Landtag soll sich in jedem Fall erneut mit der Frage des Ausstiegs befassen, fordern S21-Gegner.

Stuttgart - Die 33-Prozent-Hürde bei der Volksabstimmung zu Stuttgart 21 ist aus Sicht der Gegner von Stuttgart 21 ein „Demokratieverhinderungsinstrument.“ „Das können und werden wir als Demokratiebewegung nicht akzeptieren“, sagte der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, Hannes Rockenbauch, am Freitag in Stuttgart. Bei der Volksabstimmung muss mindestens ein Drittel aller Wahlberechtigten im Südwesten auf dem Stimmzettel das „Ja“ ankreuzen, damit die grün-rote Landesregierung die Finanzierungsverträge zum Milliarden-Bahnvorhaben kündigen kann.

 

Baden-Württemberg ist bundesweit das Bundesland mit dem höchsten Quorum. In Bayern, Hessen und Sachsen existiert es gar nicht. Nach Überzeugung der Projektgegner muss auch im Südwesten die Mehrheitsmeinung zählen. Damit handelten sie sich den Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit vonseiten der Opposition und der S-21-Befürworter ein.

Gegner appellieren an die SPD

An die SPD appellierten Rockenbauch und Edgar Wunder (Linke) von der Kampagnenleitung „Ja zum Ausstieg“, sensibel mit dem aus ihrer Sicht wahrscheinlichsten Ergebnis umzugehen: Mit einer Mehrheit für den Ausstieg aus dem 4,1 Milliarden Euro teuren Vorhaben - die aber das Quorum verfehlt. „Wir haben die klare Erwartung an die Grünen und die SPD, dass sie die Mehrheit akzeptieren und als Chance und Auftrag mitnehmen“, sagte Rockenbauch.

Es spreche nichts dagegen, dass das Ausstiegsgesetz dem Landtag erneut vorgelegt werde und die SPD dann ihren eigenen Beschlüssen Rechnung trage. Die SPD und die Grünen im Landtag hatten Ende August vergangenen Jahres eine vollständige Abschaffung des Quorums bei Volksabstimmungen verlangt und waren an CDU und FDP gescheitert. „Alles andere wird die Landesregierung nicht durchhalten können“, sagte der Stuttgarter Stadtrat.

ProStuttgart 21: "Peinlicher Rettungsversuch"

Die Initiative ProStuttgart 21 warf dem Aktionsbündnis „absolutistisches Verhalten“ nach dem Motto „Was Recht ist, bestimmen wir“ vor. „Das ist ein peinlicher Rettungsversuch für den höchst unwahrscheinlichen Fall, dass die Gegner beim Volksentscheid überhaupt eine Mehrheit gegen Stuttgart 21 erreichen“, sagte Bernhard Bauer, Geschäftsführer des Vereins.

Die SPD-Fraktion pflichtete ihm bei. „Jeder Demokrat muss die Verfassung ohne Wenn und Aber akzeptieren“, sagte Fraktionschef Claus Schmiedel und verwies auf eine Äußerung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), nach der beim Unterschreiten des Quorums das Ausstiegsgesetz gescheitert sei. Dagegen forderte CDU-Fraktionschef Peter Hauk Kretschmann auf, sich von der Haltung des Aktionsbündnisses zu distanzieren und klarzustellen, wie die Regierung mit dem Ergebnis der Volksabstimmung umgehen wird.

Unterstützung erhielten die S-21-Gegner vom Verwaltungsrechtsexperten Roland Geitmann von der Fachhochschule Kehl. Eine neuerliche Entscheidung eines demokratisch gewählten Gremiums nach einem Bürgerbegehren, bei dem das Quorum unterschritten wird, sei auf kommunaler Ebene nichts Ungewöhnliches. „Eine Volksabstimmung ist kein Gottesurteil.“ Die politischen Organe könnten weiter entscheiden.

Die Grünen-Fraktion sieht das ebenso: „Sollten im Landtag S-21-Befürworterfraktionen bei einer Mehrheit für die Kündigung, aber verfehltem Quorum dies zum Anlass nehmen, das Thema noch mal im Landtag zu debattieren, wird es an uns nicht scheitern“, sagte Fraktionsvize Andreas Schwarz.

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