Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Ein harter Vorwurf. Haben Sie dafür Beweise?
Das Dossier des Verkehrsministeriums, das die Vorgänge bewertet, ist hier erfreulich deutlich. Da heißt es, dass der DB-Vorstand früh Bescheid wusste über die neuerlichen Mehrkosten und eingeräumt hat, für Mehrkosten von mindestens 1,1 Milliarden Euro verantwortlich zu sein. Und es wird klar gesagt, dass der Aufsichtsrat bei früherer Aufklärung hätte prüfen können, ob die Vorstandsverträge verlängert werden. Mögliche Regressansprüche gegen die DB-Spitze werden ausdrücklich und mehrfach angesprochen. Das Ministerium verlangt sogar, dass die Verantwortung konkreter Personen bei der DB durch den Aufsichtsrat geprüft wird.

Wer sollte mögliche Haftungsansprüche geltend machen? Der Aufsichtsrat hat ja bisher alle Entscheidungen zu S 21 abgesegnet und sogar den Vertrag von Bahnchef Grube im Dezember vorzeitig verlängert.
Die Vertragsverlängerung ist ein Skandal für sich und widerspricht jedem Grundsatz korrekter Unternehmensführung. Man kann doch als Aufsichtsrat nicht in der gleichen Sitzung, in der die DB-Spitze eine weitere Kostenexplosion von sagenhaften 2,3 Milliarden Euro, also mehr als 50 Prozent, bei S21 verkündet, den Vertrag des Hauptverantwortlichen Bahnchefs Grube vorzeitig verlängern. Das ist schlichtweg unanständig und rein politisch motiviert.

Sehen Sie auch den Aufsichtsrat in der Haftung?
Diese Vorgänge werde wir auch von Seiten des Deutschen Bundestags sehr genau prüfen. Wir haben den DB-Aufsichtsratschef Utz-Hellmuth Felcht bereits erneut fraktionsübergreifend aufgefordert, sich den Fragen der Abgeordneten im Verkehrsausschuss zu stellen. Unserer ersten Einladung ist Herr Professor Felcht leider nicht gefolgt, was erhebliche Verärgerung quer durch alle Parteien ausgelöst hat. Die Bahn ist zu 100 Prozent ein Bundesunternehmen, operiert mit Milliarden Euro Steuergeld von uns allen und sollte daher den Auskunftsansprüchen des Parlaments nachkommen.

Wie kann man die verfahrene Lage bei S 21 lösen?
Es ist offenkundig, dass es in erster Linie nur noch um politische Fragen geht. Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble wollten das Projekt bisher um jeden Preis durchziehen. Dieser politischen Vorgabe ist Bahnchef Grube gefolgt, deshalb wurden keine besseren Ideen und Planungen zugelassen. Jetzt ist es höchste Zeit, endlich umzudenken. Es geht darum, weiteren Schaden vom größten deutschen Staatskonzern abzuwenden.

Und das heißt?
Die DB und die Bundesregierung müssen endlich ehrlich sagen, wie groß die Probleme bei S 21 wirklich sind. Die Wahrheit ist: Das Projekt ist unberechenbar, verschlingt Milliardenbeträge an Steuergeld und schadet dadurch der Bahn ebenso wie wichtigeren Verkehrsprojekten in ganz Deutschland, für die das Geld fehlt. Bund und Bahn müssten endlich bessere Alternativen zu S 21 zulassen und anpacken. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.