Die Kieler Tatort-Kommissare Borowski und Brandt haben es mit einem ermordeten Kinderschänder zu tun – und müssen diesmal tief in einen sozialen Brennpunkt eintauchen.

Stuttgart - „Fickt euch“, „Arschloch“, „Wichser“: im Kieler Tatort „Borowski und die Kinder von Gaarden“ (Sonntag, 29. März, 20.15 Uhr im Ersten und in der ARD-Mediathek) wird oft und viel geflucht. Die Kraftausdrücke kommen dabei vor allem aus Kindermündern. Damit ist klar: Klaus Borowski (Axel Milberg) und Sarah Brandt (Sibel Kekilli) ermitteln diesmal in einem sozialen Brennpunkt, genauer gesagt im Elendsquartier Gaarden, das für seinen überdurchschnittlich hohen Anteil an Kinderarmut bekannt ist.

 

Der 60-jährige Onno Steinhaus wird in seiner vergammelten Wohnung in einem der Gaardener Plattenbauten tot aufgefunden. Was offenbar jeder im Viertel wusste, aber dann irgendwie doch keinen interessierte: Steinhaus war ein verurteilter Kinderschänder. Ausgerechnet bei ihm hat sich eine Art Jugendtreff etabliert – vernachlässigte Jungs aus dem Viertel kamen zu dem Pädophilen, um sich zu betrinken und Pornos zu schauen.

Im Lauf der Ermittlungen taucht ein Video auf, das darauf schließen lässt, dass sich Steinhaus einige Tage vor seinem Ableben an einem der Jungen, Timo Scholz (Bruno Alexander), vergangen hat. Ein anderer Handyfilm zeigt, wie Jugendliche Steinhaus auslachen und treten. Wurde der Pädophile Opfer der verrohten und gewaltbereiten Jungs?

Realer Fall als Grundlage

Armut, soziale Kälte, rauer Umgangston: Borowski und Brandt tauchen diesmal tief in die Unterschicht ein. Immer wieder stößt der eloquente Borowski an seine Grenzen, wenn er mit den rotzfrechen und unkontrollierbaren Jugendlichen zu tun hat, die nichts und niemanden ernst nehmen. Sarah Brandt trifft derweil auf einen alten Bekannten: Thorsten Rausch (Tom Wlaschiha, bekannt aus der Kult-Serie „Game of Thrones“), Nachbar aus Kindertagen, ist als Polizist für das Sozialviertel Gaarden zuständig. Auffällig oft sucht die Ermittlerin die Nähe zu dem großkotzigen Kiezpolizisten.

Der Regisseur Florian Gärtner inszeniert das Elend mit düsteren Bildern und zeigt, wie vor allem Kinder unter der Armut ihrer Eltern leiden. Dass sich die Drehbuchautoren Eva und Volker A. Zahn von einem realen Fall aus Berlin inspirieren ließen, berührt und verstört zugleich.

Der Kieler Tatort im Kurzcheck

Schönste Krimifloskel: „Revierpflege,“ antwortet der Polizist Thorsten Rausch auf Borowskis Frage, was er denn in der Wohnung eines Verdächtigen macht. Wie diese Revierpflege genau aussieht, erfährt der Zuschauer kurz vor Borowskis Auftritt. Nur so viel: mit Polizeiarbeit hat es nicht besonders viel zu tun.

Heimliche Stilikone: Mit dunkler Pilotenbrille, breitbeinigem Gang und immer einem Macho-Spruch auf den Lippen wirkt der Kiezbulle Thorsten Rausch wie eine Figur aus einem amerikanischen Actionfilm. Zunächst findet man das als Zuschauer etwas übertrieben, doch Tom Wlaschiha schafft es, eine beeindruckend vielschichtige Figur zu verkörpern.

Gefühlter Moment, in dem der Fall gelöst ist: Nach einer guten Stunde denkt man zwar, der Fall sei eigentlich gelöst. Tatsächlich bleibt der Tatort aber bis zum Schluss spannend.