Der VfB Stuttgart offenbart bei der 0:3-Niederlage gegen Borussia Dortmund wieder all seine Schwächen. Dennoch erhält der Trainer Jürgen Kramny vor dem Schlüsselspiel am nächsten Montag in Bremen eine Jobgarantie – über die Saison hinaus.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Jürgen Kramny hat keine Sekunde gezögert. Er hat auch keine Zeit verloren. Unmittelbar nach dem Schlusspfiff schritt der Trainer des VfB Stuttgart energisch auf den Platz. Jeden seiner Spieler suchte er auf, jeden Einzelnen begann er sofort aufzurichten. „Kopf hoch! Brust raus!“ Das ist Kramnys Ansage nach dem enttäuschenden 0:3 gegen Borussia Dortmund gewesen. Und wer es von den frustrierten Fußballern nicht gleich kapierte, der bekam Kramnys Kraft zu spüren.

 

Mit Körperkontakt hat der Coach zunächst versucht, dieses Häufchen Elend wieder in so etwas wie eine Mannschaft zu verwandeln. Mit einer Ansprache in der Kabine nach der Begegnung im ausverkauften Stuttgarter Stadion hat Kramny weitergemacht. Alle sollen sich auf das gemeinsame Ziel besinnen. Weshalb es weitere Appelle an den Zusammenhalt, das Herz und die Seele gab. Und der 44-Jährige signalisiert vor allem eines: Kampfbereitschaft.

„Ich bin derjenige, der vorangeht“, sagt Kramny, „ich bin auch derjenige, der im Wind steht.“ Ganz gleich woher er kommt und wie stark er auch sein mag. Und es ist davon auszugehen, dass am nächsten Montag den Stuttgartern der Wind an der Weser eisig ins Gesicht bläst. Um 20.15 Uhr wird dann das Kellerduell zwischen den taumelnden Traditionsvereinen Werder Bremen und VfB Stuttgart angepfiffen. Ein Schlüsselspiel, vielleicht sogar das Schlüsselspiel im Abstiegskampf. „Von der mentalen Seite wird das eine brutale Nummer“, ahnt der Kapitän Christian Gentner.

Manager Dutt bleibt unerschütterlich

Zumal wenn man bedenkt, wie trist, wie mutlos, wie blutarm sich der VfB gegen – zugegebenermaßen – starke Dortmunder gezeigt hat. Am Ende waren die Stuttgarter als Mannschaft kaum noch wahrnehmbar, und von Anfang an schien es so, als simulierten sie das Rennen um den Verbleib in der Liga nur. Denn ohne vehementen Körpereinsatz und mit Ballettschuhen wird auch der VfB nicht durch den Abstiegssumpf kommen. Dafür steckt er als Tabellen-15. zu tief drin.

All das hat auch Robin Dutt registriert. All das will der Manager aber hinter sich lassen. Gemäß dem Motto: Was interessiert mich der BVB-Kick? Es zählt nur das Bremen-Spiel! „Wir müssen mit positiven Gedanken und positiven Emotionen in diese Partie gehen“, sagt Dutt. Weshalb der Manager keinen Raum für Selbstzweifel zulässt und sich daran gemacht hat, an der Mercedesstraße ein Gebäude aus Zuversicht und Optimismus aufzutürmen, das nicht an ein Kartenhaus erinnern soll.

Zum Fundament gehört für den Sportvorstand das Vertrauen in den Trainer. „Jürgen Kramny wird in Bremen auf der Bank sitzen, in den dann verbleibenden Saisonspielen und auch in der nächsten Saison“, sagt Dutt. Zudem baut er auch auf die Kraft der Wiederholung: Wie im vergangenen Jahr soll es laufen – als der VfB nach der bitteren 2:3-Niederlage auf Schalke sich schon als Absteiger fühlte und Dutt in seinem Glauben an die Wende zum Guten dennoch unerschütterlich blieb.

Der Vergleich zum Endspurt 2015

Drei Spiele blieben damals noch, drei Siege benötigte der VfB in der Endabrechnung – und dreimal wurde gewonnen. Nur: diesmal spricht der Trend deutlicher gegen die Stuttgarter – in erster Linie der Trend der individuellen Leistungskurven. Im Saisonendspurt 2015 kam der Mittelstürmer Daniel Ginczek auf, der Spielmacher Daniel Didavi erblühte und ein Filip Kostic zeigte, was in ihm steckt. Jetzt dagegen fällt es schwer, einen Profi in den VfB-Reihen zu finden, der sich wenigstens in Normalform befindet. Zumal es einer allein ohnehin nicht richten kann.

Doch wie weit der VfB auf dem Rasen von mannschaftlicher Geschlossenheit und taktischer Kompaktheit entfernt ist, offenbarte sich gegen den BVB schonungslos. Natürlich, weil ein feiner Fußballer wie Henrikh Mkhitaryan die sich bietenden Räume federleicht zu nutzen weiß und so die beiden ersten Tore durch Shinji Kagawa (21.) und Christian Pulisic (45.) vorbereitete, ehe er selbst traf (56.). Aber der Gästecoach Thomas Tuchel kam auch in den Genuss die „Top-Teamleistung“ zu loben und das „leidenschaftliche Verteidigen“ zu preisen.

Das alles stand im krassen Gegensatz zum VfB, der sich mit seinem Alibifußball an den Abgrund zur Zweitklassigkeit manövriert hat. Exemplarisch festzumachen an einem Florian Klein, der als Rechtsverteidiger keine Zweikämpfe sucht, sondern sich in eine Beobachterrolle zurückzieht. Festzumachen auch an einem Daniel Didavi, der nicht bereit ist, konsequent Wege nach hinten zu gehen und spielt, als schone er sich für den VfL Wolfsburg. Oder an Timo Werner, der an Sokratis zerschellte.

Wieder keine Gelbe Karte für den VfB

Oder, oder, oder. Vor allem die beiden letzten Spiele in Augsburg und gegen Dortmund bieten nicht nur den VfB-Anhängern ausreichend Gründe, sich ernsthaft Sorgen um ihren Lieblingsverein zu machen. In beiden Spielen schafften es die Stuttgarter auch, sich nicht eine Gelbe Karte einzuhandeln. Dabei waren sie beim fulminanten Rückrundenstart in dieser Statistik spitze.

„Na und?“, ist Dutts Haltung zu all den Problemen. Denn er ist bereit, nicht nur dem Trainer bedingungslos zu vertrauen, sondern ebenso der Mannschaft. „Weil sie es einfach kann“, sagt der Manager. Jetzt muss sie es gemeinsam mit Jürgen Kramny nur noch dreimal beweisen.

VfB Stuttgart - Bundesliga

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