Weil die Vorstandsgehälter langsamer steigern, verringert sich der Abstand zu den Einkommen der Durchschnittsverdiener – allerdings nur sehr langsam.

Frankfurt - Die öffentliche Diskussion über hohe Managergehälter zeigt offenbar Wirkung – auch wenn der Abstand zwischen den Top-Einkommen und den Durchschnittsgehältern der Beschäftigten nach wie vor deutlich bleibt. So sind nach einer Studie der Technischen Universität (TU) München, die seit Jahren die Gehaltsentwicklung untersucht, die Vergütungen der Dax-Vorstände im vergangenen Jahr nur um ein Prozent gestiegen, obwohl die Gewinne der Unternehmen um ein Viertel zugelegt haben. „Die moderate Gehaltsentwicklung der Vorstände hat uns überrascht, weil die operativen Gewinne der Dax-Unternehmen geradezu explodiert sind“, sagte Gunther Friedl vom Lehrstuhl für Controlling der TU München.

 

Der Studienleiter erklärt das Ergebnis mit der Umschichtung der einzelnen Bestandteile der Vergütungen: Die Vorstände bekamen weniger sogenannte variable Barvergütungen zugewiesen, die überwiegend an die Jahresbilanz geknüpft sind (minus acht Prozent). Der Trend zu Vergütungen, die stärker an langfristigem Erfolg geknüpft sind, habe sich auch 2016 fortgesetzt, meinte Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), die die Studie begleitet.

Dax-Vorstände verdienen das 50-Fache ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Die Vorstände der im Deutschen Aktienindex gelisteten Unternehmen verdienten 2016 durchschnittlich 3,376 Millionen Euro, ein Prozent mehr als im Vorjahr. Die Vorstandsvorsitzenden kassierten allerdings mit durchschnittlich 5,5 Millionen Euro deutlich mehr als im Vorjahr (5,1 Millionen Euro). 2015 waren die Vorstandsgehälter leicht gesunken, allerdings hatten auch die Unternehmen weniger Gewinn gemacht. Nach wie vor verdienen die Dax-Vorstände aber das 50-Fache ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auf ganz Deutschland bezogen sind die Bruttolöhne um 2,5 Prozent gewachsen. Dadurch sei die Schere im vergangenen Jahr nicht weiter auseinander gegangen.

„Aufsichtsräte sind inzwischen generell deutlich zurückhaltender, wenn es um die Gestaltung der Bezüge der Vorstände geht“, erläuterte der Münchner Wissenschaftler Friedl. Die Autoren der Studie sprechen sich daher gegen eine Deckelung der Vorstandsgehälter aus. Es gelte für die Unternehmen, „von sich aus Maß und Mitte zu halten“, sagte DSW-Hauptgeschäftsführer Tüngler. Die SPD etwa fordert ein festgeschriebenes Maximalverhältnis zwischen der Vergütung von Vorständen und dem durchschnittlichen Gehalt der Arbeitnehmer. „Wenn es um absolute Größen geht, erkennen wir, dass sich immer stärker zehn Millionen Euro als obere Grenze der Vorstandsvergütung herauskristallisieren“, sagte Tüngler. „Alles darüber führt fast zwangsläufig zu einer öffentlichen Debatte, die die Reputation des Unternehmens und der handelnden Personen gefährden kann, und zugleich die Diskussion in Berlin befeuert, die eine gesetzliche Obergrenze fordert“, so der DSW-Chef.

Die US-Bosse kamen im Schnitt auf eine Jahresvergütung von 17,1 Millionen Euro

Topverdiener unter den Dax-Lenkern war im vergangenen Geschäftsjahr SAP-Chef Bill McDermott mit einer Gesamtvergütung von 13,8 Millionen Euro. Er ist damit nach Ex-VW-Boss Martin Winterkorn und dem früheren Deutsche-Bank-Lenker Josef Ackermann der dritte Spitzenmanager eines Dax-Konzerns, der die Marke von zehn Millionen Euro überschreitet. Auf den Plätzen zwei und drei rangierten die Top-Automanager Matthias Müller von VW (9,6 Millionen Euro) und Dieter Zetsche von Daimler (7,7 Millionen Euro).

Im internationalen Vergleich kassierten die Dax-Bosse der Studie zufolge im Schnitt mehr als ihre französischen Kollegen (4,7 Millionen Euro), aber weniger als Vorstandschef in der Schweiz (6,5 Millionen Euro). Meilenweit entfernt sind sie von den Vergütungen in den USA: Die Bosse der Unternehmen im Dow Jones Industrial Average (DJIA) kamen im Schnitt auf eine – nochmals gestiegene – Jahresvergütung von umgerechnet 17,1 Millionen Euro. Spitzenreiter war Nike-Chef Mark G. Parker mit 43 Millionen Euro.