VfB-Mittelfeldspieler Timo Gebhart hat im Abstiegskampf trotz Verletzung gespielt. Doch nun tut er sich schwer, ins Team zu kommen.    

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Weil Geduld nicht zu seiner größten Stärke zählt, hat sich Timo Gebhart vor einiger Zeit über seine Fußballschuhe hergemacht.

 

Besser gesagt nahm sich der Mann mit der Irokesenfrisur pro Paar immer nur den rechten Stiefel zur Hand - und löste jeweils das weiße Stützkorsett ab, das ihm die Schuhmacherabteilung seines persönlichen Ausrüsters einst zur Stabilisierung des Sprunggelenkes sorgfältig angenäht hatte.

"Ich dachte, das geht jetzt auch ohne. Denn mit dem Korsett habe ich einen etwas anderen Schuss - und mein Fuß ist nicht ganz so beweglich", erzählt Timo Gebhart. Leider musste sich der 22-Jährige von der medizinischen Abteilung des VfB nach seiner Verletzung an der Achillessehne vom Herbst 2010, nach zwei Bänderrissen im Dezember und Januar sowie einer Operation am Sprunggelenk Ende April eines Besseren belehren lassen.

"Jeder Fußballer will auf dem Platz stehen"

"Timos Bänder sind wieder komplett in Ordnung", sagt der Teamarzt Raymond Best, "doch bei einer erneuten Attacke auf das Sprunggelenk wären die Folgen bei ihm größer als bei einem Spieler ohne Vorgeschichte." Also mussten die Spezialbandagen wieder ran an die Fußballschuhe; und bleiben dort, bis die Bänder stabiler sind.

Das hat letztlich auch Timo Gebhart eingesehen. Weil es um den Langmut des zuweilen heißblütigen Mittelfeldspielers bekanntlich aber nicht zum Besten steht, plagt den ehemaligen Münchner Löwen noch ein weiteres Problem.

"Ich weiß, dass der Trainer entscheidet. Aber jeder Fußballer will auf dem Platz stehen - und der Mannschaft im Spiel helfen", sagt der ungeduldige Gebhart, der es sehr zu seinem Missfallen in dieser Saison bisher nicht einmal in den 18-Mann-Bundesligakader geschafft hat.

Gebhart ist im Unklaren über seine Einsatzchancen

Auch beim Heimspiel gegen Leverkusen (0:1) musste der 1,82 Meter große Gebhart auf der Tribüne sitzen. "Trainingsrückstand", so lautet die offizielle Ansage beim VfB. Doch Gebhart will nicht mehr warten. "Ich bin heiß", sagt er vor dem Ligagastspiel am Freitag (20.30 Uhr) bei Hertha BSC - und hofft wenigstens auf einen Platz auf der Bank.

"Wir wissen um Timos Qualitäten - und werden die letzten Trainingseindrücke abwarten", sagt VfB-Trainer Bruno Labbadia, der den Profi topfit zurückhaben möchte. Ob am Freitag der richtige Zeitpunkt für das Comeback des gebürtigen Memmingers gekommen ist, der Anfang April beim 2:4 gegen Kaiserslautern sein vorerst letztes Bundesligaspiel bestritt?

Bruno Labbadia, dem am Dienstag 22 Feldspieler und drei Torhüter im Training zur Verfügung standen, will sich nicht in die Karten blicken lassen. "Ich konnte anhand des Trainings nicht ablesen, wie meine Chancen stehen", sagt Timo Gebhart nach der ersten von zwei Einheiten.

Gebahrt hat sich eine Auszeit bei der Familie gegönnt

Lange hat er sich in der Vorsaison trotz der Bänderrisse im Ringen um den Klassenverbleib über die Runden gequält. Gebhart verwandelte etwa beim Gastspiel in Gladbach in der 87. Minute den entscheidenden Elfmeter zum 3:2-Sieg.

Gebhart will schnell wieder auf den Platz

"Ich würde es immer wieder so machen. Das ist im Abstiegskampf das Mindeste, was ein Spieler geben kann. Schließlich hängen auch einige Arbeitsplätze an der ersten Liga dran", sagt Gebhart, der durchhielt, bis Ende April eine Operation unumgänglich war - und er unters Messer musste.

Als die Kollegen in den Urlaub fuhren, hat Gebhart daher in der Rehabilitation geschwitzt. Eine viertägige Auszeit in Memmingen bei den Eltern und den beiden Brüdern ("Die Familie ist mein Rückhalt") hat sich der 22-Jährige gegönnt, ansonsten ist er in der VfB-Reha-Welt und später auf dem Trainingsplatz am Ball geblieben.

Beim VfB spielt Gebhart vor allem außen

Doch spätestens, als er zuletzt trotz zweier Tore in den Testspielen gegen Reutlingen und Großaspach weiter auf der Tribüne saß, hat sich der rastlose Timo Gebhart schon gefragt, ob es im harten Profifußballgeschäft nicht ein wenig Dankbarkeit gibt?

Zumal es in der Offensive, seinem Metier, beim VfB zuletzt an Durchschlagskraft gefehlt hat. Vor allem der Regisseur Tamás Hajnal schwächelte ein wenig auf der Position, die Timo Gebhart selbst am liebsten bekleidet.

"Bei 1860 München und in der Junioren-Nationalelf habe ich oft den Zehner-Part gespielt", sagt der Jungprofi, der beim VfB bisher meist auf den Außenbahnen in Erscheinung getreten ist. Ob außen oder innen, das ist Gebhart aber erst einmal egal. Denn eigentlich will er vor allem schnellstmöglich zurück ins Spiel.