Auch in der Vergangenheit ist es am letzten Spieltag immer wieder zu Dramen gekommen – aber so spannend wie dieses Mal war es noch nie.

Stuttgart – Niemals zweite Liga? Der letzte Spieltag verspricht Hochspannung. Neben dem VfB Stuttgart schweben noch fünf weitere Vereine in Abstiegsgefahr, aber alle sechs können sich noch retten oder in die Relegation kommen – eine einmalige Konstellation seit Bestehen der Fußball-Bundesliga im Jahr 1963. Dabei hat es in dieser Zeit am letzten Spieltag immer wieder Dramen gegeben.

 

18. Mai 2013 Vor dem Saisonfinale ist die Lage bei 1899 Hoffenheim praktisch schon aussichtslos. Nach der 1:4-Heimpleite am vorletzten Spieltag gegen den Hamburger SV laufen die Planungen für die zweite Liga bereits auf vollen Touren. Das war’s, lautet der Tenor im Verein und bei den Fans. Schließlich beträgt der Rückstand auf den Relegationsplatz zwei Punkte. Um sich doch noch zu retten, hilft nur ein Sieg in Dortmund bei einer gleichzeitigen Niederlage von Fortuna Düsseldorf in Hannover. Und die Dinge nehmen zunächst den erwarteten Verlauf. Die Borussia geht früh in Führung. An diesem Ergebnis ändert sich bis zur 77. Minute nichts. Dann verwandelt Sejad Salihovic den ersten Foulelfmeter zum 1:1 – und fünf Minuten später den zweiten. Dennoch hätte es für Hoffenheim nicht gereicht, wenn der Schiedsrichter Jochen Drees den Ausgleich von Marcel Schmelzer in der Nachspielzeit anerkannt hätte. Aber auf Anraten seines Assistenten nimmt er den Treffer zurück. Weil Düsseldorf in Hannover mit 0:3 verliert, muss die Fortuna den Gang in die zweite Liga antreten, obwohl das Team in dieser Saison zuvor nie auf einem Abstiegsplatz gestanden ist. Die Hoffenheimer, die sich dann in der Relegation problemlos gegen Kaiserslautern behaupten, haben dagegen seit dem 23. Spieltag immer Rang 17 belegt. „Wir waren tot, dann wieder da, dann wieder tot – und jetzt leben wir“, sagt der Kapitän Andreas Beck.

Das Pressezitat: „Die Schlussphase in Dortmund hätte sogar einem Stein einen Pulsschlag verschaffen können“ (Das Magazin „Der Spiegel“)

14. Mai 2011 Dass Borussia Mönchengladbach vor dem Saisonfinale überhaupt noch auf die Rettung hoffen kann, hat wenige Wochen zuvor kaum jemand für möglich gehalten. Denn seit dem neunten Spieltag liegt die Mannschaft immer auf einem direkten Abstiegsplatz – und nach 28 Partien ist die Borussia noch abgeschlagen Tabellenletzter, neun Punkte beispielsweise hinter Eintracht Frankfurt. Auch der am 13. Februar vorgenommene Trainerwechsel von Michael Frotzeck zu Lucien Favre scheint sich nicht positiv auszuwirken. Das Team verliert ein Spiel nach dem anderen. Aber dann beginnt doch noch eine Aufholjagd mit zehn Zählern aus den letzten vier Begegnungen und einem auf den letzten Drücker sichergestellten 2:0 gegen Freiburg sowie einem 1:1 in Hamburg am Ende. Weil Frankfurt mit 1:3 in Dortmund verliert, genügt das Ergebnis beim HSV, um die Relegation gegen den VfL Bochum zu erreichen – der mitreißende Schlussakkord dieser Saison. Gladbach gewinnt das Hinspiel mit 1:0 – durch ein Tor von Igor de Camargo in der letzten Minute der Nachspielzeit. Im Rückspiel sorgt Marco Reus in der 72. Minute mit seinem Ausgleich zum 1:1 für den Klassenverbleib. „Wir haben zusammen etwas Unglaubliches geschafft“, sagt der Trainer Lucien Favre.

Das Pressezitat: „Der Bundesligadino bleibt drin“ ( Nachrichtensender n-tv)

29. Mai 1999 Das war bis zu diesem Wochenende der dramatischste letzte Spieltag in der Bundesliga. Neben den nicht mehr zu rettenden Gladbacher Borussen und dem VfL Bochum können noch fünf Mannschaften absteigen: der 1. FC Nürnberg, der aber die besten Aussichten auf den Klassenverbleib hat, der VfB Stuttgart, der SC Freiburg, Hansa Rostock – und mit der schlechtesten Perspektive die Frankfurter Eintracht, die nur dank des 3:2-Auswärtserfolgs (nach 0:2-Rückstand) eine Woche zuvor auf Schalke überhaupt noch im Rennen ist. Dann steht an diesem 29. Mai aber plötzlich das Fernduell zwischen der Eintracht und dem 1. FC Nürnberg im Mittelpunkt, der bis dahin drei Punkte und fünf Tore besser ist. Doch der Club verliert gegen Freiburg mit 1:2 – was aber bis zur 89. Minute der Partie zwischen Frankfurt und Kaiserslautern noch zum Klassenverbleib gereicht hätte. Dann liefert Jan-Aage Fjörtoft mit einem spektakulären Übersteiger das fehlende Tor der Eintracht zum 5:1 – nachdem es in der 70. Minute noch 1:1 gestanden ist. Vier Treffer in den letzten 20 Minuten stellen den ganzen Saisonverlauf auf den Kopf und stürzen die Nürnberger ins Unglück. „Nach dem Spiel fragte mich Franz Beckenbauer, wie das denn passieren konnte. Ich antwortete, dass ich das auch nicht weiß und morgen erst einmal die Tabelle studieren muss“, sagt der Frankfurter Ansgar Brinkmann.

Das Pressezitat: „Hallo, hier ist Nürnberg, wir melden uns vom Abgrund“ (der Radioreporter Günther Koch)

18. Mai 1996 Zum bisher einzigen Mal in 52 Jahren Bundesliga kommt es am letzten Spieltag zu einem direkten Abstiegsfinale. Bayer Leverkusen und der 1. FC Kaiserslautern treffen aufeinander – mit dem Weltmeister Rudi Völler (Leverkusen) auf der einen Seite und dem Weltmeister Andreas Brehme auf der anderen Seite. Die Leverkusener sind durch die 1:2-Niederlage eine Woche zuvor in Freiburg in arge Bedrängnis gekommen und wären bei einer erneuten Pleite von Kaiserslautern überholt und zum Gang in die zweite Liga verurteilt worden. Danach sieht es auch lange aus, weil Pavel Kuka die Pfälzer in Führung bringt (58.). Erst acht Minuten vor Schluss ist es dann nicht einer der Bayer-Stars wie Völler oder Paulo Sergio, der für die Erlösung sorgt, sondern Markus Münch mit seinem einzigen Saisontreffer. Nach dem Abpfiff weint sich Brehme an der Schulter seines Nationalmannschaftskumpels Völler aus – ein legendäres Bild, das die Runde macht. „Etwas Schlimmeres als den Abstieg hätte ich mir nicht vorstellen können – außer einem Unglück in der Familie“, sagt der Bayer-Manager Reiner Calmund.

Das Pressezitat: „Danke!“ (Anzeige von Bayer in der Rheinischen Post)

7. Mai 1994 Der SC Freiburg liegt vor den letzten drei Spielen vier Punkte hinter dem rettenden viertletzten Platz, den der 1. FC Nürnberg belegt. Vier Zähler sind damals noch mehr wert als heute, weil zu dieser Zeit noch die alte Zweipunkteregelung gilt. Aber die Freiburger gewinnen die ersten beiden der letzten drei Spiele – mit 4:0 beim VfB Stuttgart und dann durch ein Tor von Rodolfo Cardoso in der 83. Minute mit 1:0 gegen Leipzig. Dadurch ist der Rückstand auf Nürnberg vor dem Saisonfinale auf zwei Zähler geschrumpft – und der SC nutzt diese Gelegenheit. Durch Tore von Martin Spanring (40.) und Andreas Zeyer (75.) gibt es in Duisburg ein ungefährdetes 2:0. „Dabei war uns eigentlich schon klar, dass wir abgestiegen sind“, sagt Ralf Kohl. Doch der 1. FC Nürnberg war sich zu sicher und steht beim 1:4 in Dortmund neben sich.

Das Pressezitat: „Wer sich zu früh freut, den bestraft der Abstieg“ (die Tageszeitung „Die Welt“)

23. Mai 2015. Der VfB tritt am letzten Spieltag in Paderborn an. Niemals zweite Liga?