Wenn der VfB am Sonntag gegen Leverkusen spielt, geht es nicht nur um drei Punkte. Der Verein stellt sein soziales Engagement in den Vordergrund – und gibt sich auch sonst viel Mühe, Sympathien zurückzugewinnen.

Stuttgart - Man kann nicht behaupten, dass Bayer Leverkusen ein in Stuttgart besonders gern gesehener Gegner wäre. In den vergangenen Jahren hat in der Regel die Werkself die Punkte mitgenommen, im Gegenzug aber nur ein überschaubares Häuflein zahlender Zuschauer mitgebracht. Halbleer war meist der Gästeblock – genau wie der Rest der Mercedes-Benz-Arena.

 

Zumindest Letzteres wird anders sein, wenn Leverkusen am Sonntag zum nächsten Bundesligaduell in die Stadt kommt. Mehr als 50 000 Zuschauer erwartet der VfB diesmal, was nicht allein dem sportlichen Aufschwung der vergangenen Wochen zu verdanken ist. Vielmehr nutzt der Verein die Begegnung, um sich im Dienste der guten Sache zu betätigen. Kinder konnten sich Tickets zum Schnäppchenpreis sichern; Ehrenamtliche, sozial Benachteiligte und Flüchtlinge hat der VfB eingeladen. „Wir wollen mit gutem Beispiel vorangehen, wenn es darum geht, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen“, sagt der VfB-Präsident Bernd Wahler.

Die Mercedes-Benz-Bank macht den Brustring frei

Im Zeichen des sozialen Engagements steht die Partie gegen Leverkusen, unter dem Begriff „VfB fairplay“ bündelt der Club seit 2014 seine Aktivitäten. Das wird dieses eine Mal auch auf dem roten Brustring stehen, auf dem üblicherweise die Mercedes-Benz-Bank als Hauptsponsor wirbt. Als „Selbstverständlichkeit“ empfindet es der Bankchef Franz Reiner beim gemeinsamen Termin am Firmensitz auf dem Pragsattel, den VfB auch in dieser Hinsicht zu unterstützen. Schließlich sei „gerade der soziale Aspekt ein wichtiger Teil unserer Partnerschaft“.

Dem Aktionstag im Stadion, bei dem auch fleißig Geld für wohltätige Zwecke gesammelt wird, liegt nicht allein der Wunsch zu Grunde, soziale Verantwortung zu übernehmen und als gesellschaftlich relevante Größe in Erscheinung zu treten. Er ist ein weiterer Baustein im Bemühen des Vereins, nicht nur auf dem Spielfeld verloren gegangene Sympathien zurückzugewinnen.

Der Rückwind der positiven Resultate

Von einer sportlichen Dauerkrise waren die vergangenen Jahre geprägt, von Turbulenzen in der Vereinsführung und einer zunehmenden Entfremdung von Teilen des Publikums. Der Rückenwind der positiven Ergebnisse in der Bundesliga macht es dem VfB nun einfacher, auch jenseits des Stadions in die (Charme-)Offensive zu gehen.

Mit roten Pullovern und weißen Kittelschürzen gaben neulich VfB-Spieler und -Mitarbeiter in der Vesperkirche Schnitzel und Kartoffelsalat an Bedürftige aus. „Ein Bedürfnis“ sei es den Profis gewesen, „den Menschen hier Gutes zu tun“, sagte Christian Gentner, der als Kapitän den klaren Auftrag hat, darin mitzuwirken, dass die Mannschaft in der Öffentlichkeit ein positives Erscheinungsbild abgibt.

Autogramme nach fast jedem öffentlichen Training

Nach jedem Spiel folgt der geschlossene Dank der Spieler an die Fankurve. Und regelmäßig marschieren sie nach den Trainingseinheiten zum Autogramme schreiben an den Spielfeldrand – und werden besonders viel zu tun haben, wenn demnächst die Osterferien beginnen. „Da muss man keinen zwingen“, sagt Gentner. Doch hat es beim VfB auch schon andere Zeiten gegeben, in denen sich die Profis grußlos unter die Dusche verabschiedet haben. Dabei erfordert es nicht besonders viel Aufwand, um auf diese Weise Nähe herzustellen und den Fans das Gefühl zu geben, dass sie nicht nur zahlende Kunden sind.

Genau das ist auch Sinn und Zweck des jüngsten Austausches zwischen der Vereinsführung und der Basis gewesen. Elf Regionalversammlungen hat Bernd Wahler zu Jahresbeginn besucht und anschließend zu einer Zukunftswerkstatt eingeladen; elf weitere Regionalversammlungen folgen im April, dann soll die Bande noch enger geknüpft werden. Auch das ist ein Mittel, um das in der Vergangenheit zerschlagene Porzellan wieder zusammenzufügen.

Über allem schwebt das Thema Ausgliederung

Über all diesen Aktivitäten schwebt am Ende natürlich auch die anvisierte Ausgliederung, über die bei der Mitgliederversammlung am 17. Juli abgestimmt wird. Sie wissen beim VfB: wenn der Verein und seine handelnden Personen wieder positiver wahrgenommen werden, wenn die Leute der Clubführung wieder mehr vertrauen und der Meinung sind, sie kenne den Weg zurück nach oben, dann erhöht das die Wahrscheinlichkeit, die erforderliche Dreiviertelmehrheit zu bekommen.

Beim VfB wissen sie aber auch: das beste Argument sind noch immer sportliche Erfolge. Zum Beispiel drei Punkte am Sonntag gegen Bayer Leverkusen.