Vor dem Spiel in Hoffenheim nimmt der VfB-Trainer Bruno Labbadia eine Rangelei im Training wohlwollend zur Kenntnis.    

Stuttgart  - Es ist nicht das schlechteste Zeichen für die allgemeine Stimmungslage beim VfB Stuttgart, dass Bruno Labbadia zum Scherzen aufgelegt ist. Er habe sich gemeinsam mit dem Manager Fredi Bobic "zu einem Ringrichterkurs" angemeldet, berichtet der Trainer und findet sein Witzchen offenbar so gelungen, dass gleich noch einen nachlegt: Man überlege zudem, Don King einzuladen, den legendären Boxpromoter mit der Steckdosenfrisur, "damit hier ein bisserl was los ist".

 

Im Nachhinein kann Labbadia also herzhaft lachen über die Rangelei zwischen Ciprian Marica und Arthur Boka. Heftig waren die beiden Profis am Mittwoch im Training aneinandergeraten, nur der beherzte Einsatz der Mitspieler verhinderte eine handfeste Prügelei. Besonders lustig fand das der Trainer eigentlich nicht, denn "die Spieler sind dabei über die Grenzen des Erlaubten hinausgeschossen". Das dürfe nicht passieren.

Andererseits sei gerade die fehlende Aggressivität bei Labbadias Dienstbeginn eines der großen VfB-Probleme gewesen. "Wir schüren das im Training - deshalb können wir die Spieler jetzt nicht für das verdammen, was wir von ihnen sehen wollen." Nach einem Gespräch mit den beiden Streithähnen sei die Sache zu den Akten gelegt worden.

Die Eichhörnchen-Taktik des VfB

Viel wichtiger ist ohnehin, dass der Stuttgarter Bundesligist (auch dank der neuen Aggressivität im Training und vor allem im Spielbetrieb) neuerdings beste Aussichten hat, den Klassenverbleib zu sichern. Im Falle eines weitere Sieges im Baden-Württemberg-Derby am Samstag in Hoffenheim könnte die Angelegenheit womöglich sogar frühzeitig besiegelt werden.

Das erschien noch vor kurzem fast undenkbar. Gern und oft erinnert Labbadia daran, dass der VfB bis zur Winterpause ganze zwölf Punkte gesammelt hatte. "Zwölf Punkte!", sagt Labbadia dann immer und lässt eine rhetorische Pause folgen, womit er vermutlich sagen will: eigentlich waren wir ja schon abgestiegen.

Seite 2: "Wie ein Eichhörnchen haben wir unseren Eimer gefüllt"

Allein in den vergangenen acht Spielen sind jedoch stolze 17 Zähler dazugekommen, was in der Summe mit den übrigen Spielen eine Ausbeute von 36 Punkten ergibt - und den Trainer dazu bewegt, verbal aus dem Bereich des Boxsports in die Biologie zu wechseln: "Wie ein Eichhörnchen haben wir unseren Eimer gefüllt", sagt Labbadia und bleibt im Bild, als er mahnend hinterherschiebt: "Wir wissen aber auch, dass der Eimer noch umkippen kann."

Neue Lockerheit gepaart mit hoher Konzentration

Also wird der VfB-Trainer nicht müde, nicht nur auf die zwölf Punkte bei seinem Dienstbeginn hinzuweisen, sondern auch darauf, dass das Schlimmste eben doch noch nicht ganz überstanden ist. Er will nicht darüber nachdenken, ob noch ein Punkt nötig ist, um in der Liga zu bleiben, oder vielleicht auch drei - solche Rechenspiele habe er nie gemacht. "Ich habe in den vergangenen Monaten auch nie auf die Tabelle geschaut", sagt er. Das entspricht mutmaßlich nicht der ganzen Wahrheit - ist aber durchaus zweckdienlich und soll signalisieren: wir schauen nur auf uns.

Mittlerweile ist der VfB Stuttgart tatsächlich in der komfortablen Situation, ohne fremde Hilfe und aus eigener Kraft den Abstieg zu verhindern. Einen "Schub" habe die Mannschaft dadurch erhalten, der auf zwei Arten zum Ausdruck kommt. Eine "neue Lockerheit" im Training paare sich mit "hoher Konzentration". Das ist ganz im Sinne des Trainers, der auch in diesem Bereich "eine leichte Entwicklung" festgestellt hat: "Unser Ziel ist es, dass der Antrieb nicht nur durch uns kommt, sondern auch durch die Mannschaft selbst."

Fredi Bobic sitzt daneben, er nickt bei Labbadias Ausführungen und lacht bei dessen Witzen. Fast wäre sein Wunsch erfüllt worden, selbst nichts zum Thema beitragen zu müssen. Das hätte er als gutes Vorzeichen empfunden, denn zuletzt hat der VfB Stuttgart immer gewonnen, wenn der Manager in den Pressekonferenzen vor dem Spiel nichts gefragt wurde. Ganz am Schluss kommt Bobic dann aber doch noch ins Spiel. Ob der Wechsel des Augsburger Außenbahnspielers Ibrahima Traoré (23) eingetütet sei, so lautet die Frage. Bobic muss nun zwar reden - doch immerhin, er sagt nichts: "Personaldiskussionen werde ich bestimmt keine führen."