Beim 1:1 gegen den 1. FC Nürnberg hat sich wieder einmal gezeigt, dass selbst die Spieler des VfB Stuttgart aus ihren Leistungen nicht wirklich schlau werden. Die Partie in der StZ-Analyse.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Wer etwas Fantasie in das Stadion mitgebracht hatte, der durfte noch einmal hoffen, dass dieses Spiel doch noch ein perfektes Ende für den VfB Stuttgart nimmt. Wie der eingewechselte Alexandru Maxim in der Nachspielzeit den letzten Eckball hereinbringt, wie die Kugel bei Federico Macheda landet, und wie ihn der ebenfalls eingewechselte Stürmer ins Tor des 1. FC Nürnberg bugsiert.

 

Der Fußball schreibt öfter solche Geschichten. Und dann wären diese beiden schwäbischen Wintertransfers plötzlich nicht mehr als Notverpflichtungen dagestanden, sondern als gewiefter Coup des Managers Fredi Bobic und des Trainers Bruno Labbadia. Doch in der Mercedes-Benz-Arena liefert der Fußball gerade keine solchen Storys mehr, weshalb es beim 1:1 blieb und die (zu) hoch gesteckten Erwartungen an die Mannschaft mal wieder auf die ernüchternde Realität prallten.

Man ist ja immer noch geneigt, den VfB zu den Clubs in der Bundesliga zu zählen, die weiter nach oben gehören, die zumindest im zweiten Tabellensegment hinter dem FC Bayern, Borussia Dortmund und eventuell auch Bayer Leverkusen auftauchen sollten. Begründen lässt sich das mit der erfolgreichen Vergangenheit und der immer noch gute Möglichkeiten bietenden Gegenwart – auch mit dem eigenen Anspruch des Vereins und der Spieler.

Auf Augenhöhe mit Nürnberg

Allerdings lieferte die Begegnung mit den Nürnbergern auch reichlich Belege dafür, warum der VfB aktuell mit grundsätzlich schlechter eingestuften Mannschaften wie eben den Nürnbergern oder den Düsseldorfern sportlich auf Augenhöhe konkurrieren muss, und wie grundsätzlich weiter unten eingeordnete Vereine wie der SC Freiburg, der FSV Mainz 05 oder Eintracht Frankfurt den Stuttgartern den Rang ablaufen.

Es lassen sich jedenfalls genügend Szenen finden, die das Stuttgarter Spiel erzählen. Die zeigen, wie klug die VfB-Elf den fränkischen Gästen den Ball klaut und schnell nach vorne umschaltet – wie sie also vieles richtig macht, um am Ende doch etwas falsch zu machen. Einen Pass zu ungenau oder überhastet spielt, eine Flanke völlig verzieht, anstatt sie zum Mitspieler zu bringen, oder eben mal nicht aufpasst.

„Nur 43 Stunden nach der Europa-League-Partie in Genk wollten wir ökonomisch spielen. Das hat die Mannschaft fast perfekt umgesetzt“, sagt Labbadia. Nur einmal schaltete Raphael Holzhauser nicht richtig, schon war ihm Markus Feulner (77.) entwischt und glich die Führung durch Ibrahima Traoré (51.) aus.

Schwerer als die Unaufmerksamkeit des jungen Mittelfeldspielers wiegt jedoch, dass man nach zwei Dritteln der Saison immer noch nicht schlau wird aus diesem Team, es vielleicht sogar unmöglich geworden ist, aus den Darbietungen des VfB eine stabile Zukunft ableiten zu wollen. Denn selbst der Kapitän kann keine Konstanz verheißenden Aussichten formulieren. „Es kann ganz schnell gehen“, sagt Serdar Tasci, „und wir sind wieder oben dabei – oder eben unten.“

„Super wichtiges Spiel“ gegen Bochum

Das ist die Wahrheit – und sie offenbart gleichzeitig die Bandbreite des Stuttgarter Spektrums wie auch ein Kernproblem: der VfB ist nach wie vor zu einigem fähig. Aber trotz ihres unbestrittenen Eifers und ihrer ungebrochenen Leistungsbereitschaft bleibt diese Mannschaft auch sich selbst ein Rätsel. Und wer sollte das besser einschätzen können als Tasci, der 2007 zur Meistermannschaft gehörte, anschließend mit dem VfB in diverse Krisen schlitterte und sich mit den jeweiligen Trainern und Teams auch wieder herauskämpfte.

Einer dieser Krisenkämpfe endete sogar mal in der Champions League (2009). Doch über die Jahre sind rund um den Wasen nicht nur einige Trainer verschlissen worden, sondern es ging auch einiges andere verloren. Hier ein bisschen fußballerische Qualität, dort ein Stückchen Konzept und da ein wenig Glaubwürdigkeit. Insgesamt ist es also deutlich grauer geworden beim VfB, und fast scheint es so, als sei der Club in der eigenen Mittelmäßigkeit gefangen.

Zumindest in der Liga. Weshalb vermutlich nicht nur die Spieler die größte Chance darin sehen, die Saison durch die Cupwettbewerbe noch zu retten. Am Mittwoch erwarten die Stuttgarter den Zweitligisten VfL Bochum im Viertelfinale des DFB-Pokals. „Ein super wichtiges Spiel“, sagt Labbadia, „wie alle unsere Spiele.“