Axel Kruse war ein Spieler, der polarisierte. Bei seinem ersten Pflichtspiel für den VfB Stuttgart – im DFB-Pokal gegen den 1. FC Kaiserlautern – flog er vom Platz und kassierte eine Rekordstrafe. Ein Rückblick.

Sport: Philipp Maisel (pma)

Stuttgart - Als Axel Kruse im Sommer 1993 zum VfB Stuttgart wechselte, galt er als „Enfant Terrible“ der Bundesliga. Dem früheren Rostocker eilte ein Ruf wie Donnerhall voraus. Der aufmüpfige Stürmer ließ auch kaum ein Fettnäpfchen aus, nahezu wöchentlich war er aufgrund von mehr oder weniger gravierenden Eskapaden in den Schlagzeilen. Spätestens nachdem ZDF-Reporter Thomas Wark im März 1993 beim DFB-Pokalhalbfinale zwischen Kruses damaligem Klub Eintracht Frankfurt und Bayer Leverkusen behauptete, Kruse hätte „in Rostock einige Pferdchen laufen“, war der Ruf komplett ruiniert – obwohl Wark das frei erfunden hatte und sich später öffentlich dafür entschuldigte.

 

Der Geistesgestörte und die Rekordsperre

„Oh Gott, jetzt spielt dieser Geistesgestörte bei uns!“, antwortete Kruse im Gespräch mit dem Magazin „11 Freunde“ auf die Frage, was seine neuen Mitspieler wohl gedacht hatten, als er zum VfB Stuttgart kam. Auch beim VfB kam er nicht aus den Schlagzeilen heraus. Was hauptsächlich mit einem Spiel zusammenhängt, das an diesem Mittwoch eine Neuauflage findet. Am 25. August 1993 traf der VfB Stuttgart im Neckarstadion auf den 1. FC Kaiserslautern. Es ist die zweite Runde des DFB-Pokals. Kruses erstes Spiel für den neuen Verein. „Ich war hochmotiviert, spielte aber miserabel. In der Kabine stand plötzlich Trainer Christoph Daum vor mir. Er starrte mich an wie ein Irrer: ‚Kruse. Du hast doch immer so eine große Klappe. Und jetzt spielst du hier wie die letzte Pfeife! ‘ Als ich wieder auf das Feld lief, hatte ich schon Schaum vorm Mund, dann schoss ich auch noch das 1:2. Die Folge: noch mehr Schaum“, erinnert sich der heute 50-jährige.

Kruse ging dann beim Stand von 1:2 Schiedsrichter Hans-Joachim Osmers im Nachgang eines vermeintlichen Elfmeters für den VfB so hart an, dass dieser stolperte und „wie ein Osterhase“ (O-Ton Kruse) hinfiel. Der nächste Skandal war perfekt. Kruse flog vom Platz und kassierte vom DFB-Sportgericht die Rekordstrafe von zehn Spielen Sperre. „Als ich in die Kabine kam, habe ich erst recht gewildert, schmiss Flaschen und trat Schränke ein. Erst nach dem Duschen hatte ich mich wieder im Griff. Mir war klar, dass das Konsequenzen haben würde, und ich fühlte mich furchtbar.“ Zumal der VfB das Spiel dank des späten Ausgleichs durch Guido Buchwald in Unterzahl noch in die Verlängerung rettete, dann aber mit 2:6 verlor. Bis heute die höchste Pleite der Schwaben im Pokal.

Christoph Daum rettete Kruses Karriere

Kruse wollte wegen des Vorfalls gar seine Karriere beenden. „Ich bin zu Christoph Daum gegangen und habe gesagt: ‚Zerreiß meinen Vertrag. Ich will nicht mehr‘“ – doch Daum ließ dies nicht zu. „Er hat mich wieder aufgebaut und mir damit meine Karriere gerettet“, so Kruse. Er absolvierte insgesamt 64 Spiele für den VfB (14 Tore) und war ein Liebling der Fans, die langgezogene „Kruuuse“-Rufe anstimmten, sobald der Blondschopf am Ball war.

An diesem Mittwoch kommt es nun zur Neuauflage des DFB-Pokalspiels gegen den 1. FC Kaiserslautern. Wieder in der zweiten Pokalrunde. Wieder unter Flutlicht. Axel Kruse wird bestimmt auf dem Sofa sitzen und in sich an jenen Tag im August zurückerinnern.

VfB Stuttgart - 1. Bundesliga

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