Der Kampf um die Stimmen vor der Stuttgart-21-Volksabstimmung ist noch nicht in Fahrt, da gibt es schon Streit: wer darf wie für seine Meinung werben?

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Der Wettbewerb um die Bürgergunst vor der Volksabstimmung über Stuttgart 21 ist noch nicht in Fahrt, da gibt es bereits Streit, wer wie für seine Position werben darf. Gegen das Mehrheitsvotum der Regionalversammlung, bis zu einer Million Euro für eine Kampagne pro Stuttgart 21 auszugeben, erheben die Grünen Einspruch. Doch das Vorgehen des Verbandes entspricht den Landesvorgaben.

 

Es gibt zwei Gründe, warum Ingrid Grischtschenko verärgert ist über die Abstimmung im Wirtschaftsausschuss des Regionalparlaments. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen findet, es sei "grenzwertig", dass die überplanmäßige Ausgabe erst als Tischvorlage in der Sitzung verteilt wurde. "Mal schnell eine Million Euro aus dem Ärmel schütteln, das haben wir so noch nie gemacht", kritisiert Grischtschenko. Entscheidender aber sei: Mit dieser einseitigen Verteilung der Mittel verletze der Regionalverband seine Neutralitätspflicht vor der Abstimmung, sagt die Fraktionschefin.

Wie die Stadt sich engagiert, ist noch nicht klar

Thomas Kiwitt, Chefplaner des Verbands, hält dagegen: "Wir dürfen unsere Verbandsposition zum Ausdruck bringen", sagt der stellvertretende Regionaldirektor. Was er für normal hält. "Wenn man abstimmen soll, dann muss man wissen, worüber", erklärt der Planer. Der VRS gehört zu den Projektträgern, er finanziert 100 Millionen Euro an Stuttgart 21. Mit der einen Millionen Euro soll etwa eine Broschüre finanziert werden, die an alle 1,3 Millionen Haushalte in der Region verteilt wird.

Dieses politische Scharmützel geht aller Voraussicht nach zugunsten des Regionalverbandes aus. Ingrid Grischtschenko gehört zu mehreren Personen, die sich wegen der Frage der Neutralitätspflicht vor Volksabstimmungen an das Regierungspräsidium gewandt haben. Behördensprecher Clemens Homoth-Kuhs ist das Thema geläufig. Er verweist auf die im Internet hinterlegten Papiere der Landesabstimmungsleiterin und des Innenministeriums.

"Striktes Neutralitätsgebot"

Danach gilt vor der Volksabstimmung ein "striktes Neutralitätsgebot" nur für all jene Personen und Organe, die unmittelbar "mit der Vorbereitung und Durchführung der Volksabstimmung befasst" sind. Darunter fallen etwa die zuständigen Ämter und deren Mitarbeiter. Darüber hinaus gelte bei Bürgerbefragungen "ein weniger strenges Sachlichkeits- und Objektivitätsgebot". Dies erlaube "den von dem Abstimmungsgegegenstand betroffenen Stadt- und Landkreisen sowie den Kommunen, sich in sachlicher Weise für oder gegen das S-21-Kündigungsgesetz auszusprechen". Allerdings enthalten die Hinweise des Innenministeriums auch eine Einschränkung: die Äußerungen dürften "keine unmittelbare Empfehlung zur Frage der Abstimmung enthalten". Die Frage wird sein, wo die Trennlinie zwischen Sich-für-eine-Seite-aussprechen und einer direkten Empfehlung verläuft. Dies müsse man "in jedem Einzelfall prüfen", sagte Clemens Homoth-Kuhs.

Wie will in den nächsten Wochen die Landeshauptstadt über Stuttgart 21 informieren? OB-Sprecher Markus Vogt stellt schon mal klar: "Dazu haben wir nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht", es gebe "eindeutige Beschlüsse" der Ratsmehrheit zu Stuttgart 21, sagt er. Wie die Stadt sich engagiert, ob man den Verein Pro Stuttgart 21 unterstützen werde, das sei "noch nicht entschieden", erklärt Vogt. Man werde abwarten, was der Verein genau plane. Sicher sei aber schon, dass es dafür bei der Stadt "kein zusätzliches Geld" geben werde über den Jahresetat von 650.000 Euro hinaus, der für laufende Aktivitäten zugunsten von Stuttgart 21 verwendet wird.