Am Dienstag treffen sich die Staats- und Regierungschefs der 19 Euro-Länder zum Sondergipfel in Brüssel. Bis dahin verlangt man von Athen neue Pläne aus der Krise. Unterdessen reist Kanzlerin Angela Merkel zu ihrem Amtskollegen Hollande nach Paris.

Athen/Berlin  - Griechenland will den Euro-Partnern bei ihrem Sondergipfel am Dienstag in Brüssel neue Vorschläge gegen die Schuldenkrise vorlegen. Ministerpräsident Alexis Tsipras versprach dies Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei einem Telefonat am Tag nach dem griechischen Referendum, wie ein Regierungssprecher in Berlin und Regierungskreise in Athen bestätigten. Trotz des Erfolgs bei der Volksabstimmung trat Tsipras’ umstrittener Finanzminister Gianis Varoufakis zurück.

 

Sein Schritt könne dem Regierungschef vielleicht helfen, eine Vereinbarung mit den Geldgebern zu erreichen, erklärte Varoufakis: „Aus diesem Grund verlasse ich das Finanzministerium heute.“ Er galt im Kreise der Euro-Finanzminister als isoliert.

Tsipras verlangt Zugeständnisse von Geldgebern

Bei der Volksabstimmung über die Sparvorgaben der Gläubiger hatten am Sonntag 61,31 Prozent der Wähler mit „Nein“ und 38,69 Prozent mit „Ja“ votiert, wie das Innenministerium in Athen mitteilte. Regierungschef Tspiras verlangte nach diesem Ergebnis Zugeständnisse der Gläubiger. Führende EU-Politiker forderten die Regierung in Athen auf, neue Vorschläge zur Lösung der Schuldenkrise vorzulegen. Offen blieb zunächst, wie diese Vorschläge aussehen könnten.

Dem Treffen der Staats- und Regierungschefs aller 19 Euro-Länder am Dienstag war eine hektische Krisen-Diplomatie in Europa vorausgegangen. Am Montagvormittag telefonierten Griechenlands Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos und Ministerpräsident Tsipras nach Medienberichten mit dem französischen Präsidenten François Hollande, der wiederum am Abend Merkel in Paris erwartete.

Merkel sieht keine Basis für Verhandlungen

„Beide sind sich darin einig, dass das Votum der griechischen Bürger zu respektieren ist“, erklärte das Bundespresseamt zu dem Treffen. Merkel ließ mitteilen, dass sie vorerst keine Basis für Verhandlungen zur Rettung der griechischen Staatsfinanzen sehe.

Nach Ansicht der Bundesregierung muss nun erkundet werden, wie den griechischen Bürgern zu helfen wäre. „Bei alledem wird es sehr darauf ankommen, welche Vorschläge die griechische Regierung auf den Tisch legt“, sagte Merkels Sprecher Steffen Seibert. Auch die Regierungen in Paris, Rom und Wien sowie die Euro-Finanzminister insgesamt forderten von Athen frische Ansätze zur Lösung der Krise. Der französische Ressortchef Michel Sapin signalisierte Bereitschaft, über eine Verminderung der griechischen Schuldenlast zu verhandeln.

Gabriel: Athen muss sich bewegen

Der deutsche Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel verlangte mehr Bewegung von Athen. „Wenn Griechenland im Euro bleiben will, muss die griechische Regierung schnell ein substanzielles Angebot machen, das über ihre bisherige Bereitschaft hinausgeht“, sagte Gabriel in Berlin. Der slowakische Finanzminister Peter Kazimir warnte davor, dass Athen aufgrund des Referendums nun „leichter an Geld komme“. Auch Estland, Lettland und Litauen äußerten sich kritisch.

Tsipras betonte in einer Fernsehansprache, sein Land sei zu Reformen bereit. Dringend nötig seien aber Investitionen sowie die Umstrukturierung der Schulden. Die meisten griechischen Oppositionsparteien kündigten nach einem Treffen in Athen an, Tsipras Kurs bei den Verhandlungen zu unterstützen.

Tsakalotos tritt Varoufakis' Nachfolge an

Der bisherige griechische Vize-Außenminister Euklides Tsakalotos wird neuer Finanzminister seines Landes. Dies teilte die griechische Regierung am Montag nach dem Rücktritt des bisherigen Finanzministers Gianis Varoufakis mit.

Die griechischen Banken leiden unter Liquiditätsproblemen. Seit einer Woche gelten in Griechenland Kapitalverkehrskontrollen. Vor den Bankautomaten bildeten sich erneut lange Schlangen. Die Banken blieben geschlossen; Kontoinhaber dürfen täglich höchstens 60 Euro abheben. Der Rat der EZB wollte telefonisch über die Lage beraten.

Fünf Stunden vor dem Sondergipfel in Brüssel sollen sich dort auch die Euro-Finanzminister treffen. Sie können die EU-Kommission beauftragen, mit Athen über ein neues Hilfsprogramm zu verhandeln. „Falls alle Seiten ernsthaft arbeiten, ist es möglich, eine Lösung in dieser sehr komplizierten Lage zu finden“, sagte der für den Euro verantwortliche Kommissionsvizechef Valdis Dombrovskis in Brüssel.

Der Euro machte erste Kursverluste rasch und fast vollständig wieder wett.