Vor einem Monat machte Sigmar Gabriel in der SPD den Weg für Martin Schulz frei: Seitdem wollen viele Bürger bei der zuvor arg geschrumpften Volkspartei wieder mitmachen.

Berlin - Der Schulz-Effekt beschert der SPD nicht nur ein Hoch in den Umfragen, sondern nach Jahren des Niedergangs auch einen kleinen Mitgliederboom. Seit Martin Schulz vor vier Wochen am 24. Januar von Noch-Parteichef Sigmar Gabriel als Kanzlerkandidat vorgeschlagen wurde, sind über das Internet 6564 Bürger in die Partei eingetreten, wie die SPD auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Auch die anderen Parteien spüren, dass im Wahljahr und nach dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump das Interesse an Politik in der Bevölkerung zunimmt.

 

Zu den Online-Eintritten kommen bei der SPD noch viele Menschen, die sich direkt in den Landesverbänden um ein Parteibuch bemüht haben. Diese Zahlen werden von der Bundespartei aber erst mit Verzögerung erfasst. Allein in Nordrhein-Westfalen, wo im Mai gewählt wird, gab es seit Jahresanfang mehr als 2300 Neueintritte (Online und auf Papier). „Solche Zahlen haben wir seit 20 Jahren nicht mehr gehabt“, sagte ein SPD-Sprecher in Düsseldorf.

Im ARD-„Deutschlandtrend“ von Infratest dimap liegt die SPD erstmals seit Oktober 2006 wieder vor der Union. Die Sozialdemokraten haben im Vergleich zu Anfang Februar vier Prozentpunkte hinzugewonnen und kommen auf 32 Prozent. CDU und CSU erreichen 31 Prozent und verlieren damit drei Punkte.

CDU-Mitgliederzahl schrumpft unterm Strich

Bereits zum Jahreswechsel war die älteste deutsche Partei auch wieder die mitgliederstärkste. Die SPD hatte Ende Dezember nach eigenen Angaben 432 706 Mitglieder, die CDU lag mit 431 920 knapp dahinter. Bis Ende Januar konnte die SPD den Vorsprung ausbauen und erreichte 433 434 Mitglieder. Die CDU von Kanzlerin Angela Merkel verbuchte mit über 1500 Eintritten zwar den stärksten Zuwachs in einem Monat seit drei Jahren - unter dem Strich schrumpfte die CDU-Mitgliederzahl Ende Januar aber auf 430 683, weil mehr Menschen austraten oder starben.

Bei den Grünen sorgte die Urwahl ihrer Spitzenkandidaten für Zulauf. Ende 2016 waren knapp 61 600 Mitglied in der Ökopartei - ein Rekord. Die FDP vermeldet seit Jahresbeginn ebenfalls kräftig anziehende Zahlen, Ende Januar hatten die Freidemokraten knapp 54 000 Mitglieder.

Auch im Internet schafft es die SPD momentan, Interesse für ihren Kanzlerkandidaten Schulz zu mobilisieren. Bei Facebook hat der Ex-EU-Parlamentschef aus Würselen bei Aachen seit Bekanntgabe seiner Kandidatur mehr als 94 000 neue Fans gewonnen - mit 290 000 Fans hat er AfD-Chefin Frauke Petry klar abgehängt. Kanzlerin Merkel liegt aber weit vor Schulz - sie hat bei Facebook 2,35 Millionen Fans.

Auf Twitter folgen Schulz mehr als 350 000 Nutzer, Merkel hat kein Konto bei dem Kurznachrichtendienst. Bei Instagram hat Schulz noch viel Luft nach oben - mit 3500 Followern rangiert er weit hinter Merkel (218 000).