellenletzten Greuther Fürth verflogen. Das Stimmungsproblem lässt sich mit einzelnen Personen in Verbindung bringen.

In der 71. Minute kippt die Stimmung in der Mercedes-Benz-Arena endgültig. Beim Stand von 0:1 hat gerade Nikola Djurdic die große Chance vergeben, die Fürther Führung auszubauen. Auf den Pfostenschuss des Angreifers folgt ein ohrenbetäubendes Pfeifkonzert des Stuttgarter Publikums. Als dann in der 89. Minute tatsächlich noch das 0:2 fällt und die VfB-Niederlage gegen den abgeschlagenen Tabellenletzten besiegelt ist, mischen sich dann auch „Bruno raus“-Rufe in die allgemeinen Unmutsbekundungen. Spätestens jetzt ist klar: von der Euphorie über den Einzug ins DFB-Pokalfinale und den anschließenden Bundesligaerfolg erneut über den SC Freiburg ist nur zwei Wochen später nicht mehr viel übrig. Einzelne Personen lassen sich mit diesem Stimmungsproblem in Verbindung bringen. Der Trainer Wenn Bruno Labbadia über seine Mannschaft redet, dann klingt das immer gleich – egal ob gerade ein beeindruckender Sieg über Freiburg eingefahren oder 0:2 gegen die bereits als Absteiger fest stehenden Fürther verloren wurde. „Wir haben sehr, sehr gut Fußball gespielt“, sagt Labbadia nun wieder und spricht davon, dass sein Team die Partie „optimal angegangen“ sei. Der Trainer weist zurecht auf eine starke VfB-Leistung in der ersten Hälfte hin. Doch zur Geschichte dieses Spiels gehört auch, dass der VfB in der letzten halben Stunde gegen Fürth völlig von der Rolle war. Komplettaussetzer seiner Mannschaft verschweigt Labbadia konsequent. Stattdessen lobt der Trainer bei jeder Gelegenheit den guten Charakter seiner Spieler („sensationell“) und weist auf seine eigenen erschwerten Arbeitsbedingungen hin („gerade einmal 16 Feldspieler standen mir im Trainingslager zur Verfügung“). Einerseits ehrt es Labbadia, wenn er sich immer schützend vor die Mannschaft stellt, andererseits könnte Kritik an den Spielern auch durchaus belebende Wirkung haben. Ein mitreißender Weckruf von Labbadia in Richtung Team ist vor dem Pokalfinale gegen die Bayern allerdings nicht zu erwarten. Gegen Fürth sieht Labbadia dann lediglich in der Chancenverwertung Verbesserungspotenzial.

 

Der Schiedsrichter In seinem 63. Bundesligaspiel unterläuft dem 39-jährigen Polizeibeamten Guido Winkmann (Kerken) ein verhängnisvoller Fehler, weil er einen Zweikampf zwischen Martin Harnik und Edgar Prib falsch bewertet. Statt auf Elfmeter für den VfB entscheidet der Schiedsrichter auf Freistoß für die SpVgg Greuther Fürth (50.), die den direkten Gegenzug zum Führungstreffer nutzt. Nach dem Schlusspfiff habe der vierte Offizielle Markus Schüller den Irrtum ihm gegenüber sogar eingeräumt, sagt der VfB-Sportvorstand Fredi Bobic, „aber was nützt uns das?“ Nichts. Der Zorn der Stuttgarter richtet sich gegen Winkmann: wieder einmal. Bereits bei der 1:3-Niederlage am 4. November in Mainz fühlten sich die Spieler und Verantwortlichen von ihm klar benachteiligt. Nachdem Winkmann den Mainzern schon einen sehr zweifelhaften Foulelfmeter zugesprochen hatte, zeigte er Maza nach der Partie wegen angeblicher Schiedsrichterbeleidigung auch noch die Rote Karte. Am Samstag stellt er in Antonio Rüdiger ebenfalls wieder einen VfB-Spieler vom Platz, aber dieses Mal ist diese Strafe berechtigt. Antonio Rüdiger 74 Minuten sind absolviert, als der Verteidiger sich und seinem Team einen Bärendienst erweist. Ohne jede Not tritt Antonio Rüdiger (20) dem Fürther Felix Klaus in die Hacken. Dafür gibt es die Rote Karte. Später geht Rüdiger wortlos an den Reportern vorbei. Dafür reden andere. Während Bruno Labbadia schlicht von „einer Dummheit“ spricht, die das Talent begangen habe, fällt die Erklärung von Fredi Bobic ausführlicher aus. „So etwas darf einem Profi nicht passieren“, sagt der Manager, „da muss er seine Emotionen besser kontrollieren.“ Um eine Sperre wird Rüdiger nun nicht herumkommen – wie Gotoku Sakai, der nach seiner fünften Gelben Karte am Samstag auf Schalke ausfällt. Wenn es für Rüdiger dumm läuft, verpasst er sogar das Pokalfinale am 1. Juni gegen die Bayern. Bei einer Tätlichkeit ist das möglich. So oder so wird Bobic mit ihm reden. Dass Rüdiger für seine Unbeherrschtheit zur Kasse gebeten wird, ist allerdings unwahrscheinlich, obwohl der interne Strafenkatalog das hergeben würde. „Man muss sehen, dass er ein junger Spieler ist“, sagt Bobic, „er wird daraus seine Lehren ziehen. Das macht ihn reifer.“ Antonio Rüdiger selbst schweigt auch am Tag danach. Der VfB lässt verlautbaren, dass der Spieler zuerst mit Bruno Labbadia über den Ausraster reden wolle, ehe er sich in der Öffentlichkeit dazu äußert. Mit dem Trainer ist gestern aber kein Austausch möglich gewesen, weil er sich auf Spielerbeobachtung befand.

William Kvist Am Ende des Tages ist der dänische Nationalspieler sehr einsilbig. Ob er angesichts seiner Reservistenrolle inzwischen schon ein Gespräch mit Fredi Bobic geführt habe, wird William Kvist (28) gefragt, als er nach der Partie gegen Greuther Fürth dabei ist, die Mercedes-Benz-Arena zu verlassen. „Kein Kommentar“, erwidert er. Die Nachfrage lautet, ob sich auf Grund der Entwicklung bereits andere Vereine bei ihm gemeldet und ihm ein Angebot vorgelegt haben. „Kein Kommentar“, sagt er auch dazu nur. Keine Antwort ist manchmal jedoch auch eine Antwort. Kvist ist frustriert. Darüber hat er sich kürzlich mit Bruno Labbadia unterhalten. Das Ergebnis? „Kein Kommentar“, sagt er erneut. Er will nichts kommentieren, schon gar nicht, welche Gedanken er sich über die Zukunft macht. Die WM 2014 in Brasilien ist sein Ziel, aber dafür muss er in seinem Club regelmäßig zum Einsatz kommen. Beim VfB ist das sehr ungewiss. Der einstige Führungsspieler steht im Abseits – was die Hierarchie in der Mannschaft durcheinanderbringen und die gesamte Atmosphäre trüben kann. Diese Gefahr sieht offenbar auch Bobic, der das Thema im Keim ersticken will. „Da mache ich jetzt kein Fass auf, weil es da gar kein Fass gibt“, sagt der Manager. Aber zumindest ein Fässchen ist offen. „Natürlich ist die Situation nicht optimal für mich“, sagt Kvist, „aber so ist der Fußball eben.“ Ob er den Zustand hinnehmen will? „Kein Kommentar“, entgegnet Kvist.

Dieter Hundt Auch der Aufsichtsrat des VfB Stuttgart ist weit davon entfernt, eine optimistische Stimmung zu verbreiten. Die Suche des Gremiums nach einem Nachfolger für den am 3. Juni ausscheidenden Präsidenten Gerd Mäuser gestaltet sich äußerst zäh. Reihenweise winken geeignet erscheinende Kandidaten ab (Erwin Staudt, Hermann Ohlicher, Dieter Spöri) – weil sie möglicherweise nicht in einer Verbindung mit dem stark in der Kritik stehenden Dieter Hundt gesehen werden wollen. Vom Aufsichtsratschef vorgeschlagen zu werden, gilt als sehr unsicherer Weg, neuer VfB-Präsident zu werden. Schließlich droht Hundt bei der Mitgliederversammlung die Abwahl. Auf dessen bisheriger Kandidatenliste für das Präsidentschaftsamt stehen nach StZ-Informationen Namen wie Christof Bolay (Oberbürgermeister Ostfildern), Jürgen Kessing (Oberbürgermeister Bietigheim-Bissingen) und Thomas Haas (Vermögensverwalter). Das sieht nicht nach einem großen Befreiungsschlag aus.