Gegen Bayer Leverkusen bestreitet Thorsten Kirschbaum am Samstag sein drittes Spiel als Nummer 1 des Fußball-Bundesligisten. Den 27-Jährigen zeichnen seine Strafraumbeherrschung und die Gelassenheit aus.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Ich bin doch nicht blöd. Das dachte sich Thorsten Kirschbaum und stattete dem Elektromarkt, der sich dieses Motto auf die Fahne geschrieben hat, gleich mal einen Besuch ab. Schließlich brauchte der Torhüter für seine neue Wohnung im Remstal noch einen Kühlschrank, und das Angebot von Mediamarkt war verlockend: Wer ein Elektrogerät kauft und danach den Ball an der Torwand versenkt, bekommt es umsonst. Kirschbaum traf und bekam den Kühlschrank geschenkt. Und wieder ging Kirschbaum der Elektromarkt-Slogan durch den Kopf. Deshalb machte er auf dem Absatz kehrt und suchte sich auch noch einen Wäschetrockner aus. Es folgte der nächste Torwandtreffer und die diebische Freude über den Doppelschlag.

 

„Media Markt – Kirsche 0:2. Selbst die Anlieferung von Kühlschrank und Wäschetrockner haben die Jungs übernommen“, schrieb Thorsten Kirschbaum im Juni 2013 auf seiner Facebook-Seite und fügte hinzu: „Als mich eine nette Frau und ihr Sohn fragten, ob ich auch für sie schießen könnte, hatte der Schiri leider was dagegen. Sonst wäre das Ergebnis vielleicht noch höher ausgefallen.“

Diese Episode zu Beginn seiner Zeit in Stuttgart macht deutlich: Thorsten Kirschbaum ist gewitzt und darüber hinaus auch ein sehr guter Fußballer. Und gerade Letzteres hat auch mit dazu geführt, dass der 27-Jährige Sven Ulreich aus dem VfB-Tor verdrängt hat und am Samstag gegen Bayer Leverkusen sein drittes Spiel als neue Nummer eins macht. Weitere Pluspunkte des Franken sind eine gute Strafraumbeherrschung und die Fähigkeit, ein Spiel zu lesen und im Notfall im Stile eines Liberos Bälle auch abzulaufen. „Weil ich hoch stehe“, erläutert Kirschbaum auf Fußballdeutsch. Er orientiert sich dabei am Torwartspiel von Manuel Neuer. Kein Wunder, mit dem Nationaltorhüter trainierte Kirschbaum einst zusammen in der deutschen U-21-Auswahl.

Der Trainer lobt die Ausstrahlung

Die typische Nummer zwei ist Thorsten Kirschbaum beim VfB nie gewesen, nachdem er als einer der besten Zweitligatorhüter vor etwas mehr als einem Jahr von Energie Cottbus nach Stuttgart gewechselt war. „Er hat eine enorme Präsenz“, sagt der Stuttgarter Torwarttrainer Andreas Menger über Kirschbaum, der sich selbst als „Teamplayer“ bezeichnet. Deshalb ist es ihm auch nicht in den Sinn gekommen, den Platz als Nummer eins lautstark und öffentlich einzufordern. Laut wird er nur auf dem Platz, wenn es gilt, die Abwehr zu dirigieren.

Hätte Armin Veh einen nicht ganz so souveränen Mann wie Thorsten Kirschbaum in der Hinterhand gehabt, wahrscheinlich stünde Sven Ulreich weiterhin im Stuttgarter Tor. So genügte ein grober Fehler des bisherigen Stammtorhüters im Spiel gegen Dortmund, um die Position neu zu besetzen. Was folgte waren zwei beeidruckend abgeklärte Auftritte von Thorsten Kirschbaum („Ich neige nicht zur Nervosität“) beim 1:0-Sieg gegen Hannover und bei der 2:3-Niederlage in Berlin.

In diesen Spielen wurden dann die Stärken des 1,94 Meter großen Torwarts deutlich. Kirschbaum ist ein Keeper mit klaren Ansagen und klaren Aktionen, kein Kunstflieger zwischen den Pfosten, der einen Schritt zur Seite macht und dann abhebt, um die Aktion etwas spektakulärer aussehen zu lassen. Er ist ein Pragmatiker, der lieber vorher eine Flanke abfängt, als später auf der Linie sein Können unter Beweis zu stellen.

Außerdem beschäftigt er sich vor einem Spiel intensiv mit den gegnerischen Spielern und versucht, sich in sie und ihre Aktionen hineinzudenken. Er weiß aber auch, wie es gerade in seinem Kollegen ausschaut: „Ist doch ganz klar, dass Sven Ulreich jetzt enttäuscht ist, an unserem guten Verhältnis hat sich aber nichts geändert. So wie ich ihn unterstützt habe, unterstützt er jetzt auch mich und wünscht mir Glück.“

Ein Deutsche Dogge namens Demba

Weil eine Fußballerkarriere eben auch viel mit Glück zu tun hat, will sich Thorsten Kirschbaum darauf nicht allein verlassen und baut beruflich vor. Während seine Frau mit ihrem Lehramtsstudium gerade fertig geworden ist, hat er jetzt ein Fernstudium im Fach Sportmanagement aufgenommen: „Ich brauche die Abwechslung, ich kann ja nicht die ganze Zeit mit meinem Hund Gassi gehen.“ Dabei handelt es sich um eine Deutsche Dogge namens Demba, benannt nach dem Stürmer Demba Ba, dem Freund aus gemeinsamen Hoffenheimer Zeiten.

Die Zeiten beim VfB Stuttgart sind vor allem aufgrund der sehr angespannten Tabellensituation mal wieder turbulent. Thorsten Kirschbaum will jetzt viel Ruhe ausstrahlen und sagt: „Wir sind auf einem guten Weg.“

Es geht aber immer noch besser. Auch beim Torwandschießen. Es wurde nämlich auch berichtet, dass die damaligen Union-Berlin-Profis Torsten Mattuschka und Christoph Menz bei der Aktion des Elektromarkts zusammen sage und schreibe zwei Fernseher, vier iPads, zwei Kaffeemaschinen, eine Kamera und zwei Spielkonsolen abräumten. Auch nicht blöd.