Nach dem 0:1 gegen den Hamburger SV vom Sonntagabend ist beim VfB Stuttgart mal wieder Rätselraten angesagt. Woran liegt’s, dass der VfB die schlechteste Rückrundenelf stellt? Unter den VfB-Fans wird die Unruhe immer größer.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - In seiner Verzweiflung ist Georg Niedermeier ganz nach vorne gerannt. Im Angriffszentrum verbrachte der lange VfB-Innenverteidiger die Schlussminuten – in der Hoffnung auf einen hohen Ball, den er womöglich zum Ausgleich ins Tor hätte köpfen können. Es kam aber kein passender Ball. Und dann war das Spiel auch schon aus und die nächste Niederlage besiegelt.

 

Mit 0:1 (0:0) hat der VfB gestern im eigenen Stadion gegen den Hamburger SV verloren und bleibt damit die schlechteste Mannschaft der Rückrunde. Erst vier Punkte hat das Team von Trainer Bruno Labbadia in den acht Ligaspielen dieses Jahres geholt und dabei nur fünf Tore erzielt. Zu dieser desaströsen Bilanz passt auch, dass die Stuttgarter von zwölf Heimspielen in dieser Saison sechs verloren haben. „Uns haben die fußballerischen Mittel gefehlt“, sagte Bruno Labbadia.

Unruhe unter den VfB-Fans

Immer größer wird die Unruhe unter den VfB-Fans. Bereits während des Spiels skandierten sie mal „Wir wollen euch kämpfen sehen“, mal „Wir haben die Schnauze voll“ – oder gaben gleich dem Clubvorstand um den Präsidenten Gerd Mäuser die Schuld an der Talfahrt in der Bundesliga. „Die Stimmung rund um den Verein ist leider sehr negativ“, sagte der VfB-Manager Fredi Bobic: „Das bringt der Mannschaft wenig. Sie muss alle drei Tage ein Spiel bestreiten – und an der Einstellung gibt es nichts zu mäkeln.“

Auch gegen den HSV waren dem VfB das Bemühen und der Wille nicht abzusprechen – doch fehlten wieder einmal die Kraft, die Ideen, die Kreativität. Es war bereits das 40. Pflichtspiel der Stuttgarter, erst 26 hat Hamburg bestritten. Entsprechend verhalten begannen die Gastgeber nach der Schweigeminute für die Opfer der Brandkatastrophe in Backnang. Der VfB zog sich weit zurück und überließ das Spiel dem HSV, der freilich nur in der Anfangsphase zu zwei Torgelegenheiten kam: Erst blockte William Kvist einen Schussversuch von Rafael van der Vaart im Strafraum ab (3.). Dann köpfte Artjoms Rudnevs daneben (12.).

Eine Halbzeit ohne Höhepunkte

Viel mehr fiel der Mannschaft von Thorsten Fink nicht ein. Also entwickelte sich ein statisches, nicht schön anzusehendes Spiel, in dem es in der ersten Hälfte kaum Höhepunkte gab. Symptomatisch, dass die beste Stuttgarter Torchance einer Standardsituation entsprang: Einen Freistoß aus 20 Metern von Raphael Holzhauser lenkte René Adler an den Pfosten (16.). Der HSV-Torwart war auch auf dem Posten, als es Martin Harnik kurz vor der Pause mit einem Flachschuss versuchte.

Um für mehr Offensivschwung zu sorgen, brachte Labbadia nach der Pause Shinji Okazaki für Holzhauser. Tatsächlich wirkte der VfB nun etwas lebhafter – der aufgerückte Serdar Tasci scheiterte kurz nach Wiederbeginn mit einem Kopfball an Adler. „Wir sind super aus der Kabine gekommen – und haben aus dem Nichts das 0:1 kassiert“, sagte Labbadia. Eine Flanke des Rechtsverteidigers Dennis Diekmeier nahm Rudnevs, von Tasci nicht eng genug bewacht, mit vollem Risiko und traf mit einem sehenswerten Volleyschuss (49.).

Noch acht Zähler bis zum Relegationsplatz

Nun war der VfB endgültig gezwungen, den Weg nach vorne zu suchen. Vedad Ibisevic scheiterte nach einer Okazaki-Flanke mit einem Kopfball an Adler (69.). Es war praktisch die einzige auffällige Aktion des Mittelstürmers, der nach seiner Gelbsperre gegen Lazio Rom wieder für Federico Macheda in die Mannschaft gekommen war. Und es war fast die einzige gute Chance des VfB, zum Ausgleich zu kommen. Durchdachte Spielzüge waren kaum zu sehen – immer verzweifelter wurde das Bemühen, sich gegen die drohende Niederlage zu stemmen. „Wir sind nicht effektiv genug“, sagte der Mittelfeldspieler Christian Gentner, „deshalb reicht es momentan nicht.“

Noch acht Zähler beträgt der Vorsprung des VfB auf den Relegationsplatz. Das scheint vor dem Europa-League-Rückspiel am Donnerstag in Rom zwar ein komfortables Polster zu sein. Andererseits: ein paar Punkte sollten die Stuttgarter schon noch holen – sonst könnte es am Ende eng werden. „Wir müssen nach unten schauen“, sagte Gentner: „Alles andere verbietet sich im Augenblick von alleine.“