Mercedes-Benz möchte von Möhringen ins Degerlocher Gewerbegebiet Tränke ziehen. Voraussetzung für die Daimler-Tochter ist allerdings, dass der Vollanschluss an die B 27 gebaut wird. Das barg Zündstoff für die Sitzung der Bezirksbeiräte.

Degerloch - Der Degerlocher Bezirkschefin Brigitte Kunath-Scheffold platzte irgendwann die Hutschnur. „Es tut mir leid, dass ich niemanden an der Leine in den Bezirksbeirat ziehen kann. Mehr Möglichkeiten hatte ich nicht“, sagte sie ungewohnt direkt in Richtung der Grünen-Fraktion im Bezirksbeirat. Adressat ihres Ärgers war insbesondere der Grünen-Bezirksbeirat Horst-Henning Grotheer. Er hatte zuvor mit Nachdruck kritisiert, dass der Architekt Thomas Oei als Vertreter des Bauherren Mercedes-Benz von Brigitte Kunath-Scheffold in das Gremium geladen worden war.

 

Das Aussehen des Autohauses interessierte eher nicht

Es lag in der Natur der Sache, dass sich Oei nur zu den Dingen äußern konnte, für die er zuständig ist: den Bau des Autohauses im Gewerbegebiet Tränke, das ein bisheriges Service-Werk an der Sigmaringer Straße ersetzen soll. Das missfiel nicht nur den Grünen, sondern provozierte auch Nachfragen und Unmutsäußerungen von Bezirksbeiräten verschiedener Fraktionen. Die Lokalpolitiker beschäftigte etwas anderes nämlich viel mehr als das künftige Aussehen des Autohauses. Sie wollten wissen, ob mit dem Bau auch der im Bezirk seit Jahren umstrittene Vollanschluss an die Bundesstraße 27 Realität wird.

Die Degerlocher Bezirksvorsteherin Brigitte Kunath-Scheffold wies die Kritik an der Einladung Thomas Oeis zurück. Sie verwies darauf, dass sie keinen anderen Ansprechpartner von Seiten des Unternehmens gefunden hat, der sich den Fragen der Degerlocher Bezirksbeiräte hätte stellen wollen. Brigitte Kunath-Scheffold habe deshalb den Bezirksbeiräten wenigstens eine Gelegenheit bieten wollen, sich darüber zu informieren, was Mercedes-Benz im Gewerbegebiet Tränke nun tatsächlich plant.

Ohne den Vollanschluss baut Mercedes-Benz nicht

Für 2,8 Millionen Euro will die Daimler-Benz-Tochter das Grundstück erwerben. Allerdings setzt das Unternehmen voraus, dass es einen verbesserten Anschluss des Degerlocher Gewerbegebiets an die B 27 gibt, sprich den von vielen Lokalpolitikern abgelehnten Vollanschluss.

Für zusätzliche Unruhe sorgten Erklärungen der Betreuungsstadträte von SPD und Grünen. Ergun Can (SPD) und Beate Schiener (Grüne) wiesen daraufhin, dass sich die Stadträte bald nach der Sitzung mit dem Projekt von Mercedes-Benz befassen wird. Der Gemeinderat will am heutigen Donnerstag eine Entscheidung dazu treffen.

Die SPD brachte daraufhin einen Antrag ein. Er fordert zum einen, dass der Bezirksbeirat über die weitere Planung und Finanzierung eines Anschlusses an die B 27 informiert wird. Zum anderen sieht der Antrag vor, dass der Bezirksbeirat erst einen Beschluss fasst, wenn Details zur Verkehrsberuhigung, Finanzierung und der zeitlichen Abfolge des Projekts bekannt sind. Über die beiden Forderungen wurde auf Betreiben der FDP getrennt abgestimmt. Beide Teile wurden vom Gremium angenommen, allerdings gab es Gegenstimmen und Enthaltungen aus dem bürgerlichen Lager.

Erstaunt über die Debatte im Bezirksbeirat

Der Fellbacher Architekt Thomas Oei zeigte sich erstaunt, dass seine Projektpräsentation Anlass zu einer Debatte geworden ist. „Mit so viel Aufregung habe ich nicht gerechnet“, sagte Oei.

Er hofft bereits im August auf eine Genehmigung der Stadt für sein Vorhaben. Zwei Gebäudeteile sollen entstehen. Das eine mit zwei Geschossen soll Verwaltung und Kundenannahme beherbergen. Der zweite, dreigeschossige Teil soll auf zwei Stockwerken Platz für Stellplätze bieten. Dem Liberalen Peter Hönig missfiel, dass es keine Tiefgarage geben soll. Oei wies die Kritik mit Hinweis auf das Grundwasser zurück. „Niemand baut Parkraum in einer abgedichteten Wanne, wenn es anders geht“, sagte er.