Beim 0:1 gegen Leverkusen ist die Elf vom VfB Stuttgart fleißig und diszipliniert. Es fehlen aber Leichtigkeit und Optimismus. Was Trainer Bruno Labbadia damit zu tun hat? Viel, analysiert der StZ-Sportchef Peter Stolterfoht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Ehepaare sollen sich im Laufe der Jahre ja immer ähnlicher werden. Dasselbe wird von Hund und Halter berichtet. Und wenn man sich jetzt den VfB bei der 0:1-Niederlage gegen Bayer Leverkusen anschaut, darf auch diese These aufgestellt werden: die Stuttgarter Mannschaft wird ihrem Trainer immer ähnlicher. So lassen sich in der Spielweise des VfB viele Charaktereigenschaften von Bruno Labbadia erkennen. Die mittlerweile zweieinhalbjährige Zusammenarbeit hinterlässt deutliche Spuren.

 

Der VfB hat gegen Bayer Leverkusen taktisch sehr diszipliniert und engagiert gespielt. Die neu formierte Abwehr um Daniel Schwaab und Antonio Rüdiger setzte Bruno Labbadias Vorstellungen von einer flexiblen Defensivreihe gut um. Mal wurde auf eine Dreierkette reduziert, dann wieder auf einen Fünferriegel aufgestockt. Letzteres um den schnellen Leverkusener Außenangreifern Sidney Sam und Heung-min Son jeweils gleich zwei Mann entgegenstellen zu können.

Fleißpunkte für die Defensive

Die Abwehr verdiente sich viele Fleißpunkte, so wie Bruno Labbadia in der täglichen Arbeit. „Er ist morgens immer der Erste auf dem Platz und abends der Letzte, der das Gelände verlässt“, sagt der Sportvorstand Fredi Bobic über den detailversessenen Trainer. Aber womöglich stellt Bruno Labbadia sogar zu viele taktische Überlegungen an. So ist am Samstag aufgefallen, dass die Stuttgarter Spielweise in erster Linie an den Leverkusenern ausgerichtet war. Der VfB reagiert zunächst und agiert erst, wenn er in Rückstand geraten ist, was dann im Grunde auch wieder nur eine Reaktion darstellt. So wie am Samstag nach dem Eigentor von Daniel Schwaab in der 42. Minute.

Die Überlegung, der Gegner soll sich gefälligst an der Heimmannschaft orientieren, scheint dem Trainer fremd zu sein. Und so bekommt der VfB den Vorwärtsgang nicht rein. Dieses zurückhaltende Auftreten zeugt nicht von großem Selbstbewusstsein. Dazu passt die Aussage des nach Mainz gewechselten Shinji Okazaki, dass ihm in Stuttgart der Glaube an die eigene Stärke abhandengekommen sei.

Kein Enthusiasmus, erst recht kein Spielwitz

Dem Stuttgarter Spiel hat auch gegen Leverkusen der Enthusiasmus gefehlt, von Spielwitz ganz zu schweigen, was man auch auf den Chefcoach zurückführen kann. Es wäre ungerecht, Bruno Labbadia mit einem extrovertierten Gute-Laune-Trainer wie Jürgen Klopp zu vergleichen. Ein bisschen mehr Optimismus könnte der VfB-Mannschaft aber nicht schaden. Die Mundwinkel beim nachdenklichen VfB-Trainer und seinen Spielern zeigen tendenziell eher nach unten als nach oben. Eine positive Grundstimmung sieht anders aus.

Bruno Labbadia ist ein höflicher und um Korrektheit bemühter Trainer – einmal abgesehen von seiner Wutrede. Er würde es sich zum Beispiel nicht verzeihen, sollte er einmal den Geburtstag eines Mitarbeiters vergessen. Werte wie Respekt und Fairness haben für ihn große Bedeutung. Auch das färbt auf die Spieler ab. Der VfB ist alles andere als eine – wie es im Fachjargon heißt – Drecksautruppe. Diese Mannschaft würde auch in der größten Not nicht gegen ihren Trainer spielen – ein Stilmittel, das anderswo immer mal wieder zum Einsatz kommt.

„Jetzt müssen Punkte her“

Was aber nichts daran ändert, dass das Stuttgarter Spiel schwerfällig wirkt – als würde eine schwere Last auf der Mannschaft liegen. In diesem Umfeld fällt die lockere Herangehensweise des eingewechselten Timo Werner besonders auf, der einfach drauflos spielt und kurz vor Schluss beinahe den Ausgleich erzielt. „Er hat nicht diesen Rucksack auf“, sagt dann auch Fredi Bobic über den 17-Jährigen.

Frisch und frech, so stellt sich das auch der Präsident Bernd Wahler vor, der am 1. September seine Arbeit beim VfB aufnimmt. Doch von der Aufbruchstimmung, die der neue Mann an der Spitze bei der Mitgliederversammlung im Juli verbreitet hat, ist in der Mannschaft wenig zu spüren. „Jetzt müssen Punkte her“, sagt Fredi Bobic nach zwei Bundesliga-Niederlagen.