Mehrere tausend historische Videos hat das Filmunternehmen „British Pathé“ ins Netz gestellt. Auch Beiträge über Stuttgart sind dabei. Diese stellen wir in einer Serie vor. Heute: Aufnahmen vom Turnfest 1933 in Stuttgart.

Digital Desk: Anja Treiber (atr)

Stuttgart - Das Filmunternehmen „British Pathé“ hat mehrere tausend historische Videos ins Netz gestellt. Auch Beiträge über Stuttgart sind dabei. Diese stellen wir in einer Serie vor. Heute: Aufnahmen vom Turnfest 1933 in Stuttgart.

 

Einfache Bewegungen nach links und rechts werden zu einer eindrücklichen Inszenierung, wenn sie von Tausenden Turnern gleichzeitig ausgeführt werden. Der einzelne Athlet geht unter in einem wogenden Meer aus Menschen. Dieser Anblick hat sich Adolf Hitler beim 15. Deutschen Turnfest im Juli 1933 in Stuttgart geboten.

Jetzt kann sich jeder dieses Zeugnis nationalsozialistischer Propaganda und Stuttgarter Stadtgeschichte auf Youtube anschauen. Zusammen mit mehr als 8000 Videos hat der Sender „British Pathé“ diesen Beitrag kürzlich auf Youtube veröffentlicht.

Dieses Video ist leider ohne Ton veröffentlicht worden.

Etwa 40.000 Besucher kommen in das Stadion auf dem Cannstatter Wasen, um sich die Eröffnungsfeier des Turnfestes anzuschauen. Aus dem ganzen Deutschen Reich sind die Turnerinnen und Turner nach Stuttgart gereist. Aus Berlin, Breslau, Dresden, Hannover, Königsberg und anderen Städten treffen Sonderzüge am Stuttgarter Bahnhof ein.

Das Spektakel beschränkt sich allerdings nicht nur auf das Stadion in Bad Cannstatt – die Veranstaltungen verteilen sich auf die ganze Stadt. Am Nachmittag des 23. Julis formieren sich in der Rotebühlstraße, in der Hauptstätter Straße sowie in Bad Cannstatt Festzüge, die sich auf dem Cannstatter Wasen zu einer imposanten Masse vereinen. „Höhepunkt des Nachmittags ist die offizielle Übergabe des neuen Stadions – der Adolf-Hitler-Kampfbahn – mit einer ‚Weiherede’ von OB Dr. Strölin“, heißt es in der Stuttgarter Stadtchronik. Der Nationalsozialist Karl Strölin war seit Mai 1933 Oberbürgermeister von Stuttgart.

Nationalsozialistische Heerschau für den Führer

Das Turnfest vom 22. bis 30. Juli diente den Nationalsozialisten zu politischen Propagandazwecken. Bereits im Frühjahr hatte der Vorstand der Deutschen Turnerschaft seine politische Neutralität aufgegeben und sich „mit vollem Herzen“ zum Nationalsozialismus bekannt. Und so wird das Turnfest zu einer klassischen NS-Inszenierung mit Massenveranstaltungen, Propagandareden und Fackelaufmärschen.

Am 29. Juli ziehen Tausende mit brennenden Fackeln hinab ins Stadion. Reichspropagandaminister Joseph Goebbels spricht nach Einbruch der Dunkelheit auf dem Cannstatter Wasen: „Wir haben der deutschen Zwietracht den Dolch mitten ins Herz gestoßen, wir haben aus Klassen und Ständen wieder ein Volk geschmiedet.“ Presseberichten zufolge sollen sich 500.000 Menschen versammelt haben.

Den Höhe- und Schlusspunkt der Feier bildet der Einzug von 17.000 Turnerinnen und 42.000 Turnern, die in 40 Kolonnen in die Adolf-Hitler-Kampfbahn einmarschieren. Unter den Nazi-Größen auf den Rängen sitzt auch Adolf Hitler.

Der „Von Zeit zu Zeit“-Chronist Rolf Schmid schreibt in der StZ-Geschichtswerkstatt über seine Erlebnisse beim Turnfest 1933.

Die Geschichtswerkstatt „Von Zeit zu Zeit“

Sie wollen noch mehr über die Geschichte Stuttgarts erfahren? Dann besuchen Sie die Geschichtswerkstatt „Von Zeit zu Zeit“ der Stuttgarter Zeitung. Das interaktive Portal ist in Kooperation mit dem Stadtarchiv entstanden und gibt Ihnen die Möglichkeit die Geschichte der Stadt mitzuschreiben. Wer sich als Chronist anmeldet, kann Fotos hochladen oder eigene Zeitzeugenberichte verfassen.