Serdar Tasci wechselt für drei Millionen Euro vom VfB zu Spartak Moskau. Als Ersatz für den Verteidiger soll der Brasilianer Vilson kommen.

Stuttgart - Das Faxgerät auf der Geschäftsstelle des VfB Stuttgart muss am Nachmittag Schwerstarbeit verrichten. Ein Schreiben nach dem anderen schickt es nach Moskau und spuckt im Gegenzug stapelweise Papier aus der russischen Hauptstadt aus. Vertragsentwürfe, Ablösevereinbarungen und sonstige Wechselmodalitäten werden ausgetauscht, bis am Abend alles geklärt ist. Per E-Mail versendet der Bundesligist um 19.30 Uhr das Ergebnis – die Nachricht trägt die Überschrift: „Serdar Tasci verlässt den VfB Stuttgart“.

 

Die Pressemitteilung Nr 92 hat beim VfB ein Ära beendet. Nach 14 Jahren in Stuttgart geht der Kapitän gewissermaßen durch die Hintertür von Bord und wechselt für rund drei Millionen Euro zu Spartak Moskau, wo er einen Vierjahresvertrag unterschrieben hat. „Die Entscheidung ist keine Entscheidung gegen den VfB, sondern für die neue Aufgabe“, sagt Tasci (26): „Nach so vielen Jahren beim VfB möchte ich eine neue Herausforderung annehmen. Ich bin in einem Alter, in dem ich mich noch weiterentwickeln kann.“

Im Alter von zwölf Jahren ist Tasci zum VfB gekommen. Er hat alle Jugendmannschaften durchlaufen, ist 2007 gleich in seinem ersten Profijahr Deutscher Meister, später Nationalspieler und schließlich Kapitän der Stuttgarter geworden. „Ich hatte eine unheimlich tolle Zeit beim VfB“, sagt Tasci. In den vergangenen Jahren rankten sich aber regelmäßig Wechselgerüchte um den Innenverteidiger. Spitzenclubs aus Italien und England, so hieß es immer wieder, hätten Interesse – konkret jedoch wurden die Kontakte nie. Nun ist es Spartak Moskau geworden, der Tabellenvierte der russischen Liga, der in den Play-offs der Europa League am FC St. Gallen gescheitert ist.

Tascis Vertrag wäre am Saisonende ausgelaufen

Weil auch der VfB im ersten Spiel unter dem neuen Trainer Thomas Schneider den Einzug in die Gruppenphase verpasst hat, fiel es den Verantwortlichen leichter, dem Kapitän die gewünschte Freigabe zu erteilen. Einerseits hat die Pleite gegen Rijeka ein erhebliches Loch in den Etat gerissen, das durch den Transfererlös und das eingesparte Gehalt von noch einmal drei Millionen gestopft wird. Andererseits hat der VfB nun weniger Spiele, als bei der ursprünglichen Personalplanung vorgesehen war.

Auch die Verletzung Tascis hat bei der Entscheidung des Vereins eine Rolle gespielt. Der Verteidiger hat sich vor dem ersten Bundesligaspiel am Meniskus lädiert und sich anschließend gegen den Rat der Vereinsärzte, die eine Arthroskopie empfahlen, für eine konservative Behandlung entschieden. Beim VfB ging man zuletzt davon aus, dass Tasci vor Weihnachten womöglich gar nicht mehr einsatzbereit gewesen wäre. Jetzt, so hieß es daher, sei die letzte Gelegenheit gewesen, noch eine Ablöse für das Eigengewächs zu erzielen, dessen Vertrag am Saisonende ausgelaufen wäre.

„Wir wünschen Serdar auf seinem weiteren Weg alles Gute und hoffen, dass dieser so erfolgreich verläuft wie bei uns“, sagt der VfB-Manager Fredi Bobic: „Er hat sich in seiner Zeit für den Verein verdient gemacht und sich immer voll mit dem VfB identifiziert. Nach vielen Jahren möchte er nun Erfahrungen im Ausland sammeln.“

Brasilianer Vilson soll Tasci ersetzen

Ein Ersatz für Tasci steht schon bereit. Wenn alles klappt, wird es der Brasilianer Vilson (25) vom Zweitligisten SE Palmeiras aus São Paulo sein. In seiner Heimat wird der Transfer bereits als perfekt vermeldet, wie es heißt, sei die Ablösesumme auf 225 000 Euro festgeschrieben. Der VfB wollte das gestern nicht bestätigen, doch waren die Berater des Spielers im Vereinsheim, um letzte Verhandlungen zu führen.

Schon länger beobachtet der VfB Vilson, zuletzt in einem Pokalspiel, in dem der 1,89-Meter-Mann den 1:0-Siegtreffer erzielt hat. Er gilt als kopfballstark und passsicher und kann nicht nur in der Innenverteidigung, sondern auch im zentralen defensiven Mittelfeld spielen. Als erklärter Förderer des Nachwuchses will Thomas Schneider zwar auch weiterhin Antonio Rüdiger und Benedikt Röcker vertrauen und sagt: „Wir sind bereit, ihnen die Möglichkeit zu geben, sich zu entwickeln.“ Doch fügte er schon vor dem Tasci-Verkauf hinzu: „Wenn wir einen neuen Spieler mit absoluter Topqualität zum VfB holen können, begrüße ich das zu jedem Zeitpunkt.“