Ein umstrittenes Geschäftsmodell der Helios Kliniken ist legal. Dennoch ruft es nun die Politik auf den Plan.

Berlin - Am Ende kann Stefan Reker, Kommunikationschef des Verbandes der privaten Krankenversicherung (PKV), doch noch hoffen. Vor Gericht ist die PKV unterlegen, aber die Politik entdeckt nach StZ-Informationen das Thema.

 

Im Bundesrat soll es behandelt werden, und nächste Woche soll im Bundesgesundheitsministerium auf Abteilungsleiterebene über die umstrittenen Abrechnungmodalitäten der Helios Privatkliniken GmbH gesprochen werden, die in den Verdacht der "Abzocke" geraten sind. Das Unternehmen gehört zur Helios-Gruppe. Mit einem pfiffigen Geschäftsmodell hat es seine Produktpalette erweitert:

Es sind 38 Privatkliniken gegründet worden, die dem Patienten "Komfort mit hotelähnlichem Charakter" (Helios) bieten, von denen aber viele an normale Krankenhäuser angedockt sind.

Viel zu hohe Rechnungen an die PKV

Die Preise hier liegen viel höher als die, die ein Privatpatient für den Einzelzimmerzuschlag und die Chefarztbehandlung in einem normalen Helios-Krankenhaus bezahlen müsste. "Man hat die Privatkliniken einfach ausgegründet. Dabei werden für die Behandlung dieselben Ärzte und OP-Säle genutzt", kritisiert Reker.

Die Kosten lägen in den neuen Bettentrakten oft um bis zu 50 Prozent höher als auf der Normalstation. Helios widerspricht und sagt, die Tarife seien im Schnitt 20 Prozent höher. Der Verband der Privatversicherer sieht darin jedenfalls eine fragwürdige Umgehung der Gesetze zur Krankenhausabrechnung.

Mit einem Winkelzug habe es Helios geschafft, von den Patienten "außerhalb des Krankenhausentgeltgesetzes" Geld zu kassieren. Der Hintergrund ist klar: in einer reinen Privatklinik kann ein Betreiber andere Tarife verlangen als in der Privatstation eines normalen Krankenhauses.

Patienten ohne Wissen in Privatklinik verschoben

Mit mehreren Klagen haben die Privatversicherer versucht, gegen die Abrechnung in den Helios-Privatkliniken vorzugehen. Ihr Motiv ist verständlich, denn ihre Versicherten versuchen, die hohen Rechnungen erstattet zu bekommen. Doch dieser Tage scheiterten die Versicherungsunternehmen vor dem Bundesgerichtshof mit ihrem Ansinnen, den Helios-Privatkliniken die Rechtmäßigkeit abzuerkennen.

"Wir freuen uns, dass der BGH unsere Position bekräftigt und für unsere Privatkliniken eine Grundsatzentscheidung getroffen hat", sagte Silvio Rahr, der Geschäftsführer des Unternehmens.

Der Rechtsweg ist damit ausgeschöpft, aber in der Gesundheitsbranche bleibt ein Unbehagen. Weiß ein Patient stets genau, ob er sich im normalen Krankenhaus befindet oder in der teuren Privatklinik nebendran? Die Anwältin Heike Jablonsky aus Celle bezweifelt dies. Sie hat eine Russin vertreten, die sich wegen eines Knieprothesenwechsels in der Helios-Klinik von Überlingen behandeln lassen wollte.

Über eine Vermittlerin wurde der Patientin vom Chefarzt beschieden, dass "wir" sie gerne behandeln würden, ein Angebot werde sie von der Privatklinik erhalten. Damit sei die Patientin quasi vom Normalkrankenhaus in die Privatklinik verschoben worden, interpretiert der PKV diese Vorgehensweise.

Mangelnde Aufklärung bei der Einlieferung

Die Anwältin sagt: "Den meisten Patienten ist gar nicht klar, dass sie in einer outgesourcten Privatklinik liegen werden. Das Problem ist die mangelnde Aufklärung." Im Falle der Russin hatte eine Beschwerde Erfolg. Sie sollte der Privatklinik eine um fast 7.000 Euro höhere Rechnung bezahlen, als für einen Privatpatienten im allgemeinen Helios-Krankenhaus fällig gewesen wäre. Ein Großteil des Geldes erhielt ihre Mandantin inzwischen aber zurück, sagt Jablonsky.

Beim Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU), sind mehrere Beschwerden über Helios eingetroffen. Man prüfe, ob man "gesetzlich nachsteuern" müsse, sagt Zöller. Es dürfe "keine versteckten Kosten geben". Denn gerade, wenn ein Patient eingeliefert werde, liege die Aufmerksamkeit des Patienten nicht auf möglichen Zusatzkosten.

Das Sozialministerium von Baden-Württemberg erwägt, sich einer Bundesratsinitiative Sachsens anzuschließen, die eine Gesetzeslücke schließen könnte. "In vielen Fällen ist das für den Patienten nicht nachvollziehbar: Er wird im normalen Krankenhaus behandelt, soll aber im angedockten Privatbereich deutlich höhere Preise zahlen", sagt Ministeriumssprecher Helmut Zorell.