Seit seinem ablösefreien Wechsel vor 15 Monaten zu Hertha BSC trifft Vedad Ibisevic wieder – wobei der VfB nach wie vor mehr als die Hälfte des Gehalts für den 100-Tore-Stürmer zahlen muss. Das ändert sich erst, wenn ein neuer Vertrag in Kraft tritt.

Stuttgart - Andreas Sadlo hat gerade einen ziemlich dicht gedrängten Terminkalender. Schließlich betreut er mit der Münchner Agentur Arena 11 viele Spieler, die in der Bundesliga oder im Ausland beschäftigt sind. Bei einigen läuft der Vertrag im Sommer aus, etwa bei Daniel Caligiuri in Wolfsburg oder bei Ervin Zukanovic in Bergamo oder bei Matthias Ostrzolek in Hamburg – und auch bei Vedad Ibisevic (32) in Berlin. In diesen Fällen verhandelt Sadlo momentan konkret mit den Vereinen, wobei er hinter eine Personalie wohl bald ein Häkchen mit dem Vermerk „erledigt“ setzen kann. Denn Ibisevic dürfte beim Tabellendritten aus der Hauptstadt eventuell sogar noch vor Weihnachten um zwei Jahre bis Juni 2019 verlängern.

 

Die Weichen dafür sind gestellt. „Wir befinden uns in guten Gesprächen“, sagt Sadlo gegenüber dieser Zeitung. Mit „wir“ meint er sich selbst und den Manager Michael Preetz, mit dem in den vergangenen Tagen eine Annäherung erzielt werden konnte. Damit scheinen andere ebenfalls an Ibisevic interessierte Clubs speziell aus der reichen Liga in China aus dem Rennen. „Hertha BSC ist unser erster Ansprechpartner“, sagt Sadlo und fügt hinzu: „Wenn alle Beteiligten zufrieden sind, gibt es keinen Grund, etwas zu ändern.“ So sieht der Istzustand also aus: jeder ist glücklich. Wer hätte das vor 15 Monaten gedacht?

Wie Sauerbier auf dem Markt angeboten

Antwort: beim VfB bestimmt keiner. In Stuttgart war Ibisevic im August 2015 derart auf dem Abstellgleis gelandet, dass er nicht einmal mehr in den Testpartien während der Saisonvorbereitung zum Einsatz kam. Im Nachhinein war das keine besonders kluge Taktik. Der damalige Manager Robin Dutt und sein Trainer Alexander Zorniger boten ihren Torjäger a. D. wie Sauerbier auf dem Markt an. Los wurden sie ihn an Hertha BSC letztlich aber erst, als der VfB bereit war, auf eine Ablöse zu verzichten und weiter mehr als die Hälfte des 3,5 Millionen Euro schweren Jahresgehalts von Ibisevic zu überweisen. Diese Vereinbarung gilt noch bis zum Ende dieser Runde. Das sind unter dem Strich dann vom VfB rund vier Millionen Euro für nichts – oder besser: Geld für den Berliner Aufschwung.

Sadlo war federführend in diesen Transfer eingebunden. Von daher weiß er jedoch auch, dass Ibisevic mit seinem eher lustlosen Trainingsverhalten genauso einen Anteil an dem Bruch mit dem VfB hatte. Auf ähnliche Weise hatte er sich im Übrigen ja auch schon im Winter 2012 aus Hoffenheim in Richtung Stuttgart verabschiedet. Die Verantwortlichen im Kraichgau waren froh, als Ibisevic seine Koffer packte. Das änderte sich allerdings schnell, weil er sich beim VfB auf Anhieb zurechtfand. Aber dann wiederholte sich die Geschichte. Plötzlich war Ibisevic in der Mannschaft auf dem Wasen umstritten. Deshalb weinte man ihm auch beim VfB keine Träne nach – zunächst. Hoffenheim lässt grüßen.

Er genießt die Berliner Luft

Sadlo hat in dieser Phase vor 15 Monaten oft mit seinem Schützling geredet und dann eine Lösung gewählt, die sich als die beste herausstellte. Vom ersten Tag an genießt Ibisevic die Berliner Luft. „Er hat nochmal einen richtigen Lauf bekommen“, sagt Sadlo. Beim 2:1-Sieg am Sonntagabend gegen Mainz 05 hat er beide Tore erzielt, seine Saisontreffer sieben und acht, womit er auf dem dritten Platz der Torjägerliste liegt. Das zweite Tor gegen Mainz war zudem sein 100. Treffer in der Bundesliga überhaupt. Da gehört er jetzt zu einem Kreis von nur 50 Spielern, die das bisher geschafft haben. Und daneben ist Ibisevic nun der sechstbeste ausländische Schütze aller Zeiten – und sogar Kapitän bei der Hertha.

Das ist schon etwas, auf das er stolz sein kann. Die Bundesliga sei eine der stärksten Ligen der Welt, sagt er, „da 100 Tore zu erzielen, ist wirklich nicht leicht. Das ist eine große Zahl – und eine große Bestätigung.“ Ausbauen kann Ibisevic seine Bilanz in der nächsten Begegnung am Samstag in Wolfsburg aber nicht, weil er mit einer Gelb-Roten Karte gesperrt ist.

Er wird es verschmerzen. Wichtiger ist die Gesamtentwicklung. Ob die Leistungssteigerung bei Hertha BSC vielleicht tatsächlich nur an der Berliner Luft liegt oder womöglich doch eher an rational nachvollziehbaren Faktoren, kann Sadlo nicht einschätzen. Es passt einfach, damit will er die Analyse bewenden lassen. Er muss sich um die Geschäfte kümmern. Ibisevic braucht einen neuen Vertrag. Daran muss sich der VfB finanziell dann nicht mehr beteiligen – wenigstens das.