Hannes Wolf legt den Fokus während der Vorbereitung auf die Defensive, aber die Offensive verliert der Trainer des Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart nicht aus den Augen.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Zugegeben, es ist nur eine Zahl aus der Vergangenheit. Doch sie sagt schon noch einiges aus. Gerade da sie aus einer düsteren Zeit stammt, an die sich beim VfB Stuttgart niemand gern erinnern mag – aus der Saison 2015/2016, die für den Club so bitter mit dem Absturz aus der Fußball-Bundesliga endete. Auch Hannes Wolf, der damals noch ein Nachwuchsteam in Dortmund trainierte, kennt die Zahl.

 

75 – so viele Gegentore hat der VfB in seiner Abstiegssaison hinnehmen müssen. Das waren im Schnitt 2,2 Treffer pro Spiel. Zu viele, als das eine ordentliche Offensive das noch hätte ausgleichen können. Und diese Einschätzung gilt noch immer. Wolf weiß das und hält sich diesen schwäbischen Wert gelegentlich wie ein Mahnmal vor sein inneres Auge. Zumal er ja in seinen zehn Monaten als Chefcoach der Stuttgarter eine konkrete Ahnung davon erhalten hat, wie er zustande gekommen ist.

Etwas mehr als ein Gegentor pro Partie (37 in 34 Spielen) hat der VfB durchschnittlich in seiner Zweitligasaison kassiert. „Das ist sicher nicht dramatisch schlecht“, sagt Wolf, „aber wir müssen in dieser Vorbereitung schon einen Schwerpunkt auf die Defensive legen.“ Denn der VfB neigt dazu, die Balance in seinem Spiel zu verlieren. Im Unterhaus des deutschen Fußball reichte es dennoch häufig zu Siegen, im Oberhaus wird sich das ändern.

Trainer Wolf wartet auf neue Abwehrspieler

Zu hoch ist die Qualität in den Offensivabteilungen der Konkurrenz. Da muss sich der VfB-Fan nicht einmal ausmalen, wie seine Lieblingself die Extraklasse eines Robert Lewandowski (FC Bayern) oder Pierre-Emerick Aubameyang (Borussia Dortmund) verteidigen soll. Im Moment wären da im Abwehrzentrum Timo Baumgartl und Marcin Kaminski gefordert. Zum einen, weil die nominellen Alternativen Benjamin Pavard und Jérôme Onguéné angeschlagen sind. Zum anderen, weil auch Wolf auf Zugänge für die hintere Reihe wartet. „Wir brauchen noch Spieler für die Abwehr, wie man schon bei zwei Ausfällen sieht“, sagt der Trainer.

Die Anzahl der Profis ist aber nur die eine Seite der Kadermedaille, die andere deren Qualität. Möglichst schnell sollen Verstärkungen für die Innen- und Außenverteidigerpositionen verpflichtet werden. Denn zurzeit muss Wolf bei Trainingsspielen elf gegen elf einige Kicker nicht gerade artgerecht einsetzen. Zum Beispiel den Mittelfeldspieler Anto Grgic als Innenverteidiger oder die Flügelstürmer Julian Green oder Tobias Werner als Rechts- beziehungsweise Linksverteidiger.

Sehen Sie hier die Bilanz von Teammanager Günther Schäfer zum Trainingslager in Grassau:

Zwar hat sich durch ein solches Zurücksetzen schon so manche neue Perspektive für einen Spieler ergeben, aber beim VfB hat die Übungseinheit am Sonntag gereicht, um einmal mehr zu verdeutlichen, dass es Leerstellen in der Mannschaft und Defizite in der Defensive gibt. Sieben Tore fielen im Trainingsspiel – auch das nur eine Zahl, aber eine die dem Trainer zu denken gibt. „Die Offensive hat das gut gemacht, aber in der Defensive wurden einige Schwächen aufgedeckt, die wir jetzt über eine Videoanalyse noch einmal aufarbeiten werden“, sagt Wolf.

Auch ein Sechser steht noch auf der Einkaufsliste

Zu groß waren die Räume, zu langsam die Aktionen und zu fehleranfällig war das Aufbauspiel. Was natürlich auch den schweren Beinen nach dem gelungenen Trainingslager in Grassau geschuldet war und die stürmischen Talente Anastasios Donis und Josip Brekalo zu nutzen wussten. Was aber ebenso einen Vorgeschmack darauf gibt, wie es laufen kann, wenn es dem VfB nicht gelingt, seine Defensivreihen schnell zu schließen.

Dennoch dreht sich für Wolf die Vorbereitung auf die neue Runde nicht allein um das Verteidigen. „Die Defensive wird nicht funktionieren, wenn wir keine offensive Entlastung hinbekommen“, sagt der Trainer. Zu groß wird dann der Druck auf das eigene Team, wenn jeder Ball umgehend wieder beim Gegner landet. Zumal wenn es die Stuttgarter mit der Münchner Dominanz, der Leipziger Rasanz oder der Wucht der anderen zu tun bekommen.

Ein Mittelfeldmann, der die Abwehr schützt und das Stuttgarter Spiel austariert, wäre da sicher von Vorteil. „Es wird darum gehen, welche Qualität wir noch dazu holen können, aber vor einem guten Sechser werden wir die Augen nicht verschließen“, sagt Wolf, für den es beim VfB fußballerisch weiter um das Ganze geht: verteidigen und angreifen. Jeweils mit höchster Intensität und in der inneren Haltung, nur ein Aufsteiger zu sein.

VfB Stuttgart - 1. Bundesliga

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