Der VfB Stuttgart hat seinen Derbysieg im Halbfinale des DFB-Pokals frenetisch gefeiert. Das ganze Stadion schien zu schreien: „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“. Und ein tolles Pokalderby war das 2:1 gegen Freiburg obendrauf.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Alexandru Maxim und Antonio Rüdiger steigen auf das Absperrgitter und jubeln mit den Fans. Bruno Labbadia ballt die Faust. „Das ist ein toller Verein“, sagt der Trainer. Vedad Ibisevic strahlt mit Martin Harnik. Georg Niedermeier schwenkt daneben ein weißes Leibchen. Und die Anhänger rufen begeistert: „Berlin, Berlin – wir fahren nach Berlin.“ So sieht es aus, wenn der VfB Stuttgart ins deutsche Pokalfinale 2013 einzieht.

 

2:1 – in Großbuchstaben leuchten die Zahlen auf der Videotafel in der Mercedes-Benz-Arena auf. Mit diesem Ergebnis hat die Mannschaft gerade den SC Freiburg nach Hause geschickt. Jetzt hat der VfB die Möglichkeit, den Pott zum vierten Mal nach 1954, 1958 und 1997 in die Stadt zu holen. Allerdings wartet im Endspiel am 1. Juni in Berlin eine anspruchsvolle Aufgabe – der Gegner heißt FC Bayern München.

Das erste Finale seit 2007

Zum bisher letzten Mal stand der VfB im Meisterjahr 2007 im Pokalfinale, als er durch eine 2:3-Niederlage nach Verlängerung gegen Nürnberg die historische Chance verpasste, das Double zu gewinnen. Im Gegensatz zu damals absolviert der Club aktuell eine ernüchternde Bundesligasaison. Diesen Eindruck konnte der VfB jetzt jedoch durch die Finalteilnahme im Pokal, die eine Nettoeinnahme von rund 1,5 Millionen Euro in die Kasse spülen wird, etwas korrigieren. Zudem hat sich das Team dadurch für die Europa League qualifiziert, weil der FC Bayern als Meister in der Champions League antreten wird.

Nach dem Losglück in den vergangenen Runden mit den Heimspielen gegen die Zweitligisten St. Pauli, Köln und Bochum war Freiburg der erste Pokalgegner auf Augenhöhe oder sogar etwas darüber, da die Elf aus dem Breisgau in der Bundesliga den fünften Tabellenplatz belegt. Der VfB rangiert nur auf Rang zwölf, aber immerhin war zuletzt am Sonntag ein 2:0-Sieg gegen Mönchengladbach gelungen. Labbadia vertraute der gleichen Mannschaft wie gegen die Borussia, nachdem die Achillessehnenverletzung von Serdar Tasci einen Einsatz des Kapitäns erneut verhinderte. Vor der Partie richteten die Spieler im Stadionheft dann noch einen Appell an die Fans mit der Bitte um Unterstützung, um das große Ziel Berlin zu erreichen. Damit war alles angerichtet für ein Fußballfest.

Ein offener Schlagabtausch

Die Stimmung auf den Rängen war fast schon euphorisch, zumal der VfB furios begann. Martin Harnik tauchte gleich zweimal in aussichtsreicher Position vor dem Freiburger Gehäuse auf, aber beim ersten Mal verzog er den Ball (3.) und danach scheiterte er an dem Torhüter Oliver Baumann (5.). Die Mannschaft trumpfte wie entfesselt auf – gerade so, als wolle sie in einem einzigen Spiel alle Tiefen dieser Saison vergessen machen. Der Lohn stellte sich nach neun Minuten ein, als Arthur Boka einen Pass von Ibrahima Traoré zur Führung nutzte.

Im Anschluss entwickelte sich eine emotionsgeladene Partie, in die auch Freiburg besser hineinfand. Aber der Ausgleich war ein Geschenk des VfB, der sich von seinem Gegner übertölpeln ließ. Am Ende war Jan Rosenthal mit Ball schneller als Boka ohne Ball und vollendete zum 1:1 (14.).

Konfuse Abwehr, starker Angriff

Diese Szene war bezeichnend für das Geschehen. Auf beiden Seiten wirkten die Abwehrreihen reichlich unstrukturiert, während die Offensivabteilungen überzeugten – wie in der 28. Minute, als Harnik nach einer Freiburger Konfusion im eigenen Strafraum mit seiner bereits dritten Gelegenheit das 2:1 erzielte.

Es war ein offener Schlagabtausch, wobei sich die VfB-Fans und die VfB-Spieler gegenseitig anfeuerten. Jedoch schaffte es kein Team, sich entscheidende Vorteile zu erarbeiten. Die Stuttgarter agierten indes etwas aggressiver und hatten mehr Chancen. Christian Gentner (50.), Vedad Ibisevic (53.), Antonio Rüdiger (61.) und Harnik (86.) scheiterten. Doch auch die Gäste waren fast jedes Mal gefährlich, wenn sie ihre Angriffe in die Nähe des Strafraums brachten. So köpfte Matthias Ginter vorbei (52.).

Allerdings ließ das Tempo beim VfB im weiteren Verlauf nach – auch eine Folge des Kräfteschwunds im bereits 46. Pflichtspiel in dieser Saison. Sven Ulreich rettete gegen Max Kruse (70.). Der Freiburger Trainer Christian Streich trieb seine Mannschaft von der Seitenlinie aus nach vorne. Der VfB wankte, aber er fiel nicht. Er steht im Finale. „Wir können alles, auch Berlin“ – so lautete dann die letzte Botschaft des Abends, die auf den T-Shirts prangte, die sich die Spieler nach dem Abpfiff überstülpten.

Stimmen zum Spiel

Bruno Labbadia (VfB-Trainer): Die Mannschaft hat gekämpft bis zum Umfallen. Sie hat gezeigt, wie gut sie das ganze Jahr gearbeitet hat. Ich bin mit der Berichterstattung nicht immer zufrieden gewesen, dabei sind wir zweimal in die Europa League eingezogen – aber man hat das Gefühl: es ist alles nur Dreck. Fredi Bobic und ich können für die Probleme nichts, wir baden sie aus.

Fredi Bobic (VfB-Manager): Der Sieg bedeutet unheimlich viel für uns, das war ein wahnsinnig schöner Abend. Beide Mannschaften haben sich einiges abverlangt. Unsere Jungs sollen es jetzt genießen, sie haben es sich verdient. Unser Finalgegner Bayern München hat gestern was aufs Parket gezaubert, so dass einem Angst und Bange werden kann. Aber Sensationen gibt es immer wieder im Fußball.

Martin Harnik (Torschütze): Tor ist Tor – das war aber das wichtigste, das ich bisher für den VfB geschossen habe. Ich grätsche den Trainer um, wenn er uns morgen nicht frei gibt, dann können wir heute ein bisschen feiern.

Christian Gentner (Kapitän): Ich könnte heute im Stadion übernachten – wir haben heute alles reingehauen, was geht.

Aufstellungen und Torschützen

VfB Stuttgart - SC Freiburg 2:1 (2:1)

VfB Stuttgart: Ulreich - Sakai, Rüdiger, Niedermeier, Molinaro - Gentner, Boka - Harnik, Maxim (90.+2 Holzhauser), Traoré (87. Okazaki) - Ibisevic SC Freiburg: Baumann - Mujdza, Krmas, Diagne, Sorg (58. Santini) - Ginter, Schuster - Schmid, Caligiuri (84. Makiadi) - Rosenthal, Kruse

Schiedsrichter: Meyer (Burgdorf) - Zuschauer: 59 000 (ausverkauft) Tore: 1:0 Boka (9.), 1:1 Rosenthal (14.), 2:1 Harnik (28.) Gelbe Karten: Boka, Molinaro, Niedermeier / Diagne, Mujdza Beste Spieler: Gentner, Boka / Rosenthal, Kruse