Nach der 0:2-Heimpleite gegen den Aufsteiger 1. FC Köln und der schonungslosen Analyse von Trainer Armin Veh scheint fest zu stehen: der VfB Stuttgart spielt auch in dieser Saison wieder gegen den Abstieg.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Eine Stunde nach Spielschluss scheint der Schuldige am VfB-Problem überführt zu sein: Armin Veh. Zumindest könnte dies so etwas wie die Quintessenz der Ausführungen des Stuttgarter Trainers nach der niederschmetternden 0:2-Niederlage gegen den Aufsteiger aus Köln sein. Schließlich spielte in Vehs schonungsloser Analyse die mittlerweile unüberbrückbare Stuttgarter Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit eine zentrale Rolle. Aber war es nicht Veh selbst, der die Erwartungshaltung im Umfeld des Vereins ins Unrealistische hat abgleiten lassen, als er aus dem Nichts heraus den VfB 2007 zur Deutschen Meisterschaft führte? Armin Veh lächelt und will mal drüber nachdenken.

 

Armin Veh verkörpert als Meistertrainer zwar den VfB-Anspruch, verpflichtet fühlt er sich aber ausschließlich der Realität. „Die aktuelle Stuttgarter Mannschaft hat überhaupt nichts mit der von 2007 zu tun“, sagt der Rückkehrer, der den Vergleich mit der Vorsaison dagegen zulässt: „Wenn die Spieler nichts dazulernen, wird es wieder ganz eng für uns.“

Der Trainer ist offen und ehrlich

Es gehört zu den hervorstechenden Charaktereigenschaften von Armin Veh, dass er offen und ehrlich ist, niemals beschönigt. Und Träumereien, die nach dem Auftakt-1:1 in Mönchengladbach schon wieder wie Schäfchenwolken über der Mercedes-Benz-Arena schwebten, sind sein Ding nun gar nicht. „Es war schon in Mönchengladbach zu erkennen, dass wir große Schwierigkeiten haben, Chancen herauszuspielen. Das macht mir Sorgen“, sagt er. Lediglich eine einzige gute Gelegenheit hatte der VfB am Samstag. Und die vergab Christian Gentner in der Schlussminute, als die Partie längst gelaufen war.

Zu seinem Kapitän hat Armin Veh dann auch Aufschlussreiches zu erzählen. „Christian gibt alles und will das Spiel unbedingt an sich reißen, will führen. Dabei verkrampft er. Das Problem ist die Erwartungshaltung“, sagt Veh, der versucht, den Anspruch dem Ist-Zustand anzupassen. Vor der Saison hat dies Veh bereits getan, indem er gesagt hatte, Platz zwölf sei am Ende ein Erfolg. Am Samstag hörte sich das mehr danach, als sei Platz 15 bereits positiv zu bewerten. Am zweiten Spieltag bereitet Armin Veh Stuttgart auf den Abstiegskampf vor.

Die Frage, wie es so weit kommen konnte, spielt für Armin Veh keine Rolle. Dass in der Vergangenheit im Verein eklatante Fehler in der Personal- und Finanzplanung gemacht wurden, hilft ihm bei der Lösung seiner Probleme nicht weiter. Sein Motto: aus den Gegebenheiten das Beste machen.

Die Mannschaft stößt an Grenzen

Früher war der Erfolg immerhin noch ein Tourist in Stuttgart. Er ließ sich sporadisch blicken. Seit 2007 macht er aber einen großen Bogen um den Verein. Und im Moment hat der VfB eine Mannschaft, die gegen einen biederen Aufsteiger an Grenzen stößt. Den Kölnern reichte es, hinten kompakt zu stehen und mit hohen Bällen nach vorne zu operieren. Das gibt Armin Veh zu denken, genauso wie die folgenden Spiele nach der zweiwöchigen Länderspielpause beim FC Bayern, gegen Hoffenheim und in Dortmund. Angesichts dieser Aufgaben wäre es verwegen, an eine Stuttgarter Erfolgsserie zu glauben.

Als unrealistisch hat sich ja schon eine weitverbreitete Stuttgarter Hoffnung herauskristallisiert, dass die Sommerpause alle Wunden heilt. Nach dem Motto: der VfB kann ja gar nicht noch einmal eine solche Krisensaison hinlegen. Jetzt steht zu vermuten: er kann es doch. So wie offenbar auch der Hamburger SV, der es wie schon in der Vorsaison schafft, die erschreckend schwache Leistung des VfB noch zu unterbieten. Das Stuttgarter 0:2 gegen Köln erwiderte der HSV nach bekannter Tradition-in-der-Krise-Manier mit einem 0:3 gegen den SC Paderborn. Doch hinter dem HSV verstecken will sich Veh nicht. Nach einer Niederlage abtauchen ist für ihn schon gar keine Option. Geduldig beantwortet er alle Fragen nach einem Spiel, das für sich selbst spricht. 0:2 gegen einen Aufsteiger. Willkommen in der Realität.