Von Hannover 96 bis zum VfB Stuttgart – neun Bundesligateams stecken aktuell im Abstiegskampf und fürchten um ihre Existenz. Eine Analyse, Team für Team.

Die Angst geht um: Absturzgefahr! Das gilt für alle Mannschaften vom zehnten Tabellenplatz an, für die es jetzt nur ein Ziel gibt – den Klassenverbleib. Aber wie sind die Voraussetzungen an den verschiedenen Standorten?

 

10. Platz: Hannover 96 25 Punkte

Vor dem Auftakt der Rückrunde war noch die Qualifikation für den Europapokal das erklärte Ziel des Clubs. Aber davon ist jetzt nach vier Spielen mit nur einem Zähler (1:1 gegen Mainz) keine Rede mehr. Ein Schock stellt vor allem das 1:2 am Sonntag gegen Paderborn dar. Dass die Nerven blank zu liegen scheinen, zeigt sich schon daran, dass da ausgerechnet der Nationalkeeper Ron-Robert Zieler das entscheidende Gegentor durch Alban Meha verschuldet hat. „Wir sind schlecht – das ist eine sehr gefährliche Situation“, sagt der Abwehrchef Christian Schulz, der sein Team „leider im Abstiegskampf angekommen“ sieht. Diese Meinung teilen in Hannover eigentlich alle – außer Tayfun Korkut. Ihm geht das zu weit. „Ich glaube nicht, dass wir schon von Abstiegskampf reden müssen“, sagt der Trainer, „aber damit wieder Ruhe einkehrt, müssen wir jetzt Punkte holen.“ Am Samstag geht es nach Köln.

11. Platz: 1. FC Köln 24 Punkte

Als ob es nicht schon genug Probleme in dem selbsternannten Karnevalsverein geben würde, sind es jetzt auch noch die eigenen Fans, die dem Club schaden, indem sie negative Schlagzeilen schreiben. So stürmten etwa 30 vermummte Chaoten nach der 0:1-Niederlage am Samstag in Mönchengladbach den Rasen im Stadion. Es kam zu einem Handgemenge und zu Verhaftungen – und dazu, dass die Gruppierung Boyz aus der AG Fankultur ausgeschlossen wurde. Dabei setzen die Kölner auf Geschlossenheit und darauf, dass die spielerisch limitierte Mannschaft vom Publikum unterstützt wird. Erst ein Heimsieg (gegen Dortmund) steht in dieser Saison zu Buche, mit nur 19 erzielten Toren stellt der FC den zweitschlechtesten Angriff nach dem Hamburger SV. Diese Defizite dürften sich auf die Schnelle nicht beheben lassen. „Wir sind nicht in der Bundesliga angetreten, um einen Schönheitspreis zu gewinnen“, sagt der Trainer Peter Stöger, „und wir sind auch nicht das Team, von dem man ein Spektakel erwarten kann.“

12. Platz: SC Paderborn 23 Punkte

Kennen Sie Rafa Lopez? Oder Heinloth? Oder Pepic? Oder Koc? Nein? Das sind Spieler aus Paderborn, Stammspieler sogar. Klar, dass der Neuling um den Klassenverbleib kämpft – und dass die Mannschaft dabei jetzt gar nicht so schlecht im Rennen liegt, ist eigentlich schon mehr als der SC vor dem ersten Spieltag erwartet hat. Finanziell sind die Möglichkeiten beschränkt – und als Folge davon sportlich auch. „Für uns ist jedes Spiel ein Endspiel“, sagt der Trainer André Breitenreiter, „aber wir stehen überhaupt nicht unter Druck. Für uns ist jede Partie in der Bundesliga ein Rennen Golf gegen Porsche.“ Wobei feststeht, wer der Golf ist und wer der Porsche. Aber den einen oder anderen haben die Paderborner in dieser Saison trotzdem schon überholt, auch wenn sie zuletzt zehn Spiele ohne Sieg geblieben sind – bis zum Sonntag und dem 2:1 in Hannover. „Wir haben nur eine Chance, wenn wir nicht die Nerven verlieren“, sagt Breitenreiter.

13. Platz: Hamburger SV23 Punkte

In 21 Spielen hat die Mannschaft nur 14 Tore erzielt – Minusrekord in der Vereinsgeschichte. Aber immerhin sind in der Rückrunde schon zwei Siege (Paderborn, Hannover) gelungen. Deshalb schien manches auf einem guten Weg – bis zum 0:8 am Samstag beim FC Bayern. Das ist die höchste Pleite in der 52-jährigen Bundesligageschichte des HSV. „Diesen Tag werde ich nie in meinem Leben vergessen“, sagt der Trainer Joe Zinnbauer. Dabei war dieser denkwürdige Tag nur die vorläufige Krönung einer länger anhaltenden Negativentwicklung, die anscheinend nicht zu stoppen ist. So hat der HSV in der vergangenen Saison erst in der Relegation gegen Greuther Fürth den Klassenverbleib geschafft – und so problematisch ging es auch in dieser Runde weiter. „Die psychische Instabilität der Spieler ist wahnsinnig“, sagt der Sportchef Peter Knäbel, „das zieht sich wie ein roter Faden bei uns durch.“

14. Platz: FSV Mainz 22 Punkte

Nachdem die Mannschaft in den vergangenen 13 Partien bei fünf Unentschieden nur einmal gewonnen hat (5:0 gegen Paderborn), reagierte der Verein am Dienstag. Der überfordert wirkende Trainer Kasper Hjulmand wurde entlassen und durch Martin Schmidt ersetzt, der zuvor das zweite Team der Mainzer betreut hatte. Wobei Hjulmand nicht schuld an der langen Verletztenliste von Leistungsträgern war. Die Vorwürfe an ihn lauteten: zu brav, zu ruhig, zu stur. Immer wieder haben die Mainzer zuletzt einen taumelnden Gegner stark gemacht – Bremen (1:2), den HSV (1:2), Hertha BSC (0:2) und auch den VfB Stuttgart (1:1). „Mit einem Kader dieser Qualität darf man nicht absteigen“, sagt der Manager Christian Heidel. Weiter geht es mit Schmidt am Samstag gegen Frankfurt.

15. Platz: Bor. Dortmund 22 Punkte

Kennen Sie Reus? Oder Hummels? Oder Kagawa? Oder Weidenfeller? Ja? Das sind Spieler aus Dortmund, Stammspieler. Dass die Mannschaft angesichts dessen hier dennoch aufgeführt werden muss, ist schlicht ein Witz – allerdings ein ziemlich schlechter Witz aus Sicht des BVB. Von der individuellen Klasse her müsste die Borussia auf jeden Fall wie in den vergangenen Jahren um den erneuten Einzug in die Champions League kämpfen und nicht um den Klassenverbleib. Und vor dem Auftritt am Freitag beim VfB scheint sich das Team auch gefangen zu haben. Zuletzt gab es gegen Freiburg und Mainz zwei Siege nacheinander – ein Erfolgserlebnis, das der Borussia zuvor in dieser Saison nicht vergönnt war. Womöglich hängt der Aufschwung mit dem Signal zusammen, das Reus vor zwei Wochen mit seiner Vertragsverlängerung gegeben hat. Angeblich gilt die Abmachung sogar für die zweite Liga.

16. Platz: SC Freiburg 21 Punkte

Totgesagte leben länger. Die Mannschaft lag am Boden nach dem 0:3 gegen Dortmund und aufgrund der Tatsache, dass am Sonntag bei Hertha BSC gleich sieben Stammspieler ersetzt werden mussten. Besonders schmerzhaft ist dabei der Ausfall der Stürmer Nils Petersen und Admir Mehmedi, die noch eine Weile fehlen. Aber der SC ist aufgestanden und hat die Berliner mit 2:0 geschlagen. „Diesen Einsatz werden wir bis zur letzten Minute am letzten Spieltag zeigen müssen“, sagt Felix Klaus, der das 1:0 gegen Hertha BSC erzielt hatte. Auch wenn es nach Christian Streich geht, soll der vierte Saisonsieg jetzt richtungsweisend für die nächsten Wochen gewesen sein. „Wir müssen weiter mutig sein und den Kampf annehmen“, sagt der Trainer.

17. Platz: Hertha BSC 21 Punkte

In der Not hat der Hauptstadtclub vor zwei Wochen zum alten Stilmittel gegriffen und den Trainer Jos Luhukay gefeuert. Unter dem Nachfolger Pal Dardai stellte sich auch gleich der gewünschte Effekt ein – ein 2:0 in Mainz. Was folgte, war der Rückschlag gegen Freiburg. Und jetzt? Klar scheint, dass die Vereinsführung nicht mehr viele Korrekturmöglichkeiten besitzt – und dass der Manager Michael Preetz im Falle des Abstiegs kaum zu halten ist. Angespannt ist die Stimmungslage. Dardai muss es schaffen. „Gegen Freiburg war Angst dabei“, sagt er, „da gab es Szenen, die ich nicht akzeptieren kann – das hat mit Körpersprache zu tun.“ Seit 321 Minuten hat die Mannschaft daheim kein Tor mehr geschossen. Dafür kassierte sie in dieser Saison schon 15 Gegentreffer nach Standardsituationen – nur der VfB und Frankfurt sind in dieser Statistik schlechter (je 16).

18. Platz: VfB Stuttgart 18 Punkte

Platz 18 mit 18 Punkten – der Tiefpunkt. Doch angesichts der Heimbilanz ist der Absturz kein Wunder: Zehn Spiele – ein Sieg, zwei Unentschieden, sieben Niederlagen. Nur vier Tore sind der Mannschaft in diesen 900 Minuten (ohne Nachspielzeit) gelungen, alleine drei davon innerhalb von 20 Minuten gegen Leverkusen. Und am Freitag kommt Dortmund. Noch Fragen? Die Hoffnungen, den zweiten Bundesligaabstieg nach 1975 zu verhindern, ruhen jetzt vor allem auf dem Winterneuzugang Serey Dié. „Noch ist es nicht zu spät – wir sind noch nicht abgestiegen“, sagt der Kapitän Christian Gentner. Deshalb dürfe man den Glauben an die Rettung nicht verlieren – „und wir verlieren diesen Glauben auch nicht.“ Aber ob der Glaube alleine genügt?