Der VfB Stuttgart ist in der Fußball-Bundesliga auf Tabellenplatz 17 abgerutscht. In den nächsten Spielen gegen Hamburg und Nürnberg geht es bereits um sehr viel. Marko Schumacher analysiert, wo der VfB im Abstiegskampf aktuell steht – und warum.

Stuttgart - Sonntag war im Hause Bobic Fernsehtag. Nachmittags um halb vier machte es sich der Hausherr auf dem Sofa bequem – und als er sich vier Stunden später wieder erhob, war genau das passiert, was nicht passieren durfte. Erst hatte Fredi Bobic mitansehen müssen, wie der Hamburger SV mit 2:1 gegen den 1. FC Nürnberg gewann; anschließend verfolgte er den 4:1-Sieg des SC Freiburg bei Eintracht Frankfurt. Der VfB-Manager brauchte hinterher nicht darauf zu warten, bis die aktualisierte Bundesligatabelle eingeblendet wurde. Er wusste auch so: sein Verein ist von Hamburg und Freiburg überholt und auf Platz 17 durchgereicht worden.

 

Die Alarmglocken schrillen beim VfB Stuttgart nun noch lauter als zuvor. Erstmals seit dem dritten Spieltag rangieren die Schwaben wieder auf einem Abstiegsplatz. Noch nie in ihrer Bundesligageschichte waren sie neun Spieltage vor Saisonende Vorletzter – nicht einmal in der Abstiegssaison 1974/1975, als sie zu diesem Zeitpunkt auf Rang 16 lagen. Kurzum: die Situation des stolzen Traditionsvereins im Kampf gegen den Absturz in die zweite Liga gewinnt auch unter dem neuen Trainer Huub Stevens scheinbar unaufhaltsam an Dramatik.

Bobic trägt die Verantwortung

Als Sportvorstand trägt Fredi Bobic die Verantwortung dafür, dass es so weit gekommen ist. Zu seinen Stärken aber gehört es, die Ruhe zu bewahren, wenn um ihn herum die große Panik ausbricht. Also sieht er auch nach dem missratenen Fernsehsonntag keinen Grund, über die Maßen nervös zu werden. Kurzerhand hat der Manager die Konsequenzen der beiden Ergebnisse in seinem Sinne umgedeutet: Entscheidend sei nicht, dass der VfB von der Konkurrenz vorübergehend überflügelt worden sei. „Man kann es auch so sehen: die Mannschaften am Tabellenende sind enger zusammengerückt.“

Tatsächlich: so gähnend langweilig seit Monaten das längst entschiedene Meisterschaftsrennen ist, so dramatisch könnte in den nächsten Wochen der Abstiegskampf werden. Nur fünf Punkte liegen zwischen dem VfB (21) auf Platz 17 und Eintracht Frankfurt (26) auf Platz 13. Auch Werder Bremen, Hannover 96 und die TSG Hoffenheim (jeweils 29) sollten lieber noch nicht an den Sommerurlaub denken. Die halbe Bundesliga ringt demnach um den Klassenverbleib – und Fredi Bobic weiß aus Erfahrung: „Am Ende einer Saison passieren häufig die verrücktesten Dinge.“

So grausam kann Fußball sein

Damit ist es bereits losgegangen. Die beiden Kellerduelle am Sonntag haben gezeigt, dass der Abstiegskampf meist reine Nervensache ist: Hamburg gewann auch deshalb, weil der Nürnberger Mike Frantz den Ball völlig unbedrängt ins eigene Tor stolperte. Und Frankfurt verlor gegen Freiburg, obwohl die Eintracht die eindeutig bessere Mannschaft war. Eine halbe Stunde lang hatte sie das Gästetor berannt und sich Chance um Chance erarbeitet – dann traf der frühere Stuttgarter Julian Schuster per Fallrückzieher (!) zum 1:0 für Freiburg. Sechs Versuche reichten dem Sportclub am Ende, um vier Tore zu schießen, während die Eintracht trotz 64 Prozent Ballbesitz und 26 Torschüssen mit leeren Händen dastand. Das Ergebnis sei „ein absoluter Witz“, sagte der Frankfurter Trainer Armin Veh – und kam wieder einmal zu dem Fazit: „So grausam kann Fußball sein.“

Schon öfter in dieser Saison haben sie sich das auch beim VfB gedacht. Vergebene Chancen, verschossene Elfmeter und haarsträubende Gegentore haben mit dazu geführt, dass die Stuttgarter nun mit dem Rücken zur Wand stehen. In Bremen kam alles drei zusammen. Deshalb blieb trotz ordentlicher Leistung nur ein Punkt übrig, der nicht weiterhilft. „Ordentlich reicht jetzt nicht mehr“, sagt Fredi Bobic, „wir müssen in den nächsten Spielen sehr gut sein.“

Dortmund, Freiburg, Gladbach, Schalke, Hannover, Wolfsburg, Bayern – das sind die letzten sieben Gegner des VfB in dieser Saison. „Besonders wichtig“, das weiß auch Bobic, sind aber die nächsten zwei Spiele gegen die direkten Abstiegskonkurrenten aus Hamburg und Nürnberg. Werden auch diese nicht gewonnen, dann könnte der VfB das rettende Ufer bereits frühzeitig aus den Augen verlieren. Der Manager sagt: „Wir brauchen unbedingt Siege.“

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