Geschichte in Geschichten: Im zweiten Teil unserer Vorschau auf die Gerlinger Stadtführungen mit Klaus Herrmann geht es um das Erbe der Vorfahren.

Gerlingen - Bei der Lukaskirche beginnt Klaus Herrmann seine diesjährige Sommerführung durch den Gerlinger Stadtteil Gehenbühl. Dort trifft Alt auf Neu, bilden Kunst und Kultur verschiedener Epochen eine Melange. Jüngster Gegenstand ist der Brunnen mitten auf dem Platz. Er zeigt ein Mädchen und einen großen halbrunden Bogen. Der Bildhauer Karl-Ulrich Nuss aus Weinstadt hat das Werk 1992 geschaffen. Das Mädchen hält einen Regenbogen, der symbolisch Himmel und Erde verbindet und ein Sinnbild sein soll für den Schutz Gottes.

 

Blick ganz weit zurück

Ganz weit zurück in die Vergangenheit führen die Geschichten, in die Herrmann die Erkenntnisse der Archäologie fasst. Denn in Gerlingen ist immer wieder systematisch nach den Zeugnissen der einstigen Bewohner dieser Gegend gesucht worden. Gerlinger gibt es nicht erst, seitdem der Ort im Jahr 797 zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde. Gerlingen wurde wegen der Funde im Boden lange nicht so berühmt wie Hochdorf, wo man 1978 das spektakuläre Grab eines Keltenfürsten der Hallstattzeit entdeckte. Sieben Hügelgräber wurden schon 1929 gedeutet, 1957 hat das Landesdenkmalamt vier davon ausgegraben. Sie stammen aus der Zeit von etwa 750 vor Christus bis in die Jahre 60 bis 90 nach Christus, also in der Römerzeit. Die Grabhügel hatten Durchmesser von 18 bis 30 Meter, sie waren zwischen 30 und 60 Zentimetern hoch.

Im Gerlinger Heimatblatt „Archäologie“ sind die Grabungen und Funde ausführlich beschrieben. So fand man in einem Hügel die Überreste einer Frau und eines Mannes, darunter die Skelette zweier Männer. In einem zweiten Hügel befanden sich die Knochen eines weiteren Paares, in einem dritten Hügelgrab war ein einzelner Mann bestattet, das vierte Hügelgrab war leer. Im Stadtmuseum sind etliche der Grabbeigaben ausgestellt: zum Beispiel eine Kette, Reifen oder Schwerter. Von anderen Fundorten in Gerlingen stammen Teile eines Mammutstoßzahns sowie Scherben und Fragmente von Gefäßen. Vieles lagert in den Beständen des Württembergischen Landesmuseums und des Landesdenkmalamts – oder ist verschollen. „Hochdorf hat den großen Grabhügel, Gerlingen mehrere kleine“, resümiert Klaus Herrmann. Auf dem ältesten Friedhof „wurden vermutlich direkte Vorfahren der Gerlinger bestattet“. Weitere bedeutende Funde wurden 1972 bei einer Grabung am Bergheimer Weg aufgetan. Und 2011 fanden Archäologen auf dem Träubleareal weitere Gräber von Gerlingern aus der Frühzeit.

Erste Ampel an der Feldweiche

Nach dem Rückblick über Jahrtausende geht es weiter auf der Blumenstraße bis zur Feuerbacher Straße – die es erst seit Ende Oktober 1962 gibt. Die erste Ampel in der Stadt stand übrigens an der Kreuzung Feuerbacher- und Blumenstraße. Etwa dort war auch lange die Ausweichstrecke der eingleisigen Straßenbahnlinie; im Volksmund ist heute noch von der „Feldweiche“ die Rede. Von einer während des Krieges betriebenen „Scheinanlage“ wird ebenso die Rede sein wie vom ältesten Haus der Gegend. Tierisch wird es bei der Stadtführung mit Ditzinger Kühen, die hier grasten, mit den Gänsen eines Bruderhauses und den 100 Hasen, die für eine Stromleitung ihr Leben lassen mussten. Warum das so war, was es mit zehn Pfennigen Getränkestreuer auf sich hatte, und warum man vom Gehenbühl zur Waldsiedlung einst per (teurem) Ferngespräch telefonieren musste – all das und noch viel mehr wird Klaus Herrmann in Geschichten zur Geschichte zum Besten geben.

Termin
Die Sommerführungen mit Klaus Herrmann finden am Samstag, 26. August, und am Sonntag, 27. August, jeweils um 14.30 Uhr statt, Treffpunkt ist vor der Lukaskirche. Wiederholungen gibt es am 21. und 22. Oktober.