Bastian Schweinsteiger, Lukas Podolski und Mario Gomez waren auch bei der EM 2008 dabei – die Jungstars von damals haben ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht und sind jetzt wieder mit von der Partie.

Ascona - Beim Landeanflug auf den Flughafen von Lugano ist Bastian Schweinsteiger am Dienstag sentimental geworden. Erst blickte er aus dem Fenster, sah den Lago Maggiore und erinnerte sich „an die wunderschöne Zeit“, die er hier vor acht Jahren verbracht hatte. Dann blickte er im Flugzeug umher und versuchte, „jemanden zu finden, der damals auch schon dabei war“. Doch da saßen zwischen all den jungen Spielern kein David Odonkor mehr und auch kein Oliver Neuville – sondern nur Mario Gomez und Lukas Podolski, die einzigen Verbliebenen von der Europameisterschaft 2008.

 

Damals war Ascona das Basislager der deutschen Nationalmannschaft während des Turniers in Österreich und der Schweiz, jetzt ist es der Ort, an dem sich die DFB-Auswahl auf die EM in Frankreich vorbereitet. Eine Menge hat sich seither verändert – nicht in Ascona, wo die Zeit stehengeblieben zu sein scheint, dafür aber in Fußballdeutschland. „Die Mannschaft“, wie der DFB seine Paradeequipe neuerdings mit nicht nachlassender Penetranz bezeichnet, ist inzwischen amtierender Weltmeister, die Aufgeregtheiten rund um das Team von Joachim Löw sind noch größer geworden. Und aus Schweinsteiger (31), Gomez (30) und Podolski (30), den Jungstars von damals, wurde die Ü-30-Fraktion, in der die Rollen ganz unterschiedlich verteilt sind.

Bastian Schweinsteiger: Aufgeben gibt es nicht

Bastian Schweinsteiger Wasserstoffblond gefärbte Haare hatte Schweinsteiger damals und war ein Wirbelwind am rechten Flügel. Nun ist er längst zentraler Mittelfeldspieler und in Ehren ergraut. Ein Weltstar ist aus ihm geworden, der nach unzähligen Titeln von den Bayern zu Manchester United ging – und nun dagegen ankämpft zum alternden Star zu werden, dessen große Zeit nach 114 Länderspielen ein für allemal vorüber ist.

Wie vor der WM 2014 ist Schweinsteiger verletzt in die Turniervorbereitung gestartet. Damals holte er den körperlichen Rückstand im Laufe des Turniers auf und avancierte am Ende, im Finale von Rio, zum großen Helden mit blutender Platzwunde im Gesicht. Auch diesmal werde er zurückkommen, sagt Schweinsteiger, vor der WM sei er „in noch schlechterem Zustand“ gewesen, ihm gehe es gut, er sei im Zeitplan – und überhaupt: „Das Wort aufgeben gibt es für mich nicht“.

Trotzdem gibt es große Zweifel, ob es nach der schweren Knieverletzung noch einmal reichen wird – sogar beim Bundestrainer, der keinen Spieler für unersetzlich hält, nicht einmal den Mannschaftskapitän. Sollte Schweinsteiger ausfalle, das hat Joachim Löw bereits bei der Kadernominierung gesagt, dann werde eben ein anderer Kapitän bestimmt, „wir haben schließlich einen wahnsinnig starken Mannschaftsrat“.

Lukas Podolski: Nicht nur fußballerische Qualitäten zählen

Lukas Podolski Das Haar trägt Lukas Podolski noch immer so wie vor acht Jahren und hat sich auch ansonsten nicht erkennbar verändert. Der lustige Poldi ist er geblieben, der gern Vollspann aufs Tor schießt und ansonsten mit noch immer kindlicher Freude für gute Laune sorgt. Doch ist er inzwischen fast nur noch für Letzteres zuständig. Der Stammspieler, der er noch bei EM 2008 war, ist er längst nicht mehr und hat stattdessen einen Stammplatz auf der Ersatzbank, auch wenn inzwischen unfassbare 127 Länderspiele auf seiner Autogrammkarte stehen.

Als besseres DFB-Maskottchen wird Podolski bisweilen verspottet, weil er rein sportlich schon seit Jahren keine tragende Rolle mehr spielt. Die vorzeitige Ausmusterung wird er aber auch diesmal nicht fürchten müssen. Vor allem an den Kölner dürfte Löw gedacht haben, als er erklärte, dass der Zusammenstellung der Mannschaft „nicht allein fußballerische Qualitäten“ zu Grunde lägen. Sondern auch die Frage, „welchen Beitrag ein Spieler abseits des Platzes leisten kann“. Auf Podolskis Frohsinn ist Verlass, das weiß der Bundestrainer – und freut sich schon darauf, dass der Stürmer, der Galatasaray Istanbul am Donnerstagabend per Kopf zum türkischen Pokalsieg gegen Fenerbahce Istanbul schoss, zur Mannschaft stößt. Die Gefahr des Lagerkollers wird sich dann markant verringern.

Mario Gomez: Die gefestigte Persönlichkeit

Mario Gomez Der Einzige im deutschen 2008er-Trio, der sich nur ungern an damals zurückerinnern wird. ist Mario Gomez. Denn seine Karriere im Nationalteam erfuhr in jenem Sommer eine Wendung. Als Fußballer des Jahres war er zur EM gereist, als Stuttgarter Wunderstürmer, der aus allen Lagen ins Tor trifft. Und dann das: im Gruppenspiel gegen Österreich schoss er fast auf der Torlinie stehend drüber. Jahrelang verfolgte ihn diese spektakulär vergebene Chance.

Gomez wurde vom eigenen Publikum ausgepfiffen, von den Kritikern verhöhnt, vom Bundestrainer nicht für die WM 2014 berücksichtigt. Mit den Bayern gewann er das Triple und wurde trotzdem fortgeschickt, in Florenz verlor er zwei Jahre, im Nationalteam wurde er immer wieder auf den Blackout gegen Österreich reduziert. Es bedarf einer besonders gefestigten Persönlichkeit, um sich von all dem nicht komplett unterkriegen zu lassen.

Ausgerechnet der Wechsel in die Türkei, der das Ende aller Ambitionen zu besiegeln schien, hat seine Karriere wieder in Schwung gebracht. Als selbstbewusster Meister und Torschützenkönig ist er zur Nationalelf gereist, wo er nun einen weiteren Neuanfang unternimmt. Und so ist es ausgerechnet Gomez, der von den verbliebenen Spielern der EM 2008 die beste Form und Fitness mitbringt. Mittlerweile, sagt er, „will ich nur noch Spaß haben“.

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat im Trainingscamp im Tessin die U-20-Junioren des DFB mit 7:0 bezwungen. In der geheimen Partie über viermal 20 Minuten traf Karim Bellarabi doppelt. Für die weiteren Treffer sorgten Mario Gomez, Leroy Sané, André Schürrle, Julian Draxler und Mario Götze.