Graue Wände, unberechenbare Pfleger und verzweifelte Bewohner: Der österreichische Tatort aus der Steiermark konfrontiert den Zuschauer mit dem unbequemen Thema Altersarmut. Wer danach nicht noch einmal über seine Altersvorsorge nachdenkt, ist vermutlich eingeschlafen.

Digital Desk: Anja Treiber (atr)

Stuttgart - Graue Wände schlimmer als in der finstersten DDR, ein unberechenbarer Altenpfleger und gebrechliche Bewohner, die nur noch als Schatten ihrer selbst durch das Seniorenheim schleichen. Nach der Sommerpause werden die Zuschauer im österreichischen Tatort „Paradies“ (Sonntag, 31. August, 20.15 Uhr im Ersten und in der ARD-Mediathek) mit dem unbequemen Thema Altersarmut konfrontiert.

 

Die Tatort-Melodie ist kaum verklungen, da streiten Majorin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Oberstleutnant Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) schon wieder herzhaft miteinander – natürlich über die schwarze Zuhälterkarre der Ermittlerin. Ein Anruf unterbricht die Zänkerei der beiden und lässt Fellner verstummen. „Ihr Vater liegt im Sterben“, sagt die Stimme am anderen Ende der Leitung. Trotz des schlechten Verhältnisses zu dem alten Mann fährt die Majorin gemeinsam mit Eisner in das schäbige Altenheim, in dem der greise Sozialhilfeempfänger seine letzten Jahre verlebt hat.

Woher hat der alte Kauz das viele Geld?

Dass ihr Vater trotz bitterer Armut seiner Tochter etwa 30 000 Euro vererben konnte, weckt die Neugier der beiden Ermittler. Woher hat der alte Mann das viele Geld? Um das herauszufinden, schleusen die beiden den ehemaligen Polizei-Kollegen Reinhard Sommer (Branko Samarovski) in das Heim ein. Schnell hat der Under-Cover-Ermittler eine Spur. Sie führt nach Ungarn. Jeden Mittwoch fahren die Rentner über die Grenze – um günstig einzukaufen, geben sie vor. Fellner und Eisner glauben das nicht und ermitteln weiter.

Es ist der zehnte gemeinsame Fall von Fellner und Eisner, aber der erste der in der Steiermark in der Nähe von Graz spielt. Diese Folge – nach dem Drehbuch von Uli Brée und unter der Regie von Harald Sicheritz – nimmt den Zuschauer mit in die Welt alleingelassener Menschen, die verzweifelt und mit allen Mitteln um ein kleines Stück Paradies kämpfen. Wer nach diesem Tatort nicht noch einmal über seine Altersvorsorge nachdenkt, ist vermutlich nach dem Tatort-Jingle eingeschlafen.

Der Tatort „Paradies“ im Kurzcheck

Schönste Krimifloskel: „Irgendwie kommt mir die Sache Spanisch vor“, sagt Oberstleutnant Moritz Eisner über die Vorgänge in einem schäbigen Altenheim mitten in der österreichischen Provinz.

Heimliche Stilikone: Eine altmodische Brille mit herabhängendem Goldkettchen, eine perfekt gebügelte Rüschenbluse und ein strenger Blick aus kleinen Augen: Die Optik der spießigen Leiterin des Seniorenheims erfüllt jedes langweilige Klischee.

Gefühlter Moment, in dem der Fall gelöst ist: Dass in dem Altersitz nicht alles mit rechten Dingen zugeht, wird schnell klar. Was am Ende ans Licht kommt, ist auch nur so halb überraschend.