Edith Sitzmann, Finanzministerin von Baden-Württemberg bemüht sich, Bewegung in den Streit mit Landräten und Bürgermeistern zu bringen – doch die sehen sich nach wie vor übergangen. Deren Wunschzettel ist lang.

Stuttgart - An Geld mangelt es den öffentlichen Kassen nicht, und doch belastet der Streit um die Finanzen schon seit dem Sommer das Verhältnis des Landes zu Gemeinden, Städten und Landkreisen. Diese Woche brachte Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) den Landesetat für die Jahre 2018 und 2019 ins Parlament ein; dies allerdings ohne eine vorhergehende Einigung in der gemeinsamen Finanzkommission mit den Kommunen. Deren Vertreter monieren denn auch: „Kommunale Interessen bleiben im Haushaltsentwurf nahezu unberücksichtigt.“

 

Allerdings lag ihnen zeitgleich bereits ein Lösungsvorschlag der Finanzministerin auf dem Tisch. Der wichtigste Punkt betrifft den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur mittels der Gemeindeverkehrsförderung (LGVFG). Diese soll auch nach der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen fortgeführt werden, und zwar so: Das Land stellt vom Jahr 2020 an weiterhin jährlich 165 Millionen Euro zur Verfügung, wenn die kommunale Seite ihrerseits 80 Millionen Euro vorrangig für den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs dazulegt. Dieser Betrag, so die Finanzministerin, falle den Kommunen als Windfall-Profit der Föderalismusreform zu. Im Verkehrsministerium heißt es zu dem Angebot: „Das ist ein Wort.“

Kein Fortschritt bei der Digitalisierung der Schulen

Auf einem zweiten – von Land und Kommunen heiß umkämpften – Konfliktfeld bleibt Sitzmann jedoch zurückhaltend: die Digitalisierung der Schulgebäude und die Förderung von Multimedia im Unterricht. Sitzmann verweist auf die von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) in Aussicht gestellten fünf Milliarden Euro für die Digitalisierung der Schulen. Geld, von dem die Kommunalverbände zu Recht sagen, kein Mensch wisse derzeit, ob es überhaupt fließe, und wenn doch, ob die vergleichsweise wohlhabenden Kommunen im Südwesten daran teilhätten.

Immerhin trägt Sitzmann den Kommunen „im Vorgriff auf ein Gesamtpaket“ für die nächsten zwei Jahre jeweils zehn Millionen Euro an. Das Ziel: die Anbindung von Schulen an das örtliche Glasfasernetz. Die Kommunen hatten allerdings ambitioniertere Vorstellungen vorgetragen: Sie erklärten sich bereit, 2018 und 2019 für eine leistungsfähige WLAN-Infrastruktur einen Eigenanteil von 100 Millionen Euro beizutragen, wenn das Land 200 Millionen Euro aus eigenen Mitteln aufbringe.

Landkreistag nennt Vorschläge „indiskutabel

Beim dritten Streitthema, der Kindergartenfinanzierung, hält die Finanzministerin sich ganz bedeckt. Die Kommunen verweisen darauf, dass die Förderung für Kinder ab drei Jahren 2013 bei knapp 530 Millionen Euro eingefroren worden sei – in Erwartung, die Kinderzahlen gingen zurück. Das Gegenteil war der Fall. Die Kommunalverbände wollen 100 Millionen Euro zusätzlich aufwenden, wenn das Land aus der eigenen Kasse denselben Betrag bereitstelle. Die Finanzministerin geht in ihrem Vorschlag darauf nicht ein. Stattdessen avisiert sie 31 Stellen in der unteren Umweltverwaltung sowie zehn zusätzliche Amtstierarztstellen. Auch werde das Land vom Jahr 2020 an für das Bundesteilhabegesetz die Konnexität anerkennen.

Ob diese Vorschläge die Harmonie zwischen Land und Kommunen wiederherstellen? Es sieht nicht danach aus. Als „indiskutabel“ wertet sie der Hauptgeschäftsführer des Landkreistags, Alexis von Komorowski. „Wir hatten viel größer gedacht.“ Beim zentralen Vorschlag, der Verkehrsförderung, sehe er das Entgegenkommen nicht. Das Warten auf eine Eventualförderung der Digitalisierung durch den Bund führe zu einem „Attentismus an den Schulen“. Gemeindetagspräsident Roger Kehle nennt die Vorschläge „nicht auskömmlich“. Wichtige Anliegen der Kommunalverbände blieben unberücksichtigt. Zugleich macht er deutlich, dass sich die Kommunen übergangen fühlten: „Wir sind nicht dazu da, mit lächelnden Gesichtern die Dinge immer nur gutzuheißen, die uns vorgelegt werden.“ Auch Gudrun Heute-Bluhm, Vorstandsfrau beim Städtetag, zeigt sich unzufrieden. Es sei gut, dass sich etwas bewege. Doch sei der Vorschlag „weit entfernt von dem, was wir uns vorstellen“.