Die Vereinsführung des VfB Stuttgart entscheidet nach einem wahren Sitzungsmarathon, dass es Konsequenzen gibt, wenn sich ein derart desolater Auftritt wie am Samstag beim 0:4 gegen Augsburg wiederholt.

Stuttgart - Vordergründig geht es an diesem Montag auf dem Vereinsgelände des VfB Stuttgart an der Mercedesstraße recht ruhig zu. Die Trainingsplätze liegen verlassen da, weil die Spieler der Bundesligamannschaft frei haben. Aber der äußere Eindruck täuscht, denn hinter verschlossenen Türen herrscht auf der Geschäftsstelle das Gegenteil von Ruhe. Da ist die Aufregung, die den ganzen Club nach der bestürzenden 0:4-Pleite gegen den FC Augsburg erfasst hat, nach wie vor groß.

 

Das beschäftigt alle beim VfB auch noch zwei Tage danach. Mehrere Sitzungen finden statt, in unterschiedlicher Zusammensetzung und unter der Regie des Präsidenten Bernd Wahler und des Sportvorstands Robin Dutt. So soll Ursachenforschung betrieben werden. Im Mittelpunkt stehen die Fragen, welchen Anteil der Trainer Alexander Zorniger speziell an dem desolaten Auftritt gegen Augsburg hat – und wie viel Verantwortung er allgemein auch für die frustrierende Bilanz von nur zehn Punkten nach 13 Spielen übernehmen muss.

Mit der Antwort tut sich der VfB lange schwer, auch weil es dazu nicht nur eine Meinung im Clubhaus auf dem Wasen gibt. Zum einen steht Zorniger für die neue Strategie mit einem Konzepttrainer, der eine gemeinsame Spielidee bis hinunter in die Jugendteams vermitteln soll. Das ist die Zukunft. In der Gegenwart treibt den VfB andererseits jedoch die Sorge um, mit der Entlassung Zornigers so lange zu warten, bis der Abstieg kaum noch zu verhindern ist – was vor knapp zwei Jahren bei Thomas Schneider fast schon mal passiert wäre. Damals konnte Huub Stevens den schlimmsten Fall gerade noch verhindern.

Es gibt kein einheitliches Meinungsbild

Zwischen diesen beiden Positionen bewegen sich die Debatten der Vereinsführung, nachdem zuvor auch Gespräche mit einigen Spielern kein einheitliches Bild ergeben haben. Ohnehin erscheint ungewiss, inwieweit sich ein Profi in dieser heiklen Situation überhaupt aus der Deckung wagt, um mögliche Kritik am Trainer zu äußern.

Insgesamt ist dadurch eine heikle Gesamtkonstellation entstanden. Ausdruck waren auch die massiven Zuschauerproteste am Samstag. Den Bruch mit seiner Anhängerschaft will der VfB nicht riskieren, was dann ein Thema beim Treffen des Fanausschusses an diesem Montagabend ist. Auch dieses Gremium ist gespalten bezüglich der weiteren Vorgehensweise und der nächsten Schritte, da sich die Kritik in diesem Kreis genauso an die Adresse der Profis wendet. Solche Stellungnahmen wie von Florian Klein haben bei einigen Mitgliedern im Fanausschuss das Fass zum Überlaufen gebracht. Der Verteidiger erklärte nach der Blamage gegen Augsburg und angesichts der höhnischen La-Ola-Wellen im Stadion, „dass wir Spieler uns ja auch nicht alles gefallen lassen müssen.“ Das zeugt für viele von wenig Selbstkritik.

So hin- und hergerissen präsentiert sich der VfB momentan wieder einmal. Damit wurde auch in dieser Saison sehr schnell der Punkt erreicht, an dem der Trainer unter Druck gerät – wie schon in der jüngeren Vergangenheit bei Bruno Labbadia, Thomas Schneider und Armin Veh. Dass Huub Stevens nicht in diese Reihe passt, hängt vermutlich nur damit zusammen, dass sich die Wege mit ihm nach kurzer Zeit und der zweimal gelungenen Rettung in beidseitigem Einverständnis trennten.

Die Gründe für die Misere liegen tiefer

Labbadia, Schneider, Veh und Zorniger sind unterschiedliche Typen, jeder mit einer anderen Philosophie ausgestattet und mit einer abweichenden Vorstellung von Mannschaftsführung. Liegt die schon fünf Jahre dauernde Misere demnach vielleicht gar nicht am jeweiligen Trainer – oder zumindest nicht nur an ihm? Sind die Wurzeln tiefer und eventuell eine Folge der Struktur beim VfB und des Systems?

Auch darüber hat sich die Vereinsführung in diesen Tagen unterhalten. Die Lösung sieht nach dem Sitzungsmarathon erstens so aus, dass Zorniger im Amt bleibt – aber dass sich zweitens ein Auftritt wie gegen Augsburg nicht wiederholen darf. Sonst gibt es Konsequenzen. Der Trainer arbeitet also auf Bewährung weiter. Ruhe wird so kaum einkehren – auch wenn es vordergründig anders aussehen mag.