Sowohl die Stadt als auch die Firmen Porsche und Nokia signalisieren, dass der Vicinalweg zwischen Zuffenhausen und Weilimdorf noch in diesem Jahr gesperrt werden könnte. Als Ausgleich soll es Veränderungen im Verkehrsraum geben.

Zuffenhausen - Schon seit langer Zeit wird darüber diskutiert, ob der Vicinalweg, der durch das Naturschutzgebiet Greutterwald führt, für den Kfz-Verkehr gesperrt werden soll (wir berichteten). Nun kommt erneut Bewegung in dieses Thema: Seitens der Firma Porsche gibt es eindeutige Signale, einer Sperrung zuzustimmen. Entscheidend ist allerdings die Haltung der Stadt und der Firma Nokia. Offiziell ist nämlich noch ein im Jahr 1963 geschlossener Vertrag zwischen Stuttgart und der Firma SEL (deren Rechtsnachfolger Nokia ist) gültig, der die Durchfahrtsrechte regelt. Die beiden Vertragspartner scheinen sich inzwischen ebenfalls anzunähern.

 

„Als nachhaltig handelndes Unternehmen ist es uns ein Anliegen, zugunsten des Umweltschutzes nicht mehr auf die Durchfahrt durch das Naturschutzgebiet Greutterwald angewiesen zu sein“, sagt Albrecht Reimold, Mitglied des Vorstands Produktion und Logistik der Porsche AG. Pressesprecher Lukas Kunze hatte sich vor einiger Zeit selbst die Mühe gemacht und sich morgens an den Vicinalweg gestellt, um Autos zu zählen. Zwischen 6.30 und 8 Uhr (zu dieser Zeit ist der Weg morgens in Richtung des Gewerbegebiets geöffnet) habe er rund 180 Fahrzeuge registriert. Etwa die Hälfte davon, so haben seine Recherchen ergeben, sind zu Gebäuden von Porsche oder Bosch (die Firma hat auf dem Areal Porsche-Immobilien gemietet) gefahren. Das, so betont Kunze, müssten sie nun nicht mehr. Seit einigen Tagen ist nämlich die Unterführung, die Porsche unterhalb der Bahntrasse zwischen der Otto-Dürr-Straße und der Waldheimstraße gebaut hat, fertig. Und die ist nicht nur für den Werkverkehr, sondern auch für alle anderen Autofahrer (ebenso wie für Radler und Passanten) geöffnet. Somit gibt es nun eine zweite Zu- beziehungsweise Abfahrt ins Gewerbegebiet südlich der S-Bahn-Gleise.

Der Vertrag von 1963 ist nach wie vor gültig

Eigentlich ist Porsche nur Nutznießer einer alten Regelung: Im Jahr 1963 hatte die Stadt der Firma SEL das Wegerecht eingeräumt, um, so der Wortlaut des Schriftstücks „die Verkehrssituation im Bereich des Werkes der Firma zu verbessern und insbesondere den Betriebsangehörigen eine günstigere Zu- und Abfahrtsmöglichkeit zu geben.“ Diese Zufahrtsmöglichkeit, das betont Nokia-Pressesprecherin Martina Grüger-Bühs, brauche man auch heute noch. Vor allem im abendlichen Berufsverkehr müssten Nokia-Mitarbeiter, aber natürlich auch die Beschäftigten anderer Firmen, lange im Stau stehen, wenn sie beispielsweise von der Lorenzstraße auf die Schwieberdinger Straße einbiegen möchten. Wie viele Nokia-Mitarbeiter den Vicinalweg als Ausweichstrecke nutzen, darüber gebe es keine konkreten Zahlen. Klar sei aber: „Ohne verkehrstechnische Entlastungsmaßnahmen würde eine vollständige Sperrung des Vicinalwegs noch größere Probleme bei der Zu- und Abfahrt ins Gelände bringen.“ Natürlich sei aber auch Nokia an einer einvernehmlichen Lösung interessiert. Und die müsse in erster Linie von der Stadt kommen, indem sie die verkehrstechnische Infrastruktur verbessere. Sobald entsprechende Maßnahmen umgesetzt seien, könne dann aus Sicht von Nokia die Durchfahrt durch den Vicinalweg entfallen.

Auf Anfrage der Nord-Rundschau bestätigt die Stadtverwaltung, dass man in Gesprächen mit Porsche und Nokia sei. „Um das gemeinsame Ziel zu erreichen, muss einiges getan werden“, heißt es in einer E-Mail. Ampelanlagen müssten angepasst, Straßenmarkierungen geändert werden. Das Tiefbauamt werde sich darum kümmern, bis Ende Oktober 2017 sollen die Arbeiten beendet sein. „Damit könnte der Vicinalweg noch in diesem Jahr für den Durchgangsverkehr geschlossen werden“, lautet die Einschätzung im Rathaus. Zudem seien „geeignete Maßnahmen zum Artenschutz“ in der Abstimmung.

Für eine Sperrung des Vicinalwegs setzt sich die „Initiative Greutterwald“ ein. „Aus meiner Sicht ist das kein befriedigendes Ergebnis“, sagt deren Mitstreiter Peter Berg in einer ersten Reaktion. Die Terminvorstellungen der Stadt seien „ein Schlag ins Gesicht des Naturschutzes“. Im Frühjahr beginne die Krötenwanderung, dann würden teils streng geschützte Amphibien buchstäblich wieder unter die Räder kommen. Laut Berg hätte es möglich sein können, dass die Stadt den Vertrag mit Nokia zum 31. Dezember 2016 kündige – dies würden die Statuten seiner Einschätzung nach durchaus zulassen. Dass man im Rathaus dafür keinen Mut aufgebracht habe, dafür fehle ihm das Verständnis. Ebenso wie dafür, dass im Vicinalweg Salz gestreut worden ist. Dies sei aus Gründen des Naturschutzes nicht haltbar. Veranlasst worden war das von Nokia. Die Firma verweist darauf, dass sie laut dem Vertrag von 1963 dazu verpflichtet sei, den Weg im Winter zu räumen und zu streuen. Sollte man dieser Verkehrssicherungspflicht nicht nachkommen, müsse man für eventuell auftretende Schäden haften.

Sollte der Vicinalweg tatsächlich für den Kfz-Verkehr geschlossen werden, dann, sagt Peter Berg, könne man ihn so belassen, wie er momentan ist. Radfahrer, Passanten und Rollstuhlfahrer hätten so auch künftig die Möglichkeit, ihn zu nutzen. Dann böte sich auch an, das Naturschutzgebiet Greutterwald zu renaturieren. An den Kosten dafür, das kündigt Pressesprecher Lukas Kunze an, würde sich Porsche beteiligen.