Im Kellerduell gegen Bremen hat der VfB Stuttgart nach einer dominanten ersten Hälfte Führung und Spiel leichtfertig aus der Hand gegeben. Die Lage bleibt nach dem 1:1 sehr angespannt.

Stuttgart - Von der Seitenline rannte Georg Niedermeier kurz vor Schluss auf dem direkten Wege in den gegnerischen Strafraum. Innenverteidiger ist er eigentlich, doch jetzt war der Hüne nach seiner Einwechslung als Stürmer gefragt, es stand schließlich nur 1:1 im Heimspiel des VfB gegen Bremen. Ein, zwei hohe Bälle flogen noch vors Werder-Tor, dann war das Spiel aber schon vorbei – und auch Niedermeier verließ den Platz mit betrübter Miene.

 

Nach zuletzt drei Niederlagen mit zwölf Gegentoren hat der VfB im Kellerduell gegen Bremen zwar immerhin einen Punkt geholt – doch hilft das 1:1 (1:0) den Stuttgartern nicht wirklich weiter. Gegen Werder gaben sie nach einer dominanten ersten Hälfte die Führung und das Spiel leichtfertig aus der Hand und bleiben Tabellenvorletzter. „Wir sind alle enttäuscht, dass wir nicht gewonnen haben – aber es geht weiter“, sagte der Interimstrainer Jürgen Kramny, der auch am Freitag in Mainz auf der VfB-Bank sitzen wird (siehe auch „Das Kandidatenkarussell dreht sich“).

Die neue Marschroute von Jürgen Kramny

Kramny hatte sein Team gegen Bremen auf zwei Positionen verändert. Niedermeier musste seinen Platz wieder an Toni Sunjic abgeben. Und Serey Dié nahm nach seiner Gelbsperre wieder den Platz im zentralen defensiven Mittelfeld ein, Alexandru Maxim blieb für ihn auf der Bank. Unverändert blieb dagegen im zweiten Spiel unter Kramny die Stuttgarter Marschroute, die mit Alexander Zornigers System der aggressiven Vorwärtsverteidigung fast nichts mehr gemein hat. Kompakt stehen, abwarten, den Gegner kommen lassen – so ging der VfB auch gegen Bremen zu Werke.

Den Hanseaten überließen die Stuttgarter in der Anfangsphase das Spiel – übernahmen aber nach zehn Minuten das Kommando. Der VfB war die bessere Mannschaft und kam zu guten Torgelegenheiten. Daniel Schwaab scheiterte mit einem Flachschuss an Felix Wiedwald (11.); Timo Baumgartl köpfte am leeren Tor vorbei, nachdem sich der Werder-Torwart bei einer Flanke verschätzt hatte (15.). Und Timo Werner trat freistehend ein Luftloch, als ihm Filip Kostic den Ball von links servierte (22.). Fahrlässig ging der VfB vor 46 590 Zuschauern mit seinen Chancen um, schmerzlich wurde wieder einmal der langzeitverletzte Mittelstürmer Daniel Ginczek vermisst. Doch immerhin: die Mannschaft spielte in der ersten Hälfte ordentlich und engagiert, vollkommen anders also als beim 0:4-Debakel im letzten Heimspiel gegen Augsburg.

Bremen wird ein klarer Elfmeter verweigert

Der Lohn für die Mühen folgte in der 33. Minute: Kostic brachte den Ball erneut von links vor das Tor, wo Lukas Rupp, nicht nur in dieser Szene auffällig, entschlossen zum 1:0 traf. Es war ein sehenswerter Treffer und eine verdiente Führung – auch wenn der VfB kurz vorher gewaltiges Glück hatte: Mit einem kräftigen Tritt hatte Baumgartl im eigenen Strafraum den Werder-Stürmer Anthony Ujah zu Fall gebracht. Es war ein klarer Elfmeter – doch Schiedsrichter Florian Meyer ließ zum Entsetzen der Bremer weiterspielen.

Nicht nur in dieser Szene offenbarte die Innenverteidigung mit Baumgartl und dem unsicheren Sunjic ihre altbekannte Schwächen. Zittern musste man um den VfB, als die Bremer in der zweiten Hälfte mutiger wurden und nach vorne spielten. Mit einer Hand verhinderte zunächst Przemyslaw Tyton bei Ujahs Drehschuss den möglichen Ausgleich (59.). Zwölf Minuten später war dann aber auch der VfB-Torwart im Duell mit dem Nigerianer machtlos: Ujah staubte aus kurzer Distanz ab, nachdem ihm der Ball im Anschluss an einen abgeblockten Schuss vor die Füße gefallen war.

„Wir haben einen ganz schwierigen Weg vor uns“

So verdient in der ersten Hälfte die VfB-Führung war, so verdient war jetzt der Ausgleich, weil die Stuttgarter nach der Pause längst nicht mehr so dominant auftraten. „Wir hätten aktiver nach vorne spielen müssen“, sagte Kramny. Das tat sein Team aber erst wieder nach dem Ausgleich, kam noch zu einer guten Werner-Chance (86.) – und hatte trotzdem Glück, dass zumindest der eine Punkt heraussprang: An die Latte des VfB-Tors prallte der Schuss von Levin Öztunali (85.), der die erneute Pleite hätte besiegeln können. Für Christian Gentner war das kein Trost: „Das Ergebnis ist wahnsinnig ärgerlich, so ein Spiel musst du gewinnen“, sagte der VfB-Kapitän und blickte besorgt nach vorne: „Wir haben noch einen ganz schwierigen Weg vor uns.“