Antonio Rüdiger ist dabei, sich in der Fußball-Nationalmannschaft zu etablieren. In ungewohnter Rolle: der Profi vom VfB Stuttgart ist gelernter Innenverteidiger und spielt im DFB-Team als Rechtsverteidiger – auch beim schlappen 1:1 gegen Irland.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Den Blick starr nach vorne gerichtet, die massigen schwarzen Kopfhörer auf den Ohren, so hält sich Antonio Rüdiger in der Arena auf Schalke an denselben Schlachtplan, den er schon in den Katakomben des Narodowy-Stadions zu Warschau erfolgreich angewandt hat. Nichts sehen, nichts hören, nichts sprechen – und die Medienanalyse des 1:1 gegen die biederen Iren lieber den Erfahrenen im Nationalteam überlassen. Manuel Neuer, Mats Hummels, Toni Kroos. Antonio Rüdiger will offenbar lieber durch Taten überzeugen als durch große Worte.

 

Vier Länderspiele hat Rüdiger seit seinem Debüt im DFB-Team im Mai inzwischen bestritten. Dabei hat sich der 21-Jährige Sohn eines Deutschen und einer Afrikanerin aus Sierra Leone zunächst einiges an Lob abgeholt – etwa von Thomas Müller: „Der Toni steht hinten stabil. Auf den ist Verlass.“ Aber auch Joachim Löw stärkt seinem noch unerfahrenen 1,90-Meter-Mann, der erst im Frühjahr 2012 beim VfB in der Bundesliga debütierte, demonstrativ den Rücken: „Von seiner Präsenz, Zweikampfstärke und Athletik her bringt der Toni alles mit.“ Und ein zusätzliches Bonbon für die nächsten beiden Länderspiele in Nürnberg gegen Gibraltar (14. November) sowie den Test in Vigo gegen Spanien vier Tage später hat der Bundestrainer auch schon verteilt: So wird der Stuttgarter als rechter Verteidiger genauso wie Erik Durm auf links erneut in der Startelf stehen.

In der Nationalelf fehlen die Alternativen

Weil es im Land der offensiven Edelfüße vor allem an Außenverteidigern mangelt, ist diese Nibelungentreue von Löw natürlich ein wenig aus der Not geboren. Rüdiger ist ein gelernter Innenverteidiger, wurde 2012 auf dieser Position mit der Fritz-Walter-Medaille als bester Spieler des U-19-Jahrgangs ausgezeichnet. Doch es fehlen in der Nationalelf schlicht die Alternativen, seit Philipp Lahm zurückgetreten ist, Marcel Schmelzer mit Verletzungen zu kämpfen hat, die WM-Aushilfe Shkodran Mustafi nicht überzeugte und sich Kevin Großkreutz mit Döner-Würfen und diversen Alkoholeskapaden ins Abseits katapultiert hat.

„Ich bin bereit, dort zu spielen, wo der Trainer mich hinstellt“ – das hat Antonio Rüdiger zu Beginn seiner Länderspielreise in Frankfurt gesagt: „Auch wenn es offensiv nicht mein Spiel ist.“ Dabei hatte der VfB-Profi gegen Irland in der ersten Halbzeit zwei Torchancen per Kopfball. Sonst setzte er zwar wenig Offensivakzente, verteidigte aber solide. Beim Schockmoment des Spiels, dem Ausgleich von John O’Shea, war er wie einige andere Mitspieler aber nicht im Bilde: Rüdiger schaute zu, als sein Gegenspieler Jeff Hendrick nach einem Flankenwechsel den Ball direkt an den Torschützen leitete.

Weil er aber so ziemlich alle Voraussetzungen für eine große Karriere mitbringt, ist Rüdiger schon länger ein gefragter Mann. Der FC Chelsea, der AS Monaco und der FC Porto sind konkret interessiert. Also hat der VfB-Interimsmanager Jochen Schneider mit Rüdigers Berater Uli Ferber jetzt ein weiteres Gespräch geführt (die StZ berichtete). Der Vertrag mit Stuttgarts einzigem aktuellen Nationalspieler soll möglichst über das Jahr 2017 hinaus verlängert werden. Während Ferber verhandelt, will sich Rüdiger aber auf den Fußball konzentrieren. Dem VfB will er vorerst die Treue halten: „Aber natürlich mache ich mir auch Gedanken: Irgendwann will ich bei einem Topclub spielen.“