Die neue Vorabendserie „Huck“ dreht sich um einen Privatdetektiv und spielt in Bad Cannstatt. Die ARD lässt den Ermittler ordentlich schwäbeln.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Kommissare, Polizisten, Ärzte, Lehrer, Journalisten – das ist das nicht sehr differenzierte Berufs-Sortiment, aus dem sich der Großteil der deutschen Serienprotagonisten zu bedienen hat. Privatdetektive gehören auch dazu. Die sind dann meistens ungebunden, notorisch knapp bei Kasse, eigenwillig, unbürgerlich bis nah an der verkrachten Existenz – „unkonventionell“ heißt das dann gern in der Figurenbeschreibung. Insofern entspricht der neueste TV-Vertreter dieses Berufszweigs zu Hundertprozent dem Klischee: Der heißt Huck und ermittelt von diesem Dienstag an achtmal am Vorabend (18.50 Uhr) im Ersten.

 

Dieser Huck, gesprochen wie geschrieben, sei richtig cool und brauche daher keinen Vornamen, „ein Mann mit Rückgrat, Gefühl und Instinkt“, so preist das Presseheft den neuen Serienheld an. Huck, gespielt von Patrick von Blume, war mal Polizist, hat aber Probleme mit Autorität, deshalb ist er es nicht mehr. Er lebt in einem ehemaligen Industriebau, rohe Backsteinwände, viel Chaos in der Wohnküche. Sein Mitbewohner ist sein Neffe Caspar, der zum Studieren in Stuttgart ist, aber statt zu büffeln lieber auf dem Tablet daddelt.

Soweit, so abgegriffen. Neu ist indes: der Privatdetektiv schwäbelt, und er lebt in Stuttgart-Bad Cannstatt. Beides ist nach Aussage der Macher – produziert wurde die Serie von der Polyphon Südwest in Zusammenarbeit mit Maran Film im Auftrag der ARD Werbung und des Südwestrundfunks – ein Novum. Das mag sein, doch zu viel mehr hat der Einfallsreichtum scheinbar nicht gereicht. Viel Ansichten von Stuttgarts Verkehrsschneisen und der Cannstatter Fußgängerzone, mäßig spritzige Dialoge, ab und an dann doch eine wirklich witzige Szene – so präsentiert sich zumindest die erste Folge mit dem Titel „Cannstatter Kurve“.

Punkten mit urbanem Milieu

Schwäbischer Dialekt und schwäbisches Lokalkolorit tauchten zuletzt im Ersten mit der nicht von Erfolg gekrönten Vorabendserie „Fuchs und Gans“ auf, in der eine naseweise Jung-Reporterin in Bad Urach von einem Kriminalfall zum nächsten stolperte und sich mit einem pensionierten Polizisten zoffte. Anstatt mit provinzieller Fachwerk-Heimeligkeit versucht der SWR nun, mit urban-aufgerautem Milieu und Multikulti im Ersten zu punkten. Nicht das schicke Killesberg-Stuttgart mit den porschebestückten Garagen steht im Fokus, sondern das bunte, ungeschliffene Cannstatt, wo der VfB, die Autoindustrie und der Wasen zuhause sind und die Bewohner viele Nationalitäten haben, eben ein Stadtteil „der Brüche und Widersprüche“, was ihn überrascht habe, wie der Regisseur Patrick Winczewski, der vier der acht Folgen verantwortete, während der Dreharbeiten erzählt hatte.

Der Multikulti-Farbtupfer ist Hucks Serienpartner und bester Freund, der Ladenbesitzer Cem (Aykut Kayacik): eine durch und durch schwäbische Seele mit türkischen Wurzeln, fleißig, ordentlich, bodenständig, aber auch mit einem Hang zum Abenteuer, weshalb er sich immer wieder in Hucks Fälle einmischt und kräftig mitermittelt. Dieses Spiel mit den kulturellen Identitäten unter vermeintlich umgekehrten Vorzeichen ist zwar nicht sehr originell, dennoch birgt die Konstellation schwäbischer Türke/eher unschwäbischer Schnüffler ein gewisses Unterhaltungspotenzial, aus dem das Autorenteam schöpfen kann. Die Fälle spiegeln „die Probleme und die Besonderheiten Cannstatts“, heißt es. In der Vorstellung der Drehbuchautoren (unter anderem Helmut Schweiker und Michael Glasauer) sind das: Immobilienspekulationen, Weinskandale, vergiftetes Brunnenwasser oder die Entführung einer türkischen Braut.

Sein erster Fall bringt Huck mit dem ersten Fußballverein der Landeshauptstadt zusammen – auch das noch, wo Huck gleich zu Beginn angesichts grölender Fans in den Cannstatter Gassen vor sich hin murmelt: „Ich hasse Fußball“. Der VfL steht vor einem wichtigen Spiel, ausgerechnet jetzt wird die Freundin des Torwarts entführt. Vermittelt durch dessen Anwältin Katja (Valerie Koch) landet der Fall bei Huck. Sie spielt dem Privatdetektiv regelmäßig die Fälle zu, damit er seine Miete zahlen kann – und ist, wie sich in den weiteren Folgen herausstellen wird, das, was man im TV-Jargon „love interest“ nennt: Huck steht auf sie, dummerweise ist die gewiefte Rechtsexpertin verheiratet.

Daumen nach oben

Die Darsteller machen ihre Sache ordentlich; Patrick von Blume, gebürtiger Ravensburger, schafft es, sein TV-Schwäbisch nicht gestelzt und wie aus dem Lehrbuch abgelesen klingen zu lassen. Den rockigen Titelsong – ebenfalls auf Schwäbisch – singt er im Übrigen selbst. Man nimmt von Blume den verlotterten, ruppigen, aber aufrechten Privatermittler ab; zum Auftakt stellt er sich allerdings weniger cool als bauernschlau an, lässt sich von seinen Gegnern überrumpeln und hat es im Kreuz, am Schluss kann er freilich dennoch den Daumen nach oben recken. Was Patrick von Blume wie auch Aykut Kayacik und Valerie Koch aber zusetzt, ist der künstlich verkomplizierte und trotzdem leicht durchschaubare Plot. Dem Schauspieler-Ensemble – und dem Zuschauer – bleibt zu wünschen, dass die Drehbücher der weiteren Serienteile weniger schwerfällig ausfallen.