Der Wechsel hat bei Hannes Wolf System: Wie der Trainer dem VfB-Team Flexibilität beibringt.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Vertrauen ist ja bekanntlich der Anfang von allem. „Wir sind froh, dass die Mannschaft die Ideen, die wir präsentieren, so gut annimmt“, sagt daher der VfB-Trainer Hannes Wolf, der in Abstimmung mit seinem Assistenten Miguel Moreira seinem Team taktisch zuletzt so einiges abverlangt hat. „Wenn wir alles beim Alten lassen würden, hätten wir ja nicht kommen müssen“, ergänzt der Chef vor dem Duell mit dem 1. FC Nürnberg an diesem Montag (20.15 Uhr/Sport 1). Beim 1:1 am vergangenen Sonntag bei Union Berlin hatte der 35-Jährige seine Defensive erstmals in der Drucksituation des Pflichtspielalltags mit einer neuen Aufgabe betraut: So lief der VfB hinten mit Benjamin Pavard, Timo Baumgartl sowie Marcin Kaminski mit einer Dreierkette auf.

 

Durch die beiden Außen Florian Klein und Emiliano Insua, die sonst ihre Arbeit im Mittelfeld verrichteten, ließ sich die Abwehr problemlos zu einem Fünferriegel erweitern. „Das war echt ein krasser Input“, sagt Wolf zu der Größe der Aufgabe, die seine Profis an der Alten Försterei gut umsetzten. Schließlich will man beim VfB mit der Zeit gehen. Und da ist die Dreierkette, sei es in der deutschen Nationalelf oder beim FC Bayern, eindeutig auf dem Vormarsch.

Baumgartl übernimmt die Rolle als Abwehrchef

Vor allem der Blondschopf Baumgartl nahm die Rolle des Mittelmanns der Dreierkette sehr gut an. Durch verbale Kommandos, aber auch durch Handzeichen dirigierte der frisch gekürte U-21-Nationalspieler als Abwehrchef seine Nebenleute, von denen Pavard mit einem starken Kopfballspiel, mit seiner Athletik und einem guten Auge auf der rechten Seite besser zurechtkam als Marcin Kaminski links. Denn der zuweilen etwas staksig wirkende Pole ließ sich mehrfach überlaufen.

Seine taktische Flexibilität ist allerdings das große Plus von Kaminski, einem gelernten Innenverteidiger von Lech Posen, der zu Beginn der Saison unter dem Wolf-Vorgänger Jos Luhukay komplett außen vor war. So agierte der 24-Jährige in seinem ersten Pflichtspiel für den VfB beim Karlsruher SC eine Hälfte lang im defensiven Mittelfeld in Wolfs bevorzugtem taktischem System, dem 4-1-4-1, ehe er in das Abwehrzentrum wechselte. Flexibler einsetzbar als Kaminski ist beim VfB nur noch der Ex-Dortmunder Kevin Großkreutz, der schon hinten rechts verteidigte, ehe er etwa beim 2:0-Sieg gegen den Tabellenführer Eintracht Braunschweig vorne links als Torschütze glänzte.

Drei Kriterien für die Aufstellung

„Meine Aufstellung leitet sich meist aus drei Kriterien ab“, sagt Wolf: „Was lief im letzten Spiel gut, was schlecht, was bietet der Gegner an – und wie waren die Trainingsleistungen meiner Spieler.“ Um taktisch variabel agieren zu können, besitzt sein Team aber ein festes Gerüst. „Wir wollen auch Sicherheit haben“, sagt Wolf: „Das ist mindestens genauso wichtig.“ Die Achse bilden der Torhüter Mitch Langerak mit Baumgartl, dem Kapitän Christian Gentner sowie dem Stürmer Simon Terodde. Sind diese vier gesund, sind sie gesetzt. Auch gegen den 1. FC Nürnberg an diesem Montag (20.15 Uhr/Sport 1).

Während beim Unentschieden in Berlin mehr die mangelhafte Effizienz im Torabschluss sowie der fehlende letzte Biss einen Sieg verhinderten, ging in dieser Runde aber auch taktisch schon der Schuss nach hinten los: etwa beim 0:5 in Dresden, als Wolf den kleinen Dribbler Carlos Mané in Abwesenheit der verletzten Torjäger Terodde und Daniel Ginczek als einzige Spitze aufbot. Während der Portugiese überhaupt keine Bindung zum Stuttgarter Spiel fand, ging es auch hinten drunter und drüber. Für Wolf war die Klatsche in seinem zweiten Spiel beim VfB gleich ein augenöffnendes Erlebnis: Einige Dinge, so lautete die Erkenntnis des jungen Coaches, sind mit seinem VfB-Kader (bislang) nicht machbar.

Auch eine Doppelspitze ist möglich

So etwa die taktische Option, es wie im Meisterjahr 2007 mit einer Mittelfeldraute und zwei Spitzen zu probieren. Denn dazu ist ein Zehner notwendig – doch in dieser Rolle verfügen die Stuttgarter in Alexandru Maxim derzeit nur über eine Teilzeitkraft. „Das ganze Thema wird mir viel zu hoch gehängt“, sagt Wolf über den verhinderten Regisseur, der zuletzt nur von der Bank kam. Während der 18 Jahre junge Berkay Özcan in seinem ersten Profijahr nach starkem Start etwas durchhängt, winkt ganz vorne eine Doppelspitze als Option.

„Ich kann mir schon vorstellen, dass wir beide spielen“, sagen Simon Terodde und Daniel Ginczek unisono. Letzterer wird beim VfB in Ruhe aufgebaut und soll nach der Winterpause voll durchstarten. Klar ist schon jetzt: Mit dem spielstarken Ginczek und dem Vollstrecker Terodde als Gespann hätte der Taktiktüftler Hannes Wolf ein Ass mehr im Ärmel. Vor dem Spiel gegen Nürnberg sagt er aber: „Taktische Varianten sind nie ein Selbstzweck. Wir machen nur das, von dem wir überzeugt sind, dass es richtig ist.“

VfB Stuttgart - 2. Bundesliga

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