Der Verein Pro Stuttgart 21 präsentiert eine Werbekampagne für das Bahnprojekt. Der Initiative gehören Politiker aller Parteien an - auch der Grünen.

Stuttgart - Es passt ganz gut, als Oberbürgermeister Wolfgang Schuster und die anderen Akteure der Pro-Stuttgart-21-Kampagne am Montag um die Mittagszeit im Hauptbahnhof aufmarschieren. Für den Fototermin zum Kampagnenauftakt posieren sie an den Bahnsteigen 15 und 16. Auf dem einen wird der ICE 515 nach München erwartet, auf dem anderen der Regionalzug nach Aalen. Nach München soll dereinst die Schnellbahntrasse führen, in Aalen hatten am Wochenende die Grünen bei ihrem Landesparteitag ihre eigene Kampagne gegen den Tiefbahnhof eingeläutet.

 

Während des Grünen-Parteitags war immer wieder das Argument zu hören gewesen, wegen Stuttgart 21 werde für andere Schienenprojekte im Land das Geld fehlen - für die Rheintalbahn, für die Gäubahn oder die Elektrifizierung der Südbahn von Ulm nach Friedrichshafen. Doch nun sagt CDU-Landeschef Thomas Strobl, einer der Protagonisten der Pro-Kampagne, diese Behauptung sei eine "gigantische Volksverdummung".

Wenn Stuttgart 21 nicht gebaut werde, fließe das Geld des Bundes nach Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Der Südwesten hingegen gehe leer aus. "Wenn wir Stuttgart 21 ablehnen", sagt Strobl , "dann freuen sich einige meiner Kollegen im Bundestag über den Schienenausbau in anderen Teilen Deutschlands." Die Pro-Stuttgart-21-Kampagne trete dafür ein, dass "das Land Knotenpunkt für internationale Schienenverbindungen wird, damit das Land auch künftig erfolgreich ist."

Befürworter argumentieren mit Ausstiegskosten

Bei beiden Kampagnen - für und wider den Tiefbahnhof - steht das Geld im Mittelpunkt. So wie die Gegner des Projekts vor künftigen Kostensteigerungen warnen, rücken die Befürworter die Ausstiegskosten in den Mittelpunkt. Oberbürgermeister Schuster operiert mit der - allerdings umstrittenen - Zahl von 1,5 Milliarden Euro.

Und um bildkräftig zu beweisen, was da auf das Land zukäme, zieht er sogar einen 100-Euro-Schein aus dem Geldbeutel und hält die Hand hoch über den Kopf. Neun 100-Euro-Stapel, jeder einzelne so hoch wie der Turm des Ulmer Münsters (161 Meter), könne man aufschichten, um auf den Betrag von 1,5 Milliarden Euro zu kommen, sagt Schuster. Im Fall der Stuttgarter Stiftskirche mit ihren 61 Meter Höhe seien es sogar 25 Stapel frisch gedruckter 100-Euro-Scheine. "Das wäre dann die größte Geldvernichtung in der Geschichte des Landes."

Dem Pro-Bündnis, das da an den Start geht, gehören CDU und FDP, Politiker von SPD und Grünen sowie Bürgervereine an. Auch die kommunalen Landesverbände mischen mit. Roger Kehle, der Präsident des Gemeindetags, nimmt eine Stimmung im Land wahr, die ein Ende des Dauerkonflikts herbeisehnt. Wichtig ist ihm die Botschaft, dass Stuttgart 21 "ein Infrastrukturprojekt für das ganze Land ist". Wenn nicht gebaut werde, sei dies von Nachteil für das Land.

Der Verein hofft auf Spenden

Mit dem Grünen-Politiker Stefan Faiß, haben die Befürworter den Gründer der Gruppe "Juristen für Stuttgart 21" und Sprecher des regionalen Bündnisses "Wir sind Stuttgart 21" gewonnen. Der Professor für Steuer- und Wirtschaftsrecht ist seit 1998 bei den Grünen und saß fünf Jahre im Kreisvorstand Esslingen, ehe er im Streit über Stuttgart 21 von diesem Posten zurücktrat. Faiß hält eine Kündigung der Finanzierungsvereinbarung zum Tiefbahnhof für juristisch unwirksam. Er engagiert sich, weil es aus seiner Sicht um ein grünes ökologisches Projekt mit großen städtebaulichen Entwicklungschancen in Stuttgart geht.

Faiß verweist darauf, dass laut einer Umfrage vom August immerhin 36 Prozent der Grünen-Anhänger für Stuttgart 21 votiert haben. Zur Finanzierung seiner Aktivitäten will der Verein Pro Stuttgart 21 indes keine Angaben machen. Nur so viel: man hofft auf Spenden. Bernhard Maier von der Geschäftsführung des Vereins sagte, man strebe die Anerkennung der Gemeinnützigkeit an. Diese war dem Verein zuletzt von den Finanzbehörden entzogen worden.