Der Stuttgarter Manager Robin Dutt plant die Zukunft, während die Mannschaft nach der 1:3-Niederlage im Viertelfinale des DFB-Pokals viel Lob vom Gegner erhält.

Stuttgart - Normalerweise ist es im Fußball überhaupt kein gutes Zeichen, wenn der Verlierer vom Sieger hinterher auch noch gelobt wird. Denn das bedeutet meistens, dass die unterlegene Mannschaft dem Gegner zuvor auf dem Platz nicht wirklich wehgetan hat. Und wie ist es jetzt in diesem vorliegenden Fall?

 

Durch ein 1:3 gegen Borussia Dortmund scheidet der VfB im Viertelfinale des DFB-Pokals aus, aber Thomas Tuchel hört anschließend gar nicht mehr auf, von den Stuttgartern zu schwärmen. „Wir wussten ja, wie stark der VfB momentan ist und wie emotional er spielen kann. Deshalb mussten wir absolut an unsere Grenzen gehen“, sagt der Trainer der Borussia im Presseraum der Mercedes-Benz-Arena – und ein paar Meter weiter in der Mixedzone klingen die Stellungnahmen der Dortmunder Delegation dann ganz ähnlich.

Der Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke erklärt, „dass uns der VfB eine Schlacht geliefert hat“, der Nationalverteidiger Mats Hummels meint, „dass der VfB über eine enorme individuelle Qualität verfügt und diese auch einsetzt“, und sein Kollege Ilkay Gündogan ergänzt: „Der VfB gehört in der Liga nicht in die Tabellenregionen, in denen er sich gerade befindet.“ In diesem Sinne: danke, BVB, das war’s. Oder anders ausgedrückt: alles schon mal da gewesen.

Jürgen Kramny kann das Lob richtig einschätzen

Wenn der VfB in der Hinrunde unter dem alten Trainer Alexander Zorniger nach dem Schlusspfiff mal wieder mit leeren Händen nach Hause gefahren ist, formulierte die Gegenseite in aller Regel sinngemäß die gleichen schönen Sätze wie am Dienstagabend die Vertreter der Borussia. Aber einen Unterschied gibt es dann doch. Während Zorniger solche Hymnen runtergegangen sind wie Öl, schätzt sein Nachfolger Jürgen Kramny das offensichtlich anders ein. „Die Dortmunder sind einfach glücklich, dass sie im Halbfinale sind“, sagt er, „und für uns heißt es, genauso weiterzumachen wie in den letzten Wochen.“ Punkt.

Inzwischen hat der VfB mit vier Erfolgen nacheinander einen Weg eingeschlagen, der den Club ein bisschen aufatmen lässt. In der Liga verbesserte sich die Elf seit dem Amtsantritt von Kramny im November von Platz 16 auf Rang zwölf. Der Abstand zu den beiden direkten Abstiegsplätzen beträgt immerhin bereits zehn Punkte. Damit ist eine positive Entwicklung eingetreten, aber Kramny weiß, dass es nun darauf ankommen wird, den Kurs fortzusetzen – auch über die laufende Saison hinaus.

In dieser Beziehung könnte der VfB jetzt zur Abwechslung einfach mal schnell die Borussia loben, die es mit ihrer geschickten Personalpolitik in den vergangenen Jahren geschafft hat, sich in Deutschland als Nummer zwei hinter dem FC Bayern festzusetzen. Natürlich hat Robin Dutt das auch registriert. Als Stuttgarter Sportvorstand steht er vor der Aufgabe, die neue Runde so vorzubereiten, dass der Verein für Bewegungsspiele wieder eine bessere Perspektive hat als zuletzt. Einfach wird das vermutlich nicht.

So muss sich Dutt darauf einstellen, dass Daniel Didavi (25) im Sommer ablösefrei wechselt – nach Leverkusen oder Wolfsburg? Wie wertvoll der Regisseur ist, zeigte die Partie gegen Dortmund wieder einmal. 45 Minuten lang war er schwach, wie der VfB. Dann wurde Didavi stärker – und der VfB auch. Ein direkter Zusammenhang ist demnach nicht ausgeschlossen – und das Problem von Dutt lautet, wie dieser Spieler zu ersetzen ist, zumal der Manager nur wenig Geld für Einkäufe in seiner Kasse hat.

Die Kernfragen von Robin Dutt

Also bedarf es innovativer Ideen. Die Voraussetzungen dafür will Dutt schaffen, indem er seine Profiabteilung enger mit der Jugend und dem Scouting verknüpft. So hat es auch die Borussia schon vor längerer Zeit vorgemacht. Wie soll der Kader zusammengestellt sein? Welche Art von Fußball ist angesagt? Wie viele eigene Talente sollen zum Aufgebot gehören? Das sind dann als Folge die zentralen Fragen für Dutt.

Die Dortmunder Antworten waren am Dienstag auf dem Feld zu besichtigen, doch auch beim VfB gibt es zumindest wieder positive Ansätze. Eine sichere Lösung für die Zukunft kann Dutt trotzdem nicht versprechen. Klar ist ihm nur, „dass unsere Fans immer sowohl einen Balakov als auch einen Kuranyi in der Mannschaft erwarten“ – also einen internationalen Star und einen Hoffnungsträger aus dem eigenen Revier. Denn obwohl man zuletzt von Clubs wie Mainz oder Augsburg in der Tabelle überflügelt wurde, sei der VfB kein Ausbildungsverein, sagt Dutt: „Dafür sind wir zu groß, aber wir sind ein Verein, bei dem die Ausbildung die wichtigste Rolle besetzt“.

So will sich der VfB auf dem hart umkämpften Markt positionieren. Dabei hilft, dass er allem Anschein nach bei seiner Suche nach einer Identität langsam Fortschritte macht. Dutt sagt: „Wir sind dabei zu analysieren, wo wir herkommen und wo wir hinwollen.“ Am besten sicher dahin, wo die Borussia ist. In diesem Fall kann man dem Gegner nach einem Sieg ruhig auch mal zur Niederlage gratulieren. „Bei diesem sehr, sehr starken VfB zu gewinnen., ist ganz oben anzusiedeln – das ist für mich top“, sagt Tuchel am Ende dann noch.