Die sechsstündige Mitgliederversammlung des VfB Stuttgart in der Porsche-Arena wird von vielen Misstönen begleitet. Während der neue VfB-Coach Armin Veh gefeiert wird, wird Manager Fredi Bobic massiv attackiert.

Stuttgart - Die gute Nachricht verkündet Bernd Wahler ganz am Anfang. „Wir haben den FC Bayern überholt“, ruft der VfB-Präsident, „wir sind die Nummer eins in Deutschland.“ Dummerweise ist es nur die Rangliste der Schiedsrichter, in der die Stuttgarter an der Spitze liegen – kein Verein hat mehr aktive Unparteiische in seinen Reihen als der VfB.

 

Sportlich jedoch hat der Verein mit dem roten Brustring und dem alten Wappen nicht nur den Rekordmeister aus München aus den Augen verloren. Auch viele andere Clubs sind am VfB in den vergangenen Jahren vorbeigezogen, beinahe wären die Stuttgarter im Mai aus der Bundesliga abgestiegen. Und so wird die sechsstündige Mitgliederversammlung in der Porsche-Arena von vielen Misstönen begleitet.

Tiefes Misstrauen gegenüber der VfB-Führung

Der neue Aufsichtsrat, dem künftig der Kärcher-Chef Hartmut Jenner, der Daimler-Vorstand Wilfried Porth und Martin Schäfer, der Vertriebschef von Würth, als neue Mitglieder angehören, wird nur mit 70 Prozent der Stimmen gewählt. Und dem alten Kontrollgremium um den Aufsichtsratschef Joachim Schmidt verweigert die Mehrheit der Mitglieder sogar die Entlastung. Tief ist also noch immer das Misstrauen gegenüber der VfB-Führung. Keine gute Ausgangslage für die geplante Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung, über die im Frühjahr abgestimmt werden soll und die Bernd Wahler für „zwingend nötig“ hält, um die ewige Krise zu beenden.

Die Vergangenheit ist trübe, darauf blickt der Präsident vor knapp 2000 Mitgliedern zu Beginn des Abends zurück. Die vergangene Saison sei „mehr als unerfreulich“ gewesen, nur ganz knapp habe man „den Super-GAU vermeiden“ können. Intensiv seien das völlig missratene Jahr und die Gründe für die atemberaubende Talfahrt analysiert worden, berichtet Wahler: „Alle Beteiligten wissen jetzt: wir stehen mehr denn je in der Pflicht.“

Bobic gibt den selbstkritischen, demütigen Büßer

Das gilt vor allem für Fredi Bobic, der nach dem Präsidenten ans Mikro tritt. Der Manager gilt beim Anhang als Hauptverantwortlicher für die Negativentwicklung in den vergangenen Jahren. Mit einigen Unmutsäußerungen ist er empfangen worden. Weiteres Ungemach bleibt – freilich nur vorerst – aus, weil Bobic das einzig Sinnvolle tut: er schlüpft in die ungewohnte Rolle des kleinlauten, selbstkritischen und demütigen Büßers.

„Ich kann nur sagen: die vergangene Saison war katastrophal, niederschmetternd, sie hat uns alle leiden lassen.“ Auf die schnell verflogene Aufbruchsstimmung, auf zwei Trainerwechsel und viele eigene Fehler blickt Bobic zurück. Er sei „sehr naiv gewesen“ und habe die Dinge „zu lange laufen lassen“. Er habe sich „ in zu viele Aufgaben verstrickt“ und dabei „viel Zeit vergeudet“, er sei „nicht mehr nah genug an der Mannschaft gewesen“. Keine Ausrede solle das sein, er wolle kein Mitleid: „Das geht klar auf meine Kappe, ich trage die Verantwortung und möchte daraus lernen.“

Bobic kündigt Neuzugänge an

Vor kritischen Äußerungen vieler Vereinsmitglieder bewahrt das Schuldeingeständnis den Manager freilich nicht. Massiv wird er während der Generaldebatte attackiert. Dass er sich am Kader der Vorsaison messen lasse, an diese Aussage wird Fredi Bobic immer wieder erinnert. „Fakt ist: der Kader war besser als Tabellenplatz 15“, sagt er, das hätte ihm auch Huub Stevens bestätigt. Nun wolle Bobic beweisen, dass er es besser kann. Weitere Neuzugänge kündigt er an („Wir arbeiten intensiv daran, die nächsten Transfers zu realisieren“), verspricht, dass Antonio Rüdiger nicht verkauft werde – und wehrt sich vehement gegen den Vorwurf, nicht die nötige Kompetenz zu haben: „Glauben Sie, Armin Veh wäre zurück nach Stuttgart gekommen, wenn ich nichts könnte?“

Vor allem mit dem neuen Trainer verknüpft die VfB-Familie die Hoffnung auf bessere Zeiten. Armin Veh bekommt bei seiner Rückkehr (genau wie der alte und neue Nachwuchschef Rainer Adrion) donnernden Applaus, als er zusammen mit dem Mannschaftskapitän Christian Gentner das Podium betritt. Noch einmal beteuert der Meistertrainer des Jahres 2007, dass er kein anderes Angebot angenommen hätte. Denn: „Wenn du weg bist, schätzt du noch mehr, was du einst gehabt hast.“

Dieses Video zeigt ein Statement von Armin Veh: