Beim Auswärtsspiel gegen Borussia Dortmund hat der VfB Stuttgart erstmals Fußball gespielt, wie ihn sich der Trainer Armin Veh vorstellt. Nur die späten Gegentore lassen sich nicht abstellen.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Als Armin Veh im Juli seinen Dienst beim VfB Stuttgart angetreten hat, verzichtete er darauf, die Fans mit Versprechungen einzustimmen. Vor allem vermied er es, einen Tabellenplatz als Richtgröße für den Bundesligisten vorzugeben. Eine klare Vorstellung von dem, was er bewirken will, formulierte Veh dennoch: leidenschaftlichen Fußball wolle er spielen lassen, um das Publikum zu begeistern.

 

Und nun ist die VfB-Mannschaft beim 2:2 in Dortmund erstmals diesem Veh-Fußball nahegekommen. So nahe, dass es beim Champions-League-Teilnehmer fast zum Sieg gereicht hätte. Auch so nahe, dass der BVB-Trainer Jürgen Klopp hinterher mit dem Unentschieden zufrieden war und meinte: „Meiner Mannschaft wird zurzeit einiges abverlangt. Auch der VfB hat ihr viel abverlangt und das geschickt gemacht.“

Die Borussia plagen Verletzungssorgen, und sie findet einfach noch nicht in ihren Rhythmus. So gesehen erwischt man die Dortmunder – gemessen an ihrer Qualität – selten in einer derart verletzlichen Verfassung wie am Mittwochabend. Dennoch wirkte es wie ein Widerspruch zur Realität, wie couragiert der VfB auftrat. Ausgerechnet die Mannschaft, die noch vor dem fünften Spieltag am Tabellenende stand.

Veh: Der Fehler war bitter und absolut unnötig

„Wir steigern uns“, sagt Veh, „das war auch schon zuvor gegen Hoffenheim so.“ Nur verlor die VfB-Elf gegen die Kraichgauer mit 0:2 – und führte nach zwei Toren von Daniel Didavi in Dortmund mit 2:0. Doch spätestens als nach dem Anschlusstreffer von Pierre-Emerick Aubameyang (73.) Georg Niedermeier eingewechselt wurde, war klar, dass Veh seinen Matchplan vom schnellen Umschaltspiel in eine Abwehrschlacht umgewandelt hatte. Der kantige Kämpfer sollte grätschen, köpfen und auch kratzen – alles, um diesen Vorsprung über die Zeit zu bringen.

Dennoch hat es nicht gereicht. Wieder einmal ist man geneigt zu urteilen, weil es der VfB im Jahr 2014 bisher tatsächlich geschafft hat, saisonübergreifend 25 Punkte nach Führungen zu verspielen. Das ist ein beängstigender Wert, der das Potenzial hat, sich zum Trauma auszuweiten. Denn ein Großteil der Zähler ging in den Schlussphasen verloren. Auch Ciro Immobile traf erst wenige Minuten vor dem Abpfiff – und auch nur, weil der VfB-Torhüter Sven Ulreich einen schwachen Moment hatte.

Ein Fehler gar, der sich für Ulreich auswachsen könnte. „Das war bitter und absolut unnötig“, sagt Veh, ohne Ulreichs Namen zu nennen. Doch nachdem der Trainer den Torhüter schon einmal kritisiert hatte und eine fußballerische Verbesserung einforderte, ging es nun ums Handwerk. Ulreich schätzte eine Flanke falsch ein – und könnte so die Torwartfrage beim VfB aufwerfen. Denn Veh hält Thorsten Kirschbaum für mehr als einen guten Ersatzmann.

Vom Einwechselspieler zur Wiederentdeckung hat es dagegen Carlos Gruezo gebracht. „Er hat uns mit seiner Aggressivität sehr gutgetan“, sagt Veh und will diese Art der Zweikampfführung nun auch am Samstag gegen Hannover 96 sehen. „Das ist die Basis von allem“, sagt der Trainer. Wobei er davon ausgeht, dass es gegen die Niedersachsen ein komplett anderes Spiel wird. Denn während Gegner wie Dortmund das Beste aus dem VfB herauspressen, weiß man die Stuttgarter gegen Konkurrenten wie Hannover überhaupt nicht mehr einzuschätzen. Gerade in Heimspielen.