Schon im Berlinale-Wettbewerb gab kaum Streicheleinheiten für Volker Schlöndorff und seinen aktuellen Film „Rückkehr nach Montauk“ – und bei der Stuttgart-Premiere am Mittwoch im Kino Atelier am Bollwerk war es nicht anders.

Stuttgart - „Wissen Sie, ich lieb’ den Film so sehr, ich würd’ mich am liebsten noch mal dazusetzen“, verkündet Volker Schlöndorff vor Beginn der Vorstellung. Da ist er noch gut gelaunt. Zur Premiere von „Rückkehr nach Montauk“ ist der 78-jährige am Mittwochabend zu Gast im Kino Atelier am Bollwerk und will den Zuschauern, wie er es nennt, „den Kopf hinhalten“. Sein neuer Film, angelehnt an Max Frischs Novelle „Montauk“, aber auch an die eigene Vergangenheit.

 

Max Zorn (Stellan Skarsgård), ein alternder Berliner Autor, trifft in New York seine ehemalige Geliebte Barbara (Nina Hoss). Getrieben von der Sehnsucht, der alten Liebe eine zweite Chance zu geben, lässt er seine junge Frau Clara (Susanne Wolff) zurück und verbringt mit Barbara ein Wochenende am Ende von Long Island, in Montauk. Zorn kann die Vergangenheit nicht zurückholen, der Gegenwart wird er nicht gerecht – am Ende fliegt er zurück nach Berlin. Allein.

Ein Zuschauer ist „vollkommen schockiert“

Im Berlinale-Wettbewerb war der Film des Oscar-Preisträgers im Februar leer ausgegangen. „Das verletzt schon“, sagte Schlöndorff er dazu dem Hessischen Rundfunk. Auch in Stuttgart gibt es kaum Streicheleinheiten: „Mit diesem egoistischen, selbstbezogenen Hauptdarsteller konnte ich mich überhaupt nicht identifizieren“, sagt eine Frau energisch, „der war mir einfach nur unsympathisch.“ Schlöndorff, zu diesem Zeitpunkt noch amüsiert, widerspricht: Zorn handle oft rücksichtslos, natürlich, aber niemals bösartig. Als unsympathisch habe er seine Hauptfigur zu keinem Zeitpunkt empfunden, aber am Ende bleibe das jedem Zuschauer selbst überlassen. Einer von ihnen sagt nun, er sei „vollkommen schockiert“ vom Verhalten Max Zorns, der sich nicht einmal für die Wohnsituation seiner Freundin interessiere. „In so jemanden verliebt sich doch keine Frau!“ Erstaunlich, wie viele offenbar einem Verständnis von Liebe anhängen, das sich an klaren Regeln festmachen lässt, das kontrolliert ist, undramatisch und widerspruchsfrei.

Dann wird es auch noch persönlich: Ob man darauf schließen könne, dass Schlöndorff seine Vergangenheit als „Zeit der Irrungen und Wirkungen“ betrachte? Der Regisseur, allmählich irritiert, stellt eine Gegenfrage: „Kennen Sie eigentlich nur Menschen, die in ihrem Leben alles richtig gemacht haben?“ Das Publikum ist gnädig, lenkt ein zur Empörungs-Pause. Schlöndorff erklärt den Namen ‚Zorn’ – „irgendwas einsilbiges, aber eben nicht ‚Frisch‘“ –, erzählt von den Dreharbeiten, schwärmt von Nina Hoss: „Seit 20 Jahren habe ich in Berlin jede Theatervorstellung mit ihr gesehen.“

„Überaus begeistert“ habe sie der Film, loben nun einige Zuschauer, dann kommt die nächste Spitze: „Mir war das alles zu glatt und zu reich.“ Nach einer guten halben Stunde hat Schlöndorff, „verblüfft über eine derart moralische Überheblichkeit“, genug. Er geht eine rauchen.